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Die zweite Nacht

Die zweite Nacht

Titel: Die zweite Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Rabengut
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und legte dann auf. Keine Sekunde später verschwand die Pizza von meinem Bildschirm.
    »Sie ist weg«, verkündete ich leise.  
    »Gut.« Frederik funkelte mich an. »Wir essen morgen mit meinem Bruder zu Mittag. Er will dich kennenlernen.«
    »Okay. Ich freue mich«, entgegnete ich und verstand noch immer nicht, wo genau das Problem war.
    »Ich mich nicht. Es wird grauenvoll werden.« Wieder hatte er angefangen, Kreise auf meinem Teppich zu ziehen.
    »Warum?«, wollte ich wissen.
    »Mein Bruder ist- sagen wir- äh- besonders.«  
    »Frederik?«, sagte ich mit meinem verführerischsten Tonfall.
    »Ja?«
    »Setz dich hin! Du machst mich wahnsinnig! Wie wäre es, wenn du mich einfach über deinen Bruder aufklärst?« Mein bohrender Blick machte ihm hoffentlich klar, dass er keine Wahl hatte. »Und erklär mir die Pizza«, fügte ich noch hinzu, bevor mir bewusst wurde, wie schwachsinnig das klang, wenn man es laut aussprach.
    Frederik setzte sich zum ersten Mal in den Sessel. Er legte den Kopf in den Nacken, lehnte sich an und rieb sich kräftig über die Augen. »Das ist nicht so einfach. Mein Bruder ist komisch.«
    Sofort wurde ich neugierig. »Jetzt spuck es schon aus. Du hast letztes Mal schon so merkwürdige Andeutungen gemacht.«
    Der Mann seufzte und rieb sich zum wiederholten Male über den Hinterkopf. »Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.«
    »Hm. In eurer Kindheit?«, schlug ich vor und hoffte, ihm damit nicht irgendwie zu nahe zu treten.  
    Wieder ein schwerer Seufzer. »Mein Bruder ist echt speziell.«
    Ich konnte mir das Grinsen nicht verkneifen. »Noch spezieller als ich?«
    Frederik warf mir einen vielsagenden Blick zu. »Sehr viel spezieller als du, deshalb kann ich es auch kaum erwarten, mit euch beiden in einem Raum zu sein. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr euch hassen werdet.«
    Ich verschränkte pikiert die Arme. Was sollte das denn heißen? Ich war unter meiner rauen Schale ja wohl absolut bezaubernd und liebenswert!  
    »Also Bertram ist etwas älter als ich und äh-« Mein neuer fester Freund brach ab und warf entnervt die Arme in die Luft.
    »Okay, fangen wir simpel an. Was macht er denn beruflich?«, schlug ich vor, um Frederik das Gespräch zu erleichtern. Er stöhnte nur gequält auf.
    »Du behältst alles für dich, was ich dir jetzt erzähle. Sonst kommen wir beide in Teufels Küche!«
    Belustigt rollte ich mit den Augen. »Wieso? Ist das BKA hinter deinem Bruder her?«
    »Unter anderem.«
    Ich wollte lachen, doch so trocken wie Frederik geklungen hatte, blieb das Geräusch auf halber Strecke stecken und ich schluckte nur.  
    Frederik räusperte sich. »Bertram ist- nun ja- geschickt im Umgang mit Computern. Schon immer gewesen. Manchmal glaube ich, er ist mit einer Tastatur unter den Fingern geboren worden. Er hat sich schon in Chatrooms herumgetrieben, als wir Normalsterblichen noch nichts vom Internet wussten. Als unsere Eltern gestorben sind, wollte er auf keinen Fall in ein Kinderheim und unsere Großeltern waren nicht in der Lage, zwei pubertierende Jungs aufzunehmen. Also hat mein Bruder uns sozusagen aus dem System gelöscht.«
    Es dauerte ein bisschen, bis ich mit dieser Information etwas anfangen konnte. »Wie meinst du das? Ihr existiert nicht?«
    »Doch, schon. Er hat nur für drei Jahre an unseren Geburtsdaten gedreht – oder so etwas in der Art. Ich bin mir nicht sicher und seit ich alt genug war, um das gesamte Ausmaß zu verstehen, wollte ich es gar nicht mehr genau wissen. Meine Devise ist sozusagen: Je weniger ich weiß, desto weniger muss ich im Ernstfall vor Gericht aussagen.«
    »Du nimmst mich doch auf den Arm«, murmelte ich unsicher.
    »Ich wünschte, es wäre so. Das kleine Programm, mit dem du jetzt jeden Monat deine Steuern machst? Rate mal, wo ich das herhabe.« Frederik grinste mich schwach an.
    Ich schüttelte den Kopf. »Also ist dein Bruder ein Computerexperte. Und was macht er dann so – wenn er nicht deine Freundinnen ausspioniert?«
    Frederik blinzelte langsam und bedachte mich anschließend mit einem merkwürdigen Blick. »Ich weiß es nicht – und will es nicht wissen. Aber wenn du ihn ärgerst, dann macht er dir echt das Leben schwer. Mir hat er früher regelmäßig das Konto oder das Handy gesperrt, wenn ihm meine Noten beispielsweise nicht gepasst haben. Am Anfang habe ich nicht verstanden, dass er dahinter steckt und bei der Bank angerufen, um mir sagen zu lassen, dass ich doch gar kein Kunde bei ihnen sei.«
    Um meine Belustigung zu

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