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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Delaney zweifelnd, «aber ich halte das für wenig wahrscheinlich. Die Flasche stand am einen Ende des Ateliers, und die Spüle befindet sich am anderen. Wenn der Mörder sich einen genehmigt hätte, würden Flasche und Glas vermutlich beieinander stehen. Du sagtest: ‹Der Mörder›. Wie wär's mit einer Frau? Frauen benutzen oft Messer. Jedenfalls lieber als Schußwaffen. Wiederum die Wahrscheinlichkeit.»
    «Ich glaube nicht, daß eine Frau so oft auf ihn eingestochen hätte.»
    «Warum nicht?»
    «Ich weiß nicht… Es kommt mir nur so … grausig vor.»
    «Ob Mann oder Frau, grausig war es. Das wilde Drauflosstechen läßt auf Wut schließen oder auf die Notwendigkeit, ganz, ganz sicher zu sein, daß Maitland wirklich tot war. Sonderbar ist, daß Maitland nicht gleich gestorben ist. Er hat nach einem Dutzend Messerstichen immer noch gelebt. Die eigentliche Todesursache war Verblutung.»
    «O Edward …»
    «Tut mir leid», sagte er und streckte rasch die Hand aus, um Monica zu beschwichtigen. «Das regt dich auf! Ich hätte nicht davon anfangen sollen und werde in Zukunft den Mund halten.»
    «Aber nein», verwahrte sie sich. «Ich möchte davon hören. Es ist interessant. Auf eine grauenhafte Weise faszinierend. Nein, sprich mit mir darüber, Edward. Vielleicht kann ich dir helfen.»
    «Das kannst du. Schon allein dadurch, daß du zuhörst.»
    Es klingelte zaghaft, und sie ging aufmachen.
    «Ich glaube immer noch nicht, daß es eine Frau gewesen ist», sagte sie dabei.
    Lächelnd blickte er ihr nach. Er glaubte es zwar auch nicht, allerdings aus anderen Gründen. Im Autopsiebericht hieß es nämlich, einige Stiche seien mit solcher Wucht geführt worden, daß die Klinge ganz eingedrungen sei und die Knöchel des Täters im Fleisch um die Einstichwunde Blutergüsse hervorgerufen hatten. Das deutete auf erhebliche Kraft hin, die Kraft eines Mannes. Freilich, denkbar war auch, daß es sich um eine besonders kräftige Frau gehandelt hatte. Oder eine Frau, die vor Wut völlig außer sich gewesen war …
    Seine Erinnerung trog Delaney nicht: Sergeant Abner Boone war ein großgewachsener, schlanker Mann mit unbeholfenen Bewegungen und der Angewohnheit, den Kopf beim Sprechen ein wenig seitwärts zu neigen. Das Haar war mehr falb als sandfarben, die Haut blaß und mit Sommersprossen übersät. Delaneys Schätzung nach mußte er zwischen dreißig und fünfunddreißig sein, doch war es schwer, das zu beurteilen. Er besaß ein Gesicht, das sich auch mit sechzig noch nicht wesentlich verändert haben dürfte. Dann allerdings, unversehens, würde er alt werden.
    Sein Gebaren hatte etwas Bäurisch-Linkisches, auch die Art, wie er sich vor Monica verbeugte und schüchtern «Freut mich sehr» murmelte. Sein Händedruck war, als er Delaney die Hand schüttelte, fest und trocken. Nachdem er auf einem der beiden Klubsessel Platz genommen hatte, wußte er mit seinen Händen nicht mehr wohin, mit den Füßen übrigens auch nicht. Immer und immer wieder schlug er die Beine übereinander, und endlich steckte er die Hände resolut in die Taschen seiner abgetragenen Tweedjacke. Vermutlich um das Zittern zu verbergen, dachte Delaney.
    «Würden Sie gern einen Happen essen?» fragte der Chief. «Wir haben noch Roastbeef. Wie wär's mit einem Sandwich?»
    «Nein, vielen Dank, Sir», sagte Boone mit schwacher Stimme. «Nichts zu essen. Einen Kaffee würde ich jedoch gern trinken. Schwarz, bitte.»
    «Ich hole uns eine Thermosflasche», sagte Delaney.
    Als er hinausging in die Küche, war Monica dabei, die Spülmaschine auszuräumen und das Geschirr ins Regal zu stellen.
    «Wie findest du ihn?» fragte er leise.
    «Mir gefällt er», sagte sie ohne zu zögern. «Er hat so was Unverdorbenes.»
    «Unverdorbenes ?»
    «Nun, was Jungenhaftes meinetwegen. Sehr höflich. Ist er verheiratet?»
    Er starrte sie an.
    «Das werde ich feststellen», sagte er. «Falls nicht, kannst du Rebecca einen Wink geben. Kupplerin!»
    «Warum nicht?» Sie kicherte. «Möchtest du nicht, daß die ganze Welt so glücklich ist wie wir?»
    «Das könnte sie nicht ertragen», versicherte er ihr.
    Wieder im Arbeitszimmer, schenkte er dampfenden Kaffee ein. Boone nahm seine Tasse mit beiden Händen vom Tablett. Jetzt war das Zittern unübersehbar.
    «Ich nehme an, Sie wissen, worum es geht?» begann Delaney.
    «Ich weiß nur, daß ich Ihnen für weitere Ermittlungen im Falle Maitland zugeteilt bin. Ich soll dabei meinen eigenen Wagen benutzen, die Auslagen werden

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