Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zweite Haut

Die zweite Haut

Titel: Die zweite Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
Knien anwinkeln zu können.
    »Gebrochen«, wiederholte er.
    Bei dem Wort und der Art, wie es ausgesprochen wurde, mußte Marty an einen Spielzeugsoldaten denken, verbogene Federn, kaputte Zahnräder.
    Marty stützte sich mit einer Hand an der Wand ab und stand auf.
    »Wirst du mich töten?« fragte der Andere.
    Die Vorstellung, einem verletzten und hilflosen Mann eine Kugel in den Kopf zu jagen, war über die Maßen abstoßend, aber Marty war versucht, die Tat zu begehen und sich hinterher um die psychischen und rechtlichen Folgen zu kümmern. Neugier ebensosehr wie moralische Bedenken hielten ihn davon ab.
    »Dich töten? Mit Vergnügen.« Seine Stimme klang heiser, was zweifellos einen oder zwei Tage so bleiben würde, bis er sich von dem Würgen erholt hatte. »Wer, zum Teufel, bist du?« Jedes krächzende Wort erinnerte ihn daran, wie glücklich er sich schätzen konnte, daß er überlebt hatte und diese Frage stellen konnte.
    Das leise Rumpeln ertönte wieder, dasselbe Geräusch, das er gehört hatte, als er auf die Pistole zugekrochen war. Dieses Mal konnte er es identifizieren: nicht die Zuckungen und trommelnden Absätze eines sterbenden Mannes, sondern schlicht und einfach die Vibration des automatischen Garagentors, das beim ersten Mal hochgezogen worden war und jetzt wieder herunterkam.
    Stimmen ertönten in der Küche, als Paige und die Mädchen das Haus durch die Garage betraten.
    Marty, der sich mit jedem Augenblick weniger wackelig auf den Beinen fühlte und wieder zu Atem gekommen war, eilte durch das Wohnzimmer und zum Eßzimmer, da er die Kinder aufhalten wollte, bevor sie sehen konnten, was sich hier abgespielt hatte. Sie würden auch so schon lange Zeit Schwierigkeiten haben, sich in ihrem eigenen Heim wieder wohl zu fühlen, wenn sie erfuhren, daß ein Einbrecher hereingekommen war und versucht hatte, ihren Vater zu töten. Aber das Trauma würde schlimmer werden, wenn sie die Zerstörungen und den blutüberströmten Mann zu sehen bekamen, der gelähmt auf dem Dielenboden lag. Zog man weiterhin die makabre Tatsache in Betracht, daß der Eindringling auch noch das exakte Spiegelbild ihres Vaters war, würden sie wahrscheinlich in diesem Haus nie mehr gut schlafen.
    Als Marty vom Eßzimmer in die Küche platzte und die Schwingtür hinter sich vor- und zurückschlagen ließ, drehte sich Paige überrascht von der Garderobe um, wo sie den Regenmantel aufhängte. Die Mädchen, die noch gelbe Gummijacken und Vinylmützen trugen, grinsten und neigten erwartungsvoll die Köpfe und schienen zu glauben, das stürmische Auftreten ihres Vaters wäre der Auftakt zu einem Scherz oder einer von Daddys albernen Stegreifdarbietungen.
    »Bring sie hier weg«, krächzte er Paige zu und versuchte, ruhig zu klingen, wurde aber von seiner heiseren Stimme und der allzu deutlichen Nervosität verraten.
    »Was ist denn mit dir passiert?«
    »Jetzt«, beharrte er, »sofort, bring sie über die Straße zu Vic und Kathy.«
    Die Mädchen sahen die Waffe in seiner Hand. Das Grinsen verschwand, ihre Augen wurden groß.
    Paige sagte: »Du blutest. Was …«
    »Nicht ich«, unterbrach er sie und merkte erst jetzt, daß er sein ganzes Hemd mit dem Blut des Anderen besudelt hatte, als er auf ihn gefallen war. »Mir geht es gut.«
    »Was ist passiert?« wollte Paige wissen.
    Als er die Tür zur Garage aufriß, sagte er: »Wir hatten etwas hier.« Sein Hals schmerzte beim Sprechen, und doch plapperte er ununterbrochen in seinem verzweifelten Bemühen, sie wohlbehalten aus dem Haus zu bekommen, aber wahrscheinlich zum ersten Mal zusammenhanglos in seinem von Worten bestimmten Leben. »Ein Problem, etwas, Herrgott, du weißt schon, wie so was eben manchmal passiert, Ärger …«
    »Marty …«
    »Geht rüber zu den Delorios, alle.« Er trat über die Schwelle in die dunkle Garage, drückte auf den Knopf der Automatik, und das große Tor rumpelte in die Höhe. Er sah Paige in die Augen. »Bei den Delorios sind sie in Sicherheit.«
    Paige machte sich gar nicht erst die Mühe, den Mantel wieder von der Garderobe zu nehmen; sie schob die Mädchen an ihm vorbei in die Garage, der aufgehenden Tür entgegen.
    »Ruf die Polizei an«, rief er ihr nach und zuckte angesichts der Schmerzen zusammen, die ihm der Ruf bereitete.
    Sie drehte sich mit gramzerfurchtem Gesicht zu ihm um.
    Er sagte: »Mir geht es gut, aber wir haben einen Einbrecher hier. Schlimm angeschossen.«
    »Komm mit uns«, flehte sie.
    »Kann nicht. Ruf die Polizei.«
    »Marty

Weitere Kostenlose Bücher