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Die zweite Kreuzigung

Die zweite Kreuzigung

Titel: Die zweite Kreuzigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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dort frische Asche, und als er mit dem Feuerhaken ein wenig darin schürte, glomm sie für einen Moment wieder auf.
    Ilona prüfte den Schreibtisch. Da standen und lagen die üblichen Gerätschaften – ein Becher mit Stiften, gläserne Briefbeschwerer, ein Löschblatt, dazu ein paar gestickte Seidenschuhe aus Persien oder Indien, vielleicht eine alte Trophäe aus der Zeit, da Transsilvanien zum Osmanischen Reich gehört hatte. Als sie das Licht auf die andere Seite des Tisches fallen ließ, zischte sie Ethan zu, er möge sich das anschauen.
    Sie wies auf mehrere Fotos in silbernen Rahmen.
    Das waren keine Familienbilder. Eins zeigte einen hochgewachsenen Mann, der neben Adolf Hitler saß. Auf einemanderen Bild waren derselbe Mann und eine Frau zu beiden Seiten von Heinrich Himmler aufgebaut. Dann sah man dieselben Personen zusammen mit anderen abgebildet, in denen Ethan weitere hohe Vertreter des Dritten Reiches vermutete. Ein Foto zeigte einen Mann in Fez und weißem Gewand im Gespräch mit Hitler.
    Als sie den Strahl ihrer Lampen über die Wände gleiten ließen, traten weitere Aufnahmen von Personen und Orten hervor – zwei Schlösser, von denen Ethan eines als Burg Almásy im österreichischen Burgenland erkannte, mehrere Kirchen und Aufnahmen von einem Ort, der wie eine Oase in einer Wüste, vielleicht der Sahara, wirkte.
    »Die Sahara …«, flüsterte er.
    »Vielleicht von einer Urlaubsreise?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Mein Großvater«, sagte er weniger zu Ilona als zu sich selbst. »Wir sind auf der richtigen Spur«, sagte er und hob die Stimme. »Wir sind am richtigen Ort.«

SECHZEHNTES KAPITEL
Draculas Braut
    Der Gang war so lang, dass ihre Lampen sein Ende nicht erleuchten konnten. Durch die Bilder, die sie in dem ersten Raum entdeckt hatten, aufmerksam geworden, achteten Ethan und Ilona nun mehr auf die Wände. Hier oben hingen keine Porträts. Stattdessen gab es in schwarzen und vergoldeten Rahmen Darstellungen zu verschiedenen Themen. Ein Gemälde zeigte eine Taube, von deren Körper und Flügeln goldene Strahlen ausgingen wie vom Heiligen Geist auf einem Kirchenbild. Auf einem anderen war ein Kelch zu sehen, aus dem Flügel wuchsen und ein Kreuz aufragte, wo eigentlich der Kopf des Vogels hätte sein müssen. Darüber flatterte eine zweite Taube auf. Ein schwerer schwarzer Rahmen umgab das Bild einer Sphinx unter einem fünfzackigen Stern, das wie ein Stich aus dem 18. Jahrhundert wirkte. Daneben hing eine gerahmte Fahne, etwa 70 mal 30 Zentimeter groß, die ein rotes Hakenkreuz auf gelbem Grund trug, das von vier roten Lilien umgeben war. Darunter von Hand die Inschrift »Burg Werfenstein, 1907. Liebenfels«. Eindeutig dominierten religiöse und okkulte Themen.
    Sie öffneten Tür auf Tür, die allesamt in dunkle, kalte Räume führten. Sie konnten nicht jeden einzelnen untersuchen. Die Zeit lief ihnen davon. Es würde nicht mehr lange dauern, bis jemand sie bemerkte und nachschauen kam, was hier vorging.
    Im siebenten Zimmer stießen sie auf eine völlig andere Szene. Auf einem Tisch beim Fenster brannte eine Petroleumlampe. Hinter dem Kamingitter glomm ein schwachesFeuer, das der kalten Luft ein wenig Wärme gab. Der Raum war völlig leer bis auf ein niedriges Rollbett. Unter einer Decke lag zusammengekauert eine Frau.
    Ethan brauchte einige Zeit, bis er sie erkannte. Kurzgeschnittenes schwarzes Haar stand wirr nach allen Seiten, grüne Augen blickten erschrocken auf, die Wangen waren fahl mit einem grünlichem Schimmer. Sie starrte ihn an, bewegte sich von ihm fort, war offenbar zu Tode erschrocken und erkannte ihn nicht.
    »Sarah«, sagte er, so sanft er konnte, um sie nicht noch mehr zu ängstigen. »Ich bin’s, Ethan. Ich bin gekommen, um dich hier herauszuholen.«
    Der Schrecken schwand nicht völlig aus ihrem Blick, aber sie starrte ihn nur noch an, als lägen Welten und Jahre zwischen ihnen, nicht die kurze Zeit, die vergangen war, seit man sie entführt und von England nach Rumänien gebracht hatte.
    Er wandte sich Ilona zu.
    »Nehmen Sie bitte Jacke und Schal ab und öffnen Sie Ihr Haar. Sie muss erkennen, dass Sie eine Frau sind, die ihr nichts Böses will.«
    Ilona tat, wie ihr geheißen. Langsam, mit einem Lächeln ging sie auf Sarah zu und sprach sie mit leiser Stimme an. Einmal glaubte sie, Sarah würde gleich aufschreien. Sie lächelte weiter und streckte die Arme nach ihr aus.
    »Ich tue Ihnen nichts«, sagte sie.
    Als Ilona vor ihr stand und eine Hand hob, um sie an der

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