Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)
langem habe ich keine solche Seele mehr gegessen, es war so langweilig, immer nur die kleinen Geister, aber Ihr … Ihr seht köstlich aus. Sozusagen zum Anbeißen.«
Er hob seine riesigen Hände und legte sie mir auf die Schläfen. Ich spürte den Druck, als ich seine Magie erkannte, die sich wie glühende Dolche in meinen Schädel brannte. Ich wollte schreien, weglaufen, wegsehen, irgendetwas tun, kämpfen … irgendetwas … aber ich war gelähmt, ich konnte kaum denken! Es schien, als ob eine gewaltige Faust meinen Geist gefangen hielt und langsam zerdrückte.
Er lächelte, und sein Kopf kam mir immer näher, seine Augen bannten mich, und seine Lippen spitzten sich zu einem ungeheuerlichen Kuss. Gern hätte ich die Augen geschlossen, um diesen letzten Anblick nicht ertragen zu müssen.
»Ich werde Euch langsam kosten, wie einen guten Wein, ein ganz besonderer Jahrgang seid Ihr. Und niemand wird uns stören …«
Phhft!
Orduns Augen weiteten sich. Ich sah einen kleinen Pfeil in seinem Hals stecken, genau im Winkel zwischen Kiefer und Ohr.
»Wie kann man nur so selbstverliebt reden!«, sagte Armin mit Verachtung in der Stimme. »Da wird einem ja übel.«
Ich konnte mich immer noch nicht bewegen, und Orduns Augen hielten mich weiter gefangen. Sie waren auf mich konzentriert, und zu meinem Entsetzen bewegten sich seine Lippen millimeterweise näher an die meinen heran.
»Ich dachte mir, ich stelle ihn aus, wie Ihr es mit Fahrd getan habt.« Armin schlenderte näher, in mein Sichtfeld hinein. Er hielt Zokoras Blasrohr in der Hand. Ich hatte es auf die Theke gelegt, als ich den Raum betrat, aber es war leer gewesen.
»Aber der Pfeil aus Fahrds Nacken ist ja schon einmal benutzt, vielleicht wirkt das Gift ja nicht mehr so gut. Vor allem bei der Menge an Muskeln und Fett.«
Armin trat an mich heran und zog an meinem Arm. Mit einem leisen Schaben glitt Seelenreißer aus seiner Scheide. Orduns Augen zogen sich zusammen, er schielte an seinen Wangen vorbei nach unten.
»Es sei sehr schwer, Nekromanten zu töten, hörte ich. Es heißt, sie können das Leben opfern, das sie anderen stahlen. Es gibt nur wenige sichere Methoden. Verbrennen ist eine. Oder aber ein Bannschwert. Die Legenden sagen, dass ein Bannschwert zielsicher genau eine Seele trifft, denn sie wurden dafür geschmiedet, Nekromanten und anderes Gezücht zu besiegen.«
Er hob meine Hand und führte Seelenreißer an das fette Handgelenk des Riesen vor mir. Eine kleine Bewegung, und Blut sprudelte auf die Klinge, lief an ihr entlang und verschwand in dem gierigen Stahl.
»Ich bin nur ein armseliger kleiner Gaukler, aber mein Leben lang habe ich auf den Märkten die Geschichten gehört. Ich will sehen, ob sie stimmen.«
Vor meinen Augen sah ich plötzlich, wie Orduns Gesicht einen anderen Ausdruck annahm, sich zu einem anderen Antlitz formte und mit einem Lächeln entschwand, dann erschien ein nächstes und wieder ein anderes. Immer schneller wechselten die Gesichter, ein Kaleidoskop von Antlitzen, ein jedes schien mich anzulächeln, bis eines übrig blieb mit Entsetzen in den Augen: das von Ordun selbst.
»Beachtlich«, sagte Armin. »Das waren mindestens drei Dutzend. Wie alt er wohl ist?«
Noch immer hielt mich Ordun mit seinen Pranken, aber plötzlich entstanden in seinem fetten, runden Gesicht Falten, leichte zuerst, dann immer tiefere, bis sie zu groben Furchen wurden und die Haut die Beschaffenheit von Leder annahm. Bis vor kurzem hatte ich in einen polierten Spiegel schauen und dort auch Alter in meinem Gesicht erkennen können, aber nicht ein solches. Seine Lippen und Wangen senkten sich ab, der Mund öffnete sich und gab den Blick auf gelbe Zähne und schrumpfendes Zahnfleisch frei, Zähne fielen heraus und klackerten wie Würfel auf dem Boden, ein Augenlid sackte haltlos nach unten, und ein milchiges Auge verrutschte in der Höhle. Ich merkte, wie sein Bann nachließ, und sprang zurück, riss Seelenreißer von seinem Arm weg; um nichts in der Welt wollte ich, dass meine Klinge ihn zu sich nahm.
Zu meiner Überraschung fuhr Seelenreißer in seine Scheide und war zufrieden.
Immer noch stand der Riese vor uns, sein Gesicht zeigte Jahrhunderte des Alters, noch immer fiel er nicht, noch immer gab es Leben in ihm. Seine Augen konnten nichts mehr sehen, aber dennoch schienen sie mich zu fixieren. Er röchelte etwas.
»Was hat er gesagt?«, fragte Armin neugierig. Dann fiel Ordun zu Boden. Ich hörte ein Knirschen, als sein Körper auf den
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