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Die zweite Haut

Die zweite Haut

Titel: Die zweite Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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nicht.«
    Sie nahm den Kopf von seiner Schulter und sah ihm in die Augen. »Kann ich wirklich damit fertig werden, wenn er hier auftaucht?«
    »Selbstverständlich kannst du das.«
    »Ich bin nur eine Familienberaterin für gestörte Beziehungen zwischen Eltern und Kindern. Ich bin nicht die Heldin eines Abenteuerromans.«
    »Und ich bin nur ein Krimiautor. Aber wir können es schaffen.«
    »Ich habe Angst.«
    »Ich auch.«
    »Aber wenn ich jetzt schon Angst habe, woher soll ich den Mut nehmen, zur Schrotflinte zu greifen und meine Kinder vor etwas … etwas wie ihm zu beschützen?«
    »Stell dir vor, du bist die Heldin eines Abenteuerromans.«
    »Wenn es nur so einfach wäre.«
    »In mancher Hinsicht … ist es das vielleicht«, sagte er. »Du weißt, ich halte nicht viel von freudianischen Erklärungen. Aber ich finde, in den häufigsten Fällen entscheiden wir selbst, was wir sind. Du bist ein lebendes Beispiel dafür, nach allem, was du als Kind durchgemacht hast.«
    Sie machte die Augen zu. »Irgendwie fällt es mir leichter, mich als Familienpsychologin zu sehen statt als Kathleen Turner in Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten .«
    »Als wir uns kennenlernten«, sagte er, »hast du dir auch nicht vorstellen können, daß du einmal Frau und Mutter sein würdest. Für dich war eine Familie nichts weiter als ein Gefängnis, ein Gefängnis und eine Folterkammer. Du wolltest nie wieder zu einer Familie gehören.«
    Sie schlug die Augen auf. »Du hast mir gezeigt, wie.«
    »Ich habe dir gar nichts gezeigt. Ich habe dir nur beige bracht, wie man sich eine gute Familie vorstellt, eine gesunde Familie. Als du imstande warst, dir das vorzustellen, hast du auch lernen können, an die Möglichkeit zu glauben. Von da an warst du dein eigener Lehrer.«
    Sie sagte: »Also ist das Leben eine Art Roman, hm?«
    »Jedes Leben ist eine Geschichte. Wir erfinden jeden Tag etwas Neues dazu.«
    »Okay. Ich versuche, Kathleen Turner zu sein.«
    »Noch besser.«
    »Wer?«
    »Sigourney Weaver.«
    Sie lächelte. »Ich wünschte, ich hätte eine dieser riesigen futuristischen Waffen wie sie, als sie Ripley gespielt hat.«
    »Komm, sehen wir lieber nach, ob unsere Wachen noch auf Posten sind.«
    Im Wohnzimmer entband er die Mädchen von ihrem Dienst am einzigen nicht zugezogenen Fenster und schlug vor, sie sollten Wasser heiß machen, damit sie eine Tasse Schokolade trinken könnten. Die Blockhütte war immer mit Grundnahrungsmitteln in Dosen bestückt, einschließlich einer Schachtel Milchpulver mit Schokogeschmack. Die elektrischen Heizlüfter hatten immer noch nicht nennenswert aufgeheizt, daher konnten sie alle ein wenig Wärme von innen vertragen. Außerdem war die Zubereitung von heißer Schokolade so eine normale Tätigkeit, daß sie vielleicht die Nervosität ein wenig vertrieb und sie beruhigte.
    Er sah zum Fenster hinaus über die Veranda am Heck des BMW vorbei. So viele Bäume standen zwischen der Blockhütte und der Landstraße, daß die hundert Meter lange Zufahrt weit gehend im Schatten lag, aber er konnte trotzdem sehen, daß niemand mit dem Auto oder zu Fuß näher kam.
    Marty vertraute darauf, daß der Andere sich frontal nähern würde und nicht von der Rückseite der Blockhütte. Zum einen grenzte ihr Grundstück an die hundert Morgen Land der Kirche weiter unten an und bergauf an eine noch größere Parzelle, was eine indirekte Annäherung vergleichsweise anstrengend und zeitraubend gemacht hätte.
    Seinem früheren Verhalten nach zu urteilen, machte der Andere stets direkte Vorstöße. Ihm schienen das Geschick oder die Geduld für ein strategisches Vorgehen zu fehlen. Er war mehr ein Mann der Tat als ein Denker, was mit ziemlicher Sicherheit eher für eine blindwütige Attacke als eine verstohlene Annäherung sprach.
    Das konnte sich als fatale Schwäche des Gegners erweisen. Auf jeden Fall bot es Anlaß zur Hoffnung.
    Schnee fiel. Die Schatten wurden tiefer.

53
    Im Motelzimmer versuchte Spicer, den Überwachungswagen anzurufen, um sich auf den neuesten Stand bringen zu lassen. Er ließ das Telefon ein dutzendmal läuten, legte auf und versuchte es noch einmal, aber immer noch blieb der Anruf unbeantwortet.
    »Da ist was passiert«, sagte er. »Sie hätten den Bus nicht verlassen.«
    »Vielleicht ist etwas mit ihrem Telefon nicht in Ordnung«, entgegnete Oslett.
    »Es läutet.«
    »Vielleicht nicht an ihrem Ende.«
    Spicer versuchte es noch einmal, mit demselben Ergebnis.
    »Kommen Sie«, sagte er, nahm seine

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