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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Edward. Nur mit der Sache befassen sollen Sie sich.»
    «Damit Sie Chapin sagen können, der Mord an seinem Neffen wird wirklich untersucht?»
    Thorsen setzte ein schwaches Lächeln auf.
    «Genau darum geht es», sagte er. «Es ist für die Behörde, Edward.»
    Delaney hob die Arme und führte eine groteske Pantomime auf, als bearbeite er eine Fiedel mit dem Bogen. Thorsen lachte.
    «Ach, was soll's - ich dachte, es könnte Sie interessieren, könnte Sie geradezu reizen. Damit Sie nicht Monica dauernd im Weg stehen. Nichts zu machen?»
    Delaney schaute in das Glas, das er zwischen den Fingern hielt.
    «Ich möchte eine Nacht drüber schlafen», sagte er. «Mit Monica sprechen. Einverstanden? Morgen früh ruf ich Sie an und sag Ihnen, ob ich's mache oder nicht.»
    «Klar», sagte Thorsen. «Das reicht mir völlig. Überlegen Sie sich's.»
    Er leerte sein Glas und stand auf. Delaney schickte sich gleichfalls an aufzustehen, doch unvermittelt ließ Thorsen sich wieder in seinen Sessel zurückfallen.
    «Da ist noch was», sagte er.
    «Wie denn auch nicht», ächzte Delaney spöttisch.
    «Erinnern Sie sich an einen Polizeibeamten namens Samuel Boone? Vor ungefähr fünfzehn Jahren?»
    «Natürlich erinnere ich mich an ihn», sagte Delaney. «Erschossen haben sie den armen Kerl. Ich bin zu seiner Beerdigung gegangen.»
    «Richtig. Das war in South Bronx, damals mein Revier. Fast nur Juden wohnten da. Heute Schwarze und Puertorikaner. Dieser Sam Boone war ein As. Ich meine das ehrlich: wirklich ein As. Die Leute haben ihn geliebt. Wenn er Geburtstag hatte, brachten alte Jüdinnen ihm Kuchen und Plätzchen auf die Wache. Ich schwöre, daß es so war. Er stammte irgendwo aus Kentucky oder Tennessee oder West Virginia, was weiß ich. Einen Akzent zum Steinerweichen; die Juden, die dort wohnten, wo er Streife ging, brachten ihm ein bißchen Jiddisch bei, und dann wiederholte er die Brocken, die sie ihm eingetrichtert hatten, mit seiner Popcorn-Aussprache, und sie wollten sich ausschütten vor Lachen. Na, wie dem auch sei, eines Tages fährt ein Wagen verkehrt rum in eine Einbahnstraße, und das bei dem Verkehr dort. Sam war in der Nähe und ging hin. Das Auto hatte Nummernschilder aus Michigan oder Illinois, ich weiß nicht mehr. So, wie ich Sam kannte, wollte er den Fahrer belehren, ihn wenden und mit einer Verwarnung weiterfahren lassen. Er beugt sich also runter, um mit dem Kerl zu sprechen, und päng! päng! päng! Drei Schüsse, ins Gesicht und in die Brust. Ein Idiot muß das gewesen sein, ein ausgemachter Idiot! Was hat er sich davon versprochen? Weiterfahren ging nicht, denn er stand Stoßstange gegen Stoßstange mit den entgegenkommenden Autos. Und zurück konnte er auch nicht, dazu ist zuviel Verkehr auf der Avenue. Er also raus aus dem Auto.

    Edward, ich bin zehn Minuten nachdem es passiert war, dagewesen. Die Straßen waren gedrängt voll. Trauben von Menschen standen auf den Bürgersteigen und sahen Sam hinfallen. Ich schwöre, wir mußten ihnen diesen Kerl entreißen. Hätte jemand zufällig ein Seil dabeigehabt, man hätte ihn glatt aufgeknüpft. Nie habe ich Menschen so wütend gesehen. Bis auf den heutigen Tag jagt es mir Angst ein, wenn ich daran denke. Der traurige Witz bei der Sache war, daß dieser Kerl in Michigan oder Illinois oder was weiß ich vors Schwurgericht sollte. Selbst wenn Sam ihn nach seinem Führerschein gefragt hätte - und wie ich Sam kannte, bezweifle ich, daß er das getan haben würde -, hätte der Kerl schlimmstenfalls drei bis fünf Jahre zu gewärtigen gehabt, hätte Sam ihn identifiziert, wahrscheinlich sogar weniger. Aber der dreht durch, und ich verliere den besten Streifenpolizisten in meinem Revier.»

    Delaney nickte ernst und erhob sich, um nachzuschenken und Eiswürfel in sein Glas zu tun. Dann setzte er sich wieder Thorsen gegenüber. «Das ist nun mal der Lauf der Welt», sagte er. «Aber was hat das mit dem Mord an Maitland zu tun?»
    «Nun …» meinte Thorsen. Dann holte er tief Atem. «Sam hatte einen Sohn, Abner Boone. Der ist gleichfalls zur Polizei gegangen, und ich habe ihn im Auge behalten. Ich fand, ich sei ihm das schuldig. Abner Boone. Er ist heute Sergeant bei der Kriminalpolizei. Kennen Sie ihn, Edward?»
    «Abner Boone?» sagte Delaney und runzelte die Stirn. «Ich erinnere mich vage an ihn. Ungefähr 1,85 m groß, sandfarbenes Haar, blaue Augen. Lange Arme und Beine. Lächelt immer freundlich, geht ein bißchen vornübergebeugt und sieht aus, als wären

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