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Die zweite Tochter: Thriller (German Edition)

Die zweite Tochter: Thriller (German Edition)

Titel: Die zweite Tochter: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Scott
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Courtney erhob sich. »Ich war noch nie in einem Krankenwagen. Ist wahrscheinlich ziemlich interessant.«
    »Kann Court nicht mitfahren, Mom?«
    »Ich glaube nicht, dass das erlaubt ist. Du musst mit mir vorliebnehmen.« Jill winkte die Sanitäter herbei, Megan legte sich auf die Bahre und wurde festgeschnallt. In diesem Augenblick wurden das Blaulicht und die Sirene des Krankenwagens eingeschaltet.

26
    Jill saß auf einem harten Stuhl im Untersuchungszimmer. Die nassen Kleider klebten auf ihrer Haut, notdürftig hatte sie mit Papierhandtüchern versucht, sie trocken zu reiben. Sam und sie waren allein, Megan war zu Tests abgeholt worden. An den pastellblauen Wänden hingen kitschige Bilder, die die Patienten wohl aufmuntern sollten. Es roch nach Desinfektionsmitteln. Viele Ärzte verwendeten Desinfektionsmittel nur, weil sie sich nicht nach jedem Patienten die Hände waschen wollten. Gegen bakterielle Infektionen halfen diese Mittel nicht, aber das war nur eines der vielen kleinen Geheimnisse des ärztlichen Berufsstandes.
    »Was meinst du?«, fragte Jill. »Eine Panikattacke?«
    »Ja.« Sam lehnte mit gekreuzten Armen an der Wand. »Die letzten Tage waren nicht einfach für sie.«
    »Stimmt.« Jill schüttelte den Kopf, sie machte sich Vorwürfe. »Und ich habe die ganze Zeit nur an Abby und an Rahul gedacht, einen meiner Patienten. Du kannst es ruhig weitererzählen.«
    »Du weißt, dass ich das nie tun würde.«
    Jill war Sam dankbar. »Panikattacken gehen oft mit Angstzuständen einher. An einem einzigen Wochenende hat Megan ihren Stiefvater verloren, ist ihrer Stiefschwester wiederbegegnet, die auf ihr Bett gekotzt hat, und ist aus einer Kirche rausgeworfen worden.«
    »Mach dich nur selbst fertig.« Sam ging zu Jill und strich ihr übers Haar, das fast wieder trocken war. »Schließlich warst du diejenige, die ins Wasser gesprungen ist, um sie zu retten.«
    Aber sie hätte es früher merken müssen.
    »Schatz, was ist los?«, fragte Sam.
    Jill dachte an Victorias Worte am Morgen. »Entschuldigung.«
    »Du warst schon im Wasser, bevor ich überhaupt mitbekommen habe, was vor sich geht. Ich dachte schon, du wolltest endlich deinen Fahrtenschwimmer machen.«
    Sam versuchte sie aufzumuntern, aber es gelang ihm nicht. Jill fühlte sich schuldig wegen Abby, schuldig wegen Victoria und nun auch schuldig wegen Megan. Früher war ihr es doch auch gelungen, gleichzeitig Mutter dreier Töchter zu sein.
    Sam berührte sanft ihre Schulter. »Vielleicht sollten wir auch für Megan einen Termin mit Sandy ausmachen? Da könnte sie sich aussprechen und sich über ihre Gefühle zu Williams Tod klar werden.«
    »Ich denke darüber nach.« Jill seufzte. »Ich bin nicht nur eine schlechte Mutter, ich bin auch eine schlechte Stiefmutter.«
    »Es ist okay.« Sam rieb ihr den Rücken. »Willst du einen Kaffee? Im Gang habe ich einen Automaten gesehen.«
    »Gern.« Jill lächelte ihm zu, und er küsste sie auf die Wange.
    »Bin gleich zurück. Hab Geduld.«
    »Weißt du übrigens, dass ich dich sehr liebe?«
    Sam zog die Augenbrauen hoch und spielte den Überraschten. »Hab ich denn plötzlich etwas richtig gemacht?«
    »Alles hast du richtig gemacht. Verzeih mir, aber das waren auch für mich zwei schwierige Tage.«
    »Du musst dich nicht entschuldigen.« Sam lächelte ihr zu, bevor er verschwand.
    Jill lehnte den Kopf an die Wand. Vielleicht machte sie wirklich aus einer Mücke einen Elefanten. Vielleicht hatte Abby nur einen netten Jungen kennengelernt und die Nacht mit ihm verbracht. Vielleicht war William doch nicht ermordet worden, und vielleicht wollte Abby nur die Augen vor der Wahrheit verschließen und brauchte deshalb wieder eine Mutter, die sich um sie kümmerte.
    Halte dich aus unserem Leben raus.
    Jill fielen die Mengendiagramme aus Megans Mathematikunterricht ein. Sie fühlte sich wie jemand, der sich von dem Schnittpunkt mehrerer Kreise nicht mehr wegbewegen konnte. Vergangenheit und Gegenwart waren unentwirrbar ineinander verwoben, sie gehörte nicht nur einer Familie an. Katie hatte behauptet, jede Mutterschaft würde irgendwann enden, wie alles irgendwann endet und zerfällt, selbst Raum und Zeit.
    Mom, Abby gehört zu unserer Familie. Du kannst sie nicht einfach hinauswerfen.
    Wie recht Megan gehabt hatte. Jill beschloss, mit all der Kraft, die ihr zur Verfügung stand, um ihre Familie zu kämpfen. Und Megan nicht zu vernachlässigen, auch wenn Abby vermisst wurde, gerade weil auch Megan sich Sorgen um ihre

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