Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zweite Kreuzigung

Die zweite Kreuzigung

Titel: Die zweite Kreuzigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Zvolen-Linie der glorreichen Esterházys eingeheiratet hatten, der reichsten Familie des Landes, dem
non plus ultra
des österreichischen Hochadels, dem Inbegriff von Vornehmheit, Witz und Eleganz, die die größten Reichtümer angehäuft und die prächtigsten Paläste im Lande errichtet hatte. Der junge Egon wuchs in einer Atmosphäre von mehr Schein als Sein auf, wozu gehörte, dass er als häufiger Besucher auf Burg Bernstein, dem großartigen, aber bereits etwas heruntergekommenen Schloss am anderen Ende des Dorfes anzutreffen war. Teile davon stammten aus dem 9. Jahrhundert,aber inzwischen hatte man es zu einem Hotel umfunktioniert. Berühmt wurde es in Egons Jugendzeit dadurch, dass der umstrittene Wüstenforscher László Almásy dort geboren und aufgewachsen war. Ethan fiel ein, dass Almásy als Vorbild für die Figur des Englischen Patienten in dem berühmten gleichnamigen Film diente.
    Vater Aehrenthal hatte bei seinem Sohn das Interesse an den Barockpalästen des Habsburger Reiches geweckt, was Egon auf die Idee brachte, als Antiquitätenhändler Karriere machen zu wollen. Irgendwann hatte er sich von den vergoldeten Rokoko-Figuren des europäischen Barocks auf jüdische und römische Schätze aus dem Nahen Osten verlegt. Ethan notierte sich die Frage, was bei dem jungen Mann wohl zu diesem Sinneswandel geführt haben mochte.
    Egon eröffnete in der David Street von Jerusalem ein Büro, reiste viel in den arabischen Staaten umher, kam aber auch regelmäßig nach Österreich zurück. Seine frühen Reisen waren nicht gut dokumentiert, aber nach kurzer Zeit auf dem neuen Tätigkeitsfeld war Aehrenthal, damals noch keine dreißig Jahre alt, bereits in dunkle Geschäfte verwickelt. Vielleicht hatte er ja auch von Anfang an darauf hingearbeitet. Für die illegale Ausfuhr von Münzen aus der Zeit des Bar-Kochva-Aufstandes 1 kam er für drei Monate in ein israelisches Gefängnis. Ein Jahr später ermittelte die Abteilung für Diebstahlbekämpfung der israelischen Antikenbehörde gegen ihn wegen des Verkaufs von Gegenständen, die aus Gräbern im Bergland von Judäa entwendet worden waren.
    Da er in Israel unter Beobachtung stand, reiste er durch die ganze Levante bis nach Anatolien, von dort nachÄgypten und Libyen, wo er über ein Jahr verbrachte. Als im türkischen Antakya, dem antiken Antiochia, ein Fälscherring ausgehoben wurde, saß er dort sechs Monate im Gefängnis, wonach man ihn an Österreich auslieferte.
    So trieb er es mehrere Jahre, reiste von einem Ort zum anderen, verdiente Geld und verlor es wieder, fand und verkaufte echte Altertümer, beteiligte sich aber auch an Schmuggel und Fälschungsaktionen.
    Ethan notierte alle Daten und Orte, um dahinter ein Muster zu erkennen, einen Hinweis, wohin Aehrenthal sich diesmal zurückgezogen haben könnte. Hatte er Sarah bereits außer Landes gebracht? Das war schwierig, so viel wusste er, aber nicht unmöglich, vor allem, wenn man Erfahrung im Schmuggeln besaß.
    Am Ende des Dossiers stieß Ethan auf einen Eintrag, den er nicht sofort verstand: RE. Nach kurzer Recherche fand er heraus, dass dies die Abkürzung für das deutsche Wort
Rechtsextremismus
war. Dies bedeutete, dass Aehrenthal zumindest mit einer deutschen oder österreichischen politischen Gruppierung dieser Richtung Kontakt gehabt hatte oder noch in Verbindung stand. Als er den entsprechenden Link anklickte, erschien auf seinem Monitor jedoch der Hinweis:
Zugang verwehrt
.

ELFTES KAPITEL
»Ein frevler, böser Mensch wird verjagt und gestürzt werden.«
    (Psalm 140, 12)
     
    Athan wusste nun, wen er zu jagen hatte, aber noch nicht, wo. Bei seinen internationalen Verbindungen konnte Aehrenthal fast überall sein. Vielleicht war Sarah bereits tot, abgeworfen an einem Straßenrand nach einem Verhör, das nicht die Informationen gebracht hatte, die der Österreicher verlangte. Oder sie war immer noch bei ihm, wurde geschlagen, vergewaltigt und für bessere Tage aufgehoben. War es möglich, dass sie wusste, was Aehrenthal aus ihr herausholen wollte? Immerhin war sie Expertin. Vielleicht konnte sie ihm helfen, die Echtheit der Gegenstände festzustellen. Das musste es sein – eine Art Echtheitsgutachten, so dass er sie auf dem Schwarzmarkt gewinnbringend verkaufen konnte. Mit Sarahs Unterschrift auf einem Papier konnte er sicher höher gehen und geeignete Abnehmer im British Museum oder in Jerusalem ausfindig machen. Für die richtigen Leute konnten diese Objekte Millionen wert sein. Wenn er genug

Weitere Kostenlose Bücher