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Die zweite Nacht

Die zweite Nacht

Titel: Die zweite Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Rabengut
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uns wieder aus ihren Klauen entlassen würde.
    In Rekordgeschwindigkeit zog ich mich an und verpasste mir alibihalber eine Schicht Mascara. Mein einziger Trost war, dass Mo genauso geschafft aussah wie ich. Bevor wir das Spa verließen, warf sie einen letzten sehnsüchtigen Blick auf die Bank im Eingangsbereich und seufzte schwer.  
    Ob Elena das entging oder sie es ignorierte, wusste ich nicht. Meine Schwester nahm den Platz in unserer Mitte ein und hakte sich dabei bei uns unter. »Stellt euch nicht so an, es ist auch nicht mehr weit.«
    »Gibt es da etwas zu Essen? Ich verhungere!«, murrte ich.
    »Genau, ich will auch essen!«, stieg Mo gleich mit ein und Elena verdrehte die Augen.  
    »Jaja, ihr Nervensägen. Natürlich essen wir was. Ich will ja nicht, dass ihr mir gleich in den Seilen hängt.«
    Mo hustete alles andere als dezent und sagte: »Nach deinem Hochzeitstagsdebakel würde ich mich da lieber an deiner Stelle nicht so weit aus dem Fenster lehnen.«
    Elena winkte mit rotem Gesicht ab und ich grinste nur. Mo war wirklich wunderbar.
    In dem Moment, als das Essen vor mir stand, bemerkte ich Elenas neugierigen Blick. Sofort wappnete ich mich für das nächste Verhör. Sie legte ihr Besteck zur Seite und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Dann lass mal hören.«
    Interessiert wanderte Mos Blick von Elena zu mir. Obwohl ich schon leichtes Herzklopfen hatte, zuckte ich mit den Schultern. »Was meinst du?«
    Elenas Grinsen wurde merklich breiter. »Na, ich will wissen, wie du Frederik kennengelernt hast. Die Geschichte mit dem abgegebenen Paket stimmt doch nie im Leben.«
    Ich musste mir auf die Zungenspitze beißen, um nicht lauthals zu fluchen. Dabei spürte ich bereits, wie das Blut sich in meinen Wangen sammelte. Scheiße. Scheiße. Scheiße.
    »Warum sollten wir uns denn so eine banale Geschichte ausdenken?«, versuchte ich abzuwiegeln.
    Statt mir zu helfen, schlug die Verräterin Mo sich auf die Seite meiner Schwester. »Na, weil die richtige Geschichte vermutlich sehr viel interessanter ist.«
    Aus schmalen Augen sah ich Mo an. »Selbst wenn – dass du vor meinem Bruder gestrippt hast bevor ihr euch kanntet, ist wohl kaum zu überbieten.«
    Mo hielt meinem Blick stand und wirkte nicht einmal sonderlich verlegen. »Wenigstens bin ich nicht zu feige, die Wahrheit zu erzählen.«
    Mittlerweile war meine Zunge dermaßen zwischen meinen Zähnen eingeklemmt, dass sie schmerzhaft pulsierte. Ich zwang mich, durchzuatmen. »Vorher brauche ich einen Cocktail.«
    Triumphierend blitzten Elenas Augen auf, während sie mir die Getränkekarte reichte. »Ich wusste es!«, zischte sie dabei zufrieden.  
    Genervt vertiefte ich mich in die Karte. Ich brauchte dringend etwas mit mindestens 35 Prozent – je mehr, desto besser. Gott, wie sehr ich solche Gespräche hasste!
    Erst als der Absinth Sour vor mir stand, war ich bereit, mich auf die Diskussion einzulassen. Elena würde ohnehin keine Ruhe geben, bis ich ausgepackt hatte. Wir hoben unsere Gläser und stießen an.
    Natürlich nippte ich so lange wie möglich an meinem Glas, um das Geständnis hinauszuzögern. Schließlich gab ich nach und stellte den Cocktail ab. »Aber ihr müsst beide versprechen, Daniel nichts davon zu erzählen. Frederik hat gesagt, dass das keine Geschichte ist, die Väter und Brüder sonderlich begeistert.«
    Mo gab ein ersticktes Geräusch von sich. »Junge, Junge! Das wird ja immer besser! Trotzdem leben wir nicht mehr im 17. Jahrhundert.«
    Elena hingegen grinste. »Keine Sorge, ich halte dicht. Die Geschichte mit Stephan ist ja auch nicht unbedingt brüdertauglich.«
    Erleichtert nahm ich den interessierten Ausdruck in Mos Augen zur Kenntnis, die sich prompt zu meiner Schwester wandte. »Wieso? Ich dachte, ihr habt euch auf der Arbeit kennengelernt.«
    Jetzt kicherte ich zufrieden und verschränkte die Arme, während Elena verlegen auf die Tischplatte sah. »Ach, die Geschichte«, winkte sie schwach ab.
    Doch so leicht war Mo nicht abzuschütteln. »Gleiches Recht für alle! Das will ich jetzt hören.«
    Elena zeigte mit dem Finger auf sie. »Dann gilt aber, dass du Daniel nichts davon erzählst.«
    Mo nickte so eifrig, dass ich unfreiwillig noch mehr grinsen musste. Vielleicht hatte ich Glück und würde davonkommen, ohne meine Geschichte erzählen zu müssen.
    »Also, ich kannte Stephan natürlich vom Sehen, aber das war es im Grunde. Bis zur Weihnachtsfeier vor einigen Jahren.« Elena machte eine bedeutungsschwangere Pause, die im

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