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Die zweite Nacht

Die zweite Nacht

Titel: Die zweite Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Rabengut
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Versprechen abgeben müssen, seinen Bruder nicht zu verärgern. Dabei war ich doch grundsätzlich so charmant. Also wirklich.  
    Schröder stolzierte langsam durch das Wohnzimmer und sprang neben mir auf die Couch. Erfreut streckte ich die Hand aus und wollte ihn streicheln, doch er wich mir natürlich aus. Innerhalb von Sekunden war er in die Küche geflitzt und ich folgte ihm. Im Türrahmen blieb ich stehen und sah zu, wie das Vieh um Frederiks Beine strich und dabei herzzerreißend miaute.  
    Sofort bückte der Mann sich und kraulte Schröder hinter den Ohren. »Na, hast du Hunger, mein Lieber?«
    Ich verdrehte die Augen und sparte mir einen Kommentar. Der Kater hatte Frederik total im Griff und mein Freund merkte nicht einmal, was für ein durchtriebenes Tier er beherbergte.  
    Vorwurfsvoll schaute Frederik mich an. »Du könntest ihn ruhig gelegentlich mit Streicheleinheiten belohnen. Er beißt doch nicht.«
    Auch Schröder sah mich an, als würde er Frederik zustimmen, dabei wussten wir beide es besser; immerhin war es keine Minute her, dass ich ihn hatte streicheln wollen. Also nickte ich nur ergeben, damit Frederik nicht noch schlechtere Laune bekam.
    Frederiks Blick glitt zu der Digitaluhr, die in seiner Küche stand. Es war 12:59 Uhr. Er nickte in Richtung Uhr. »Schnell, sieh hin.«
    Konzentriert starrte ich die Uhr an und fragte mich, was ich hier gerade beobachtete. Die Uhr sprang auf 13:00 Uhr und es klingelte an der Tür. Überrascht rief ich: »Du willst mich verarschen!«
    Frederik grinste schief. »Ich habe doch gesagt, dass Bertram speziell ist.«
    »Hat er jetzt wirklich so lange vor der Tür gestanden?«, wollte ich wissen.
    »Vermutlich. Aber in der Regel ist sein Timing recht gut. Er wird also nicht lange in der Kälte gewartet haben. Benimm dich, Helen.«
    Prompt klopfte es an der Tür und ich stand pflichtbewusst auf. Frederik öffnete und sein Bruder spazierte ohne die geringste Begrüßung hinein. Einen letzten mahnenden Blick warf mein Freund mir zu, dann richtete ich meine Aufmerksamkeit auf seinen Bruder. Es war sofort deutlich, dass sie Geschwister waren. Die Ähnlichkeit war beeindruckend – und meine Messlatte lag dabei wirklich hoch, immerhin hatte ich eine Zwillingsschwester. Die gleichen Haare, die gleiche Nase und sie waren sogar fast gleich groß. Der einzige Unterschied war, dass Bertram etwas älter aussah und ganz offensichtlich zu wenig schlief.  
    Skeptisch betrachtete er meine ausgestreckte Hand und ignorierte sie, während er an mir vorbei spazierte und damit begann, das Besteck auf dem Esstisch in Augenschein zu nehmen. Frederik betrachtete mich besorgt, doch ich grinste nur. Wie diplomatisch er war – er hätte mir doch einfach sagen können, dass sein Bruder wie ich war.
    Bertram hatte seine Inspektion beendet, zog den Stuhl am Kopfende zurück und nahm Platz, bevor er mit akribischer Genauigkeit die Serviette auf seinem Schoß ausbreitete. Offenbar war jetzt Essenszeit. Frederik verschwand in der Küche und ich setzte mich zu seinem Bruder.
    »So, Bertram. Mit Höflichkeit hast du es wohl nicht so«, sagte ich gelassen und schenkte ihm dazu ein herzliches Lächeln. Frederik gab in der Küche ein ersticktes Geräusch von sich.
    Bertram legte den Kopf schief, sah mich an und blinzelte langsam. »Du gibst neuerdings sehr viel Geld für Unterwäsche aus.«
    Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass Frederik sich bestürzt an der Arbeitsplatte festhielt, doch ich zuckte nur lässig mit den Achseln. »Was soll ich machen? Ich möchte eben deinem Bruder gefallen.«
    »Helen!«, rief Frederik aufgebracht aus der Küche.
    Da bemerkte ich etwas Interessantes: War das möglicherweise ein leichtes Lächeln, das dort um Bertrams Mundwinkel spielte?
    »Das ist gut«, bemerkte er und richtete erneut das Besteck aus. »Du schreibst sehr viel.«
    »Ich weiß«, entgegnete ich trocken und griff nach meinem Wasser. Das Weinglas war leider noch leer.
    »Warum hast du nichts unternommen, als Ole Bochers dir das Manuskript gestohlen hat?« Wieder blinzelte er langsam – wie eine Amphibie.
    »Aus dem gleichen Grund, aus dem ich dir jetzt nicht mit der Gabel ins Auge steche: Ausgezeichnete Selbstbeherrschung.«
    Bertram sah fragend zu Frederik, der inzwischen am Tisch Platz genommen hatte und verzweifelt wirkte.  
    »Woher weißt du davon?«, fragte ich Bertram jetzt.
    »Überprüfung.«
    »Aha«, erwiderte ich sarkastisch und nahm mein Messer in die Hand. »Ein paar mehr Worte dazu

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