Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
Vom Netzwerk:
sie.»
    «Mir auch», sagte Thorsen. «Und Karen auch. Sie sagt, er war der größte Maler seit Rembrandt. Aber was hat das schon zu bedeuten. Wir tappen völlig im dunkeln. Keine heiße Spur. Im Grunde wär's ja nichts weiter als noch ein ungelöster Fall mehr, nur stehen wir ganz schön unter Beschuß.»
    Delaney erhob sich, um Thorsen nachzuschenken. Bei der Gelegenheit ließ er noch zwei Eiswürfel in seinen Whiskey fallen.
    «Unter Beschuß?» fragte er. «Aus welcher Richtung?»
    «Schon jemals was von einem gewissen J. Barnes Chapin gehört?»
    «Aber sicher. Ein Politiker. Senator des Staates New York. Stammt irgendwo aus dem Norden.»
    «Richtig.» Thorsen nickte. «Sein eigentlicher Wahlbezirk ist Rockland County. Chapin hat seinen Sitz seit Menschengedenken. Ziemlich mächtig, der Bursche, und derzeit liegt dem Senat ein Entwurf vor, betreffend einen Sonderkredit des Staates für die Stadt New York, für die Ordnungsbehörden, Polizei, Gerichte, den Strafvollzug, was Sie wollen. Chapin könnte dafür sorgen, daß er angenommen wird.»
    «Und?»
    «Chapin ist - oder war - Victor Maitlands Onkel.»
    «Aha.»
    «Das Verrückte daran ist, daß es Chapin im Grunde scheißegal ist, wer Maitland umgebracht hat. Nach allem, was wir erfahren haben, war Maitland ein Widerling ersten Ranges. Wie es so schön heißt: die Liste der Verdächtigen ist bis auf zehntausend zusammengeschrumpft. Jeder hat ihn aus vollem Herzen gehaßt, seine Frau und sein Sohn eingeschlossen. Alle Welt - bis auf seine Mutter. Das Mutterherz hat ihn gleich erkannt, tralala. Eine reiche alte Schachtel, lebt in der Nähe von Nyack. Eine Tochter, Maitlands Schwester, wohnt bei ihr. Das Mütterlein hat Chapin die Hölle heiß gemacht. Er ist ihr Bruder. Und er wiederum macht uns die Hölle heiß. Wir sollen endlich Victor Maitlands Mörder finden, damit er Ruhe vor seiner Schwester hat.»
    Delaney war in Schweigen verfallen und starrte Thorsen an. Bedächtig nippte er an seinem Glas. Die Blicke der beiden Männer trafen sich.
    «Warum ich?» fragte er leise.
    Thorsen rutschte nach vorn und ließ die Schultern hängen. «Hören Sie, Edward», sagte er, «Sie brauchen mir nicht das kleine Einmaleins aufzusagen. Ich weiß sehr gut: Wenn ein Mord nicht innerhalb von 48 Stunden aufgeklärt wird, sinkt die Wahrscheinlichkeit, daß er überhaupt jemals geklärt wird, auf null. Alle Spuren sind kalt. Geschenkt! Und unter uns: den Mörder von Victor Maitland zu finden ist nicht gerade eines der dringlichsten Anliegen der Behörde.»
    «Ich verstehe.»
    «Aber wir müssen wenigstens so tun als ob, ganz wie es die Vorschriften verlangen. Und das nur, um J. Barnes Chapin bei Laune zu halten. Damit der wiederum seine Schwester bei Laune halten und ihr einreden kann, daß wir am Ball bleiben.»
    «Und damit Chapin für die Stadt Partei nimmt, wenn über diesen neuen Gesetzesentwurf abgestimmt wird.»
    «Selbstverständlich.» Thorsen hob die Schultern. «Was sonst?»
    «Nochmals», sagte Delaney. «Warum ausgerechnet ich?»
    Thorsen seufzte, lehnte sich zurück, schlug die Beine übereinander und nippte an seinem Glas.
    «Fabelhaft, der Scotch, Edward. Was für eine Marke?»
    «Glenlivet.»
    «Nun ja. Zunächst einmal hat Chapin ausdrücklich darum ersucht, daß wir Sie einspannen. Jawohl, das hat er getan. Er erinnert sich an den Fall Lombard. Tja, und dann haben wir einfach nicht genug Leute, um sie auf eine Sache anzusetzen, bei der wahrscheinlich sowieso nichts rauskommt. Die Spur könnte gar nicht kälter sein. Sie wissen das, wir wissen das. Wahrscheinlich ist es wirklich bei einem Einbruch zu Tätlichkeiten gekommen, wie Sie ja auch vermuten, und der Typ ist wohl längst in Kansas City. Wer zum Teufel will das wissen? Kein Mensch erwartet, daß Sie den Fall lösen. Mein Gott, Edward, seit Maitland ermordet wurde, hat es in der Stadt bestimmt hundert unaufgeklärte Morde gegeben. Wir können nicht mehr tun, als in unserer Macht steht.»
    «Was wollen Sie denn von mir?» fragte Delaney unbewegten Gesichts.
    «Daß Sie mal die Nase reinstecken, Edward. Ich weiß, Sie sind pensioniert; aber erzählen Sie mir nicht, Sie hätten zuviel zu tun. Das nehme ich Ihnen nicht ab. Riechen Sie bloß mal rein. Ihre Auslagen ersetzen wir Ihnen. Und außerdem stellen wir einen Mann ab, der Sie rumfährt und seine Dienstmarke zeigt, sobald das nötig ist. Sie kriegen Fotografien von allem, was wir haben, Akten, Fotos, Autopsieberichte, alles. Erwarten tun wir gar nichts,

Weitere Kostenlose Bücher