Die zweite Tochter: Thriller (German Edition)
sie zu beatmen. Megan röchelte und hustete.
Jill kletterte aus dem Becken und wollte zu ihrer Tochter.
»Weg da!«, rief einer der Trainer, der sie zurückdrängen wollte.
»Ich bin ihre Mutter und Ärztin.« Jill drehte Megan auf die Seite, damit sie das geschluckte Wasser wieder ausspucken konnte. Coach Stash, seine Kollegen und die anderen Schwimmerinnen versammelten sich um Megan, während Jill sich um sie kümmerte. Sie verkrampfte sich immer wieder und hustete. »Genau so, mein Schatz. Lass es raus.«
»Mom?«, fragte Megan mit schwacher Stimme.
»Ich bin hier.« Jill hielt sie fest. »Es ist alles in Ordnung.«
Megan gab das verschluckte Beckenwasser von sich und atmete tief ein.
»Nur atmen, mein Schatz.« Jill schickte ein stilles Dankgebet gen Himmel.
»Ist sie okay?«, fragte Sam.
»Ja«, antwortete Jill und versuchte die Tränen zurückzuhalten.
Etwas später standen Jill, Sam und Coach Stash am Eingang der Highschool und warteten auf den Krankenwagen. Megan atmete inzwischen wieder normal, ihre Hautfarbe war wieder gesund. Eingewickelt in ein gelbes Team-Bade tuch saß sie neben Courtney, die ihr Mut zusprach. Die Badekappe hatte sie abgenommen, ihr dunkelblonder Pfer deschwanz fiel ihr auf den Rücken; seine nasse Spitze ähnelte einem Pinsel, den man in dunkle Farbe eingetaucht hatte. Sie nippte an einer Wasserflasche.
Jill berührte Megans Schulter. »Fühlst du dich besser?«
»Ja, mir geht’s gut.« Megans Blick wanderte zur Schwimmhalle zurück, in der die Wettkämpfe wieder weitergingen. »Mom, ich muss doch nicht ins Krankenhaus, oder?«
»Nur zur Sicherheit.«
»Könnt ihr mich nicht hinfahren? Ein Krankenwagen ist doch megapeinlich.«
»Aber sicherer.«
»Aber mir geht’s doch wieder gut. Wirklich.«
»Es ist nur zur Sicherheit«, wiederholte Jill und tätschelte Megans Schulter.
»Aber bitte keine Sirenen.«
»Ich höre bis jetzt keine.«
Megan stellte die Wasserflasche ab und sah wieder zur Schwimmhalle. »Court, ist er da?«
Courtney nickte. Anscheinend schämte sich Megan vor ihrem neuen Schwarm.
Sie blickte ihren Coach traurig an. »Trainer, ich hab’s versaut. Ich habe Sie und unsere Mannschaft im Stich gelassen.«
Courtney schüttelte den Kopf, die Schwimmbrille hing ihr um den Hals. »Das hast du nicht, Megs.«
»Mach dir darüber mal keine Gedanken.« Coach Stash zwinkerte Megan zu und zeigte auf sein nasses Haar und das Badetuch über seine durchnässte Hose. »So ein toller Pool. Wer springt da nicht mal gern spontan ins warme Wasser? Nicht wahr, Jill?«
»Stimmt.« Jill lächelte. »Sie sind ein wirklich guter Schwimmer, Stash.«
»Sonst hätte man mich auch schon längst gefeuert.«
Megan sah zu ihm hoch. »Werden wir jetzt wegen mir verlieren?«
»Mach, dass du bald wieder okay bist. Das ist das Einzige, was zählt.« Er gab ihr einen Klaps auf die Schulter. »Du bist unser Star, Megan. Und das wirst du auch bleiben.«
»Ich hatte mich so gut aufgewärmt.« Megan schüttelte den Kopf. »Aber plötzlich fing mein Herz an wie wahnsinnig zu rasen. Ich hatte Angst, ich würde sterben. Es pochte und pochte, bis zum Hals.«
Courtney sah Megan an. »War es wie bei unserem dreifachen Espresso bei Starbucks?«
»Viel schlimmer.«
Jill hatte bereits ihre Diagnose gestellt – es was ihr nicht schwergefallen. »Weißt du, wann das Herzrasen losging?«
»Vor dem Rennen. Meine Hände fingen an zu schwitzen. Zuerst dachte ich, sie wären noch vom Wasser feucht. Auf dem Startblock wurde es dann schlimmer. Ich hatte so gehofft, dass es dann weggeht.«
»Konntest du noch klar sehen?«
»Ja.«
»Hast du seltsame Geräusche gehört?«
»Nein.«
»War dir schwindelig?«
»Nein.«
»Hattest du Kopfweh?«
»Nein. Aber als ich ins Wasser gesprungen bin, konnte ich nicht mehr Luft holen. Mein Herz schlug immer schneller, und dann bin ich wohl ohnmächtig geworden.« Megan blickte auf ihre Füße. »Und dann habe ich eine Menge Wasser geschluckt.«
»Ich weiß, mein Schatz.« Jill glaubte nicht, dass Dehydration die Ursache war. Megan hatte auch noch nie Probleme mit dem Herzen gehabt, und ihr Blutzucker war in Ordnung. Plötzlich fuhr ein weiß-orangefarbener Krankenwagen die Einfahrt hoch, die Hintertüren gingen auf, ein Sanitäter sprang heraus und schob eine Bahre auf Rädern in Richtung Eingang. Die Kinder in der Schwimmhalle pressten neugierig die Köpfe gegen die Scheibe. Megan seufzte und stand auf.
»Zum Glück ohne Sirene und Blaulicht.«
Auch
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