Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)
Gesichtsausdruck durch die Straßen, deren Ränder mit Kisten und Auslagen gesäumt waren. Alles gab es hier, Bekanntes und Unbekanntes, und ein jeder schrie sich die Seele aus dem Leib, um lauter zu sein als ein anderer Händler. Junge Frauen, verschleiert, sodass nur die Augen sichtbar waren, flanierten die Straßen entlang, oft begleitet von zwei bis drei Männern, die hemmungslos ihre Knüppel einsetzten, um den Frauen Raum zu verschaffen. An jedem Platz, der nicht anderweitig besetzt war, stand ein Bettler, bat im Namen der Götter um Gaben, zeigte furchtbare, schwärende Wunden und Verstümmelungen und hielt mit zittriger Hand eine hölzerne Schale empor, die stets nur ein einziges Kupferstück enthielt.
Über unseren Köpfen spannte sich ein Gewirr aus Seilen, an denen Kleider, Wäsche, Bettlaken, oft auch Töpfe oder Kisten hingen, manche so schwer, dass es aussah, als würden sie im nächsten Moment auf uns herabstürzen.
Über allem lag die warme Luft Bessareins, hier in den Straßen stand sie und brütete die Hitze aus, an die ich mich immer erinnern werde, wenn ich an die goldene Stadt denke. Fliegen, ein Heer, nein, Legionen von Fliegen, tanzten in der Luft, krabbelten in den offenen Mündern der Bettler herum, saßen in Schwärmen auf dem Honigbrot oder den gezuckerten Früchten.
Zwischen halb zerfallenen Häusern, wohl so alt wie die Stadt selbst, überraschte immer wieder ein neues Bauwerk das Auge des Betrachters. Mal stand dort ein Springbrunnen im Schatten von Palmen, an dem die Wasserträger ihre Amphoren befüllten, mal lud ein Garten dazu ein, sich die Fülle der fremdartigen Blumen anzusehen, oder machten die hohen Mauern eines Palastes mit ihren glasierten Steinen neugierig darauf, was sich wohl hinter ihnen verbarg.
Sklaven eilten umher, manche nackt und traurig anzusehen, andere fast schon reich gekleidet und stolz einherschreitend, alle erkennbar an einem kupfernen Band um den Hals. Am überraschendsten für mich war, dass es hier Menschen gab, deren Haut schwarz war, dunkler noch als die von Zokora, wenn auch nicht so glänzend. In den meisten Fällen trugen diese dunklen Menschen Kupferringe um den Hals, aber ich sah auch einige, die reich gekleidet waren und den Kopf hoch erhoben trugen.
Laut, bunt, schreiend und erdrückend, das war Gasalabad, die goldene Stadt Bessareins.
Wir folgten dieser breiten Straße bis zum nächsten Tor in einer hohen Mauer. Dort verbeugte sich Armin tief, ausnahmsweise ohne einen Ton zu sagen. Er zeigte der Wache dort etwas – es sah aus wie ein kleiner Stein –, dann wurden uns die Türen zur inneren Stadt geöffnet, dem Ort, an dem die Reichen und Mächtigen wohnten.
Wir betraten eine andere Welt, in der die Straßen eher noch breiter waren, aber leerer, es gab keinen Verfall, aber dafür reich geschmückte Häuser und Zierbrunnen, immer wieder Palmen und Parkanlagen. Hier gingen die jungen Frauen in kostbaren Gewändern über die Straßen, ohne dass sie von knüppelschwingenden Männern verteidigt werden mussten, verharrten reiche Bürger oder Adlige in Muße an einem Dattelstand oder rauchten vor einer Bäckerei oder einem Teehaus ihre Pfeife.
Das Haus, zu dem uns Armin führte, glich einer Festung, doch waren die Mauern mit glasierten Kacheln verziert, davon viele golden. Das große Tor wurde von Wachen in farbenprächtigen Gewändern geschützt, es bestand aus Bronze und zeigte als Relief eine schöne Frau, die verträumt lächelnd Blumen pflückte.
Als wir in den Hof einritten, eilten fünf braungebrannte Kinder in weißen Hosen heran, für jedes Pferd eines. Zwei junge Mädchen brachten eine Leiter für Helis, und ein junger Mann von ausgesuchter Schönheit, im hochgeschlossenen Gewand eines Schreibers, begrüßte uns mit einer tiefen Verbeugung. Im Eingang befand sich ein Wasserbecken mit parfümiertem Wasser, junge Frauen lösten dort unsere Schuhe und wuschen uns die Füße. Danach ging es weiter über einen Boden, der mit Mosaiken belegt war, in eine große Halle, durch deren große offene Dachfenster goldenes Licht fiel und den Statuen aus kostbarem Gestein schmeichelte. Überall gab es kleinere und größere Springbrunnen, deren Wasser die Luft auf angenehme Art kühlte.
Ich achtete darauf, nicht auf meinen Burnus zu treten, während ich mich sprachlos umsah. Ich kam mir vor wie ein Schweinehirte, der zum ersten Mal ein Haus mit Dach betrat.
Ein grauhaariger Mann in einem reichen Gewand empfing uns in diesem offenen Raum und
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