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Die zweite Haut

Die zweite Haut

Titel: Die zweite Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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einfangen können.«
    Es gefiel Oslett nicht, so viele unbeantwortete Fragen zu haben. Das gab ihm das Gefühl, als wäre er nicht Herr der Lage.
    Er sah aus dem Fenster auf das Haus und die Reifenspuren in der verschneiten Einfahrt. »Wahrscheinlich ist Alfie nicht mehr da drüben.«
    »Ist Stillwater gefolgt«, stimmte Spicer zu.
    »Von wo kam dieser Anruf?«
    »Funktelefon.«
    Oslett sagte: »Können wir auch zurückverfolgen, oder?«
    Spicer deutete auf drei Zahlenreihen eines Monitors und sagte: »Wir haben eine Dreieckspeilung über Satellit.«
    »Sagt mir nichts, nur Zahlen.«
    »Dieser Computer kann den Standort auf der Karte anzeigen. Bis auf dreißig Meter von dem ursprünglichen Signal entfernt.«
    »Wie lange dauert das?«
    »Höchstens fünf Minuten«, sagte Spicer.
    »Gut. Bleiben Sie dran. Wir sehen uns im Haus um.«
    Oslett stieg dicht gefolgt von Clocker aus dem roten Kleinbus aus.
    Als sie über die verschneite Straße gingen, war es Oslett vollkommen gleichgültig, ob sich ein Dutzend neugierige Nachbarn an den Fenstern drängten. Die Situation war ohnehin schon publik geworden und nicht mehr zu retten. Er, Clocker und Spicer würden in nicht einmal zehn Minuten mit ihren Toten verschwinden, und dann konnte niemand mehr beweisen, daß sie überhaupt dagewesen waren.
    Sie betraten die Veranda der Stillwaters. Oslett läutete. Niemand machte auf. Er läutete noch einmal und versuchte sein Glück an der Tür, die unverschlossen war. Von der anderen Straßenseite würde es aussehen, als hätten Jim oder Alice Stillwater geöffnet und sie hereingebeten.
    In der Diele machte Clocker die Tür hinter ihnen zu und zog den Colt .357 Magnum aus dem Schulterhalfter. Sie blieben ein paar Sekunden stehen und lauschten in das stille Haus.
    »Sei friedlich, Alfie«, sagte Oslett, obwohl er bezweifelte, daß sich ihr böser Junge noch in der Nähe aufhielt. Als die rituelle Antwort auf diesen Befehl ausblieb, wiederholte er die drei Worte lauter als zuvor.
    Immer noch Stille.
    Vorsichtig gingen sie weiter durch das Haus – und fanden das tote Paar im ersten Zimmer, das sie überprüften. Stillwaters Eltern. Beide hatten eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Schriftsteller – und selbstverständlich mit Alfie.
    Bei der hastigen Durchsuchung des Hauses, wobei sie den Befehl vor jeder neuen Tür wiederholten, fanden sie nur noch in der Küche etwas Interessantes. In der kleinen Kammer roch es nach Benzin. Was Alfie im Schilde führte, bestätigten die Stoffetzen, der Trichter und der halbleere Waschmittelkarton, die auf der Arbeitsplatte neben dem Waschbecken verstreut lagen.
    »Dieses Mal geht er kein Risiko ein«, sagte er. »Er ist hinter Stillwater her, als ob er einen Krieg führt.«
    Sie mußten den Jungen aufhalten – und zwar schnell. Wenn er die Familie Stillwater oder auch nur den Schriftsteller selbst tötete, wäre es unmöglich, das Mord/Selbstmord-Szenario vorzutäuschen, mit dem sich so viele lose Enden problemlos verknüpfen ließen. Und je nachdem, was für ein wahnsinniges Feuerspektakel er vorhatte, würde er möglicherweise soviel Aufmerksamkeit auf sich lenken, daß es unmöglich sein würde, seine Existenz geheimzuhalten und ihn wieder von der Bildfläche verschwinden zu lassen.
    »Verdammt«, sagte Oslett und schüttelte den Kopf.
    »Psychopathische Klone«, sagte Clocker fast so, als wollte er nervtötend sein, »machen nichts als Ärger.«

54
    Paige, die heiße Schokolade trank, übernahm die nächste Wache am Fenster.
    Marty saß im Schneidersitz bei Charlotte und Emily auf dem Wohnzimmerboden und spielte Karten mit einem Blatt, das sie aus einer Spielesammlung hatten. Es war die ruhigste Partie »Go Fish«, die Paige je miterlebt hatte, da sie ohne Bemerkungen oder Unstimmigkeiten ablief. Ihre Gesichter waren grimmig, als würden sie gar nicht »Go Fish« spielen, sondern ein Tarotblatt vor sich haben, das nichts als schlechte Zukunftsaussichten für sie bereithielt.
    Während Paige in den verschneiten Tag hinaussah, wurde ihr plötzlich klar, daß sie und Marty nicht in der Blockhütte warten sollten. Sie wandte sich vom Fenster ab und sagte: »Wir machen einen Fehler.«
    »Was für einen?« fragte er und sah von den Karten auf.
    »Ich gehe raus.«
    »Wozu?«
    »Diese Felsformation da drüben, unter den Bäumen, auf halbem Weg zur Landstraße. Ich könnte mich dorthin legen und die Einfahrt immer noch sehen.«
    Marty legte die Spielkarten weg. »Was für einen Sinn sollte das

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