Die zweite Tochter: Thriller (German Edition)
Brieftasche und seine Tabletten mitgenommen. Bekommt sie die Sachen zurück?«
»Handy und Brieftasche, ja.«
»Kann sie Einblick in die Akten nehmen?«
Der Polizist schüttelte den Kopf. »Nicht einmal die engsten Verwandten dürfen da reinschauen. Die Akten enthalten auch Fotos vom Tatort. Die zeigen wir niemandem.«
»Und was ist mit einem Anwalt? Oder einem Privatdetektiv?«
»Nein. Es ist schließlich keine Strafanzeige erstattet worden.«
»Wissen Sie, ob Detective Reed auch mit den Geschäftspartnern meines Ex gesprochen hat?« Jill gab nicht auf. »Da gibt es einen gewissen Neil Straub in New York. Mit dem sollte er unbedingt reden. Ich habe seine Adresse.«
»Danke, aber ich denke, wir machen es folgendermaßen«, Pitkowski griff nach einem Kugelschreiber, »Sie geben mir alle Informationen, die Sie zu dem Rezept, dem SUV und allem anderen haben, und ich leite sie gesammelt an meinen Kollegen weiter.«
»Wird er sich bei mir melden?«
»Wenn er Fragen hat, ja, sonst nicht. Und falls die Tochter Gesprächsbedarf hat, wird er darauf eingehen.«
»Okay.« Jill erzählte ihm die ganze Geschichte, und Detective Pitkowski hörte ihr zu, stellte Fragen und machte sich Notizen. Zwanzig Minuten später verließ Jill das Polizeirevier. Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. Sie würde es gerade noch zu Megans Schwimmwettkampf schaffen.
Sie sprang in den Wagen und startete den Motor.
25
Der Wettkampf hatte schon begonnen. Anfeuerungs- und Bravorufe von Eltern und Kindern erfüllten die Schwimmhalle. Die gefliesten Wände und Böden warfen das Gejohle mehrfach zurück. Es war warm, die Luft stickig. In fünf Minuten würde Megan dran sein. Jill hastete die Treppe zur Tribüne hoch und entdeckte Sam, der bei Len Wynn, Rita Cohen, den McGraths, Bill Roche und Jenny Zeleny saß – alles Schwimm-Väter und -Mütter.
»Sam!«, rief sie. Er drehte sich um und lächelte.
Er gab ihr ein Zeichen, zu ihm zu kommen. Len und Rita rückten auf, um ihr Platz zu machen. Jill setzte sich neben Sam und gab ihm einen schnellen Kuss auf den Mund.
»Hallo, mein Schatz.« Jill schwitzte bereits in ihrer Bluse und spürte, wie sich ihr Haar zu kräuseln begann. »Ich hab’s grad noch geschafft.«
»Gut. Was gibt’s Neues? War Abby zu Hause?«
»Nein. Nur ihr Wagen stand hinter dem Haus. Ich bin zur Polizei gegangen, sie haben das Haus durchsucht.«
»Gut.« Sam nickte. Sein Gesicht glänzte von der hohen Luftfeuchtigkeit in der Schwimmhalle.
»Ich habe der Polizei alles erzählt, aber ich mache mir immer noch Sorgen, dass Abby sich nicht meldet.«
Sam tätschelte ihr Knie. »Ich habe Megan ihre Tasche gebracht.«
Jill hatte verstanden. Sam wollte nicht über Abby reden. »War Megan sauer, dass ich nicht da war?«
»Wenn, dann hat sie es nicht gezeigt. Es schien ihr nichts auszumachen, dass du nach Abby siehst.«
»Schön.« Die Schwimmhalle, die von der Highschool genutzt wurde, war neu und entsprach olympischen Normen. Die Fliesen am Beckenrand waren marineblau und weiß wie auch die Korkleinen, die die einzelnen Bahnen voneinander trennten. Durch die gegenüberliegende Glaswand schien indirektes Licht herein, sodass die Wellen klare Schatten warfen. Unzählige Kinderarme und -beine wühlten im Becken das Wasser auf.
Sam reckte den Hals und blickte zu den Startblöcken, wo Teenies in gelben Badeanzügen und -kappen sich sammelten. Alle plapperten aufgeregt miteinander. »Welche ist Megan? Ich kann die Mädels nicht unterscheiden. Sie sehen alle so gleich aus.«
»Die da.« Jill zeigte auf Megan, die ihre Arme schwenkte, um warm zu bleiben. Das Elastan ihres Schwimmanzugs betonte ihren mageren Körper. Jill betrachtete ihre Hüften und Brüste, die zwar schon entwickelt, aber noch nicht voll ausgeformt waren – Megan befand sich in einem Stadium irgendwo zwischen Mädchen und Frau.
»Woran hast du sie erkannt?«
»Das ist wie bei den Pinguinen. Sie erkennen ihre Jungen einfach.«
Sam stieß sie leicht mit dem Arm an, dann sahen sie beide zu Megan, die die Tribüne nach ihnen absuchte.
»Hier, mein Schatz!«, rief Jill und hob die Hand. Doch Megan sah sie nicht. Jill stand auf und winkte mit beiden Armen, aber Megan hatte sich schon wieder umgedreht und redete mit Courtney. »Megan!«, schrie Jill.
»Hinsetzen, da vorn!«, rief ein Mann hinter ihr. Sam drehte sich um und warf ihm einen verärgerten Blick zu.
»Schon gut.« Jill setzte sich.
»Der ist vom gegnerischen Verein«, sagte Rita neben ihr. »Soll ich
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