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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hervorlugt, und wenn du glaubst, es könnte nützlich sein, dann such einen Vorwand, um den Kragen zu öffnen. Zeig es her, und dein Gegenüber wird alles, was du sagst, als angenehm und überzeugend empfinden. So ungefähr. Selbst schweigend wirst du die Herzen gewinnen.«
    Sie schaute von oben in mein emporgewandtes Gesicht, während sie den Kragen um das Amulett auseinanderzog. Ich blickte zu ihr auf und spürte, wie mir das Blut heiß in die Wangen stieg. Unsere Blicke tauchten ineinander.
    »Es wirkt ganz ausgezeichnet, ich muss mich loben«, meinte sie, senkte ohne falsche Scham den Kopf und bot mir den Mund. Undenkbar, sie nicht zu küssen. Sie drückte ihre warmen Lippen auf die meinen.
    Beim Klappern der Türklinke fuhren wir auseinander wie ertappte Sünder. Die Tür ging auf und die Silhouette einer Frau zeichnete sich vor dem hellen Tageslicht ab. Sie kam herein und drückte die Tür hinter sich ins Schloss. »Puh! Hier drin ist es kühler, Eda sei Dank. Oh. Entschuldige. Warst du bei einer Deutung?«
    Sie hatte das gleiche Gewimmel von Sommersprossen auf Nase und Unterarmen und konnte nur Jinnas Nichte sein. Ich schätzte sie auf um die Zwanzig Jahre. Am Arm trug sie einen Korb mit frischen Fischen.
    Finkel beeilt sich, sie zu begrüßen und schlängelte sich um ihre Beine. Du hast mich lieb. Lieber als alles andere. Nimm mich auf den Arm.
    »Keine Deutung. Ich habe ein Amulett geprüft. Es scheint zu wirken.« Jinnas Tonfall machte uns beide zu Verschwörern, eingeweiht in einen Scherz, den nur wir verstanden. Ihre Nichte schaute zwischen uns hin und her, sie wusste, es war etwas im Gange, wovon sie ausgeschlossen blieb, aber sie nahm es mit Humor. Sie hob Finkel auf, und er rieb sein Gesicht an ihrer Schulter, um sein Eigentum zu kennzeichnen.
    »Leider muss ich jetzt gehen. Ich fürchte, ich habe noch einiges zu besorgen und sollte mich beeilen.« Eigentlich wäre ich gern noch geblieben, aber dieser Wunsch ließ sich nicht mit dem vereinbaren, was mir in der Stadt zu erledigen aufgetragen worden war. Davon abgesehen hatte ich das deutliche Gefühl, dass ich ein Weilchen für mich sein musste, um herauszufinden, was eben passiert war und was es mir bedeutete.
    »Musst du sofort gehen?«, fragte Jinnas Nichte. Sie machte den Eindruck, als wäre sie ehrlich enttäuscht zu sehen, dass ich aufstand und Miene machte, mich zu verabschieden. »Wir haben genug, falls du bleiben und mit uns essen möchtest.«
    Ihre spontane Einladung verblüffte mich, wie auch das Interesse in ihren Augen.
    Mein Fisch. Bald in meinem Bauch. Finkel reckte sich nach unten und beäugte erwartungsvoll den Inhalt des Einkaufskorbs.
    »Das Amulett wirkt in der Tat ausgezeichnet«, bemerkte Jinna halblaut. Ich merkte, dass ich unwillkürlich den Kragen vorn am Hals zusammenzog.
    »Ich fürchte, ich kann wirklich nicht bleiben, mein Herr erwartet mich zurück. Aber ich danke dir vielmals für die Einladung.«
    »Dann vielleicht ein anderes Mal«, meinte die Nichte, und Jinna fügte hinzu: »Ganz gewiss ein anderes Mal, Schatz. Bevor er uns verlässt, will ich euch noch schnell bekannt machen. Dies ist Tom Dachsenbless. Er hat mich gebeten, nach seinem Sohn Ausschau zu halten, einem jungen Freund von mir namens Harm. Harm wird möglicherweise ein oder zwei Tage bei uns bleiben. Dann wird Tom uns ganz bestimmt zum Essen die Ehre geben. Tom Dachsenbless, dies ist meine Nichte Miskya.«
    »Es ist mir ein Vergnügen«, begrüßte ich die junge Frau. Ich nahm mir die Zeit, mich freundlich zu verabschieden, bevor ich hinauseilte in die Hitze und den Lärm der Stadt. Auf dem Weg hinauf zur Burg beobachtete ich das Mienenspiel der Leute, die mir entgegenkamen. Mir wollte scheinen, dass ich häufiger als sonst ein Lächeln auf den Gesichtern sah, aber das konnte auch daran liegen, dass ich die Menschen anschaute. Gewöhnlich war ich darauf bedacht, den Blick abgewandt zu halten. Jemand, den man nicht bemerkt, ist jemand, an den man sich nicht erinnert, und übersehen zu werden ist das Bestreben eines jeden Meuchelmörders. Dann rief ich mir ins Gedächtnis, dass ich dieser Zunft nicht mehr angehörte. Trotzdem fasste ich den Entschluss, in meiner Kammer das Halsband abzunehmen. Dass Wildfremde mich ohne Grund wohlwollend anstrahlten, war beunruhigender als ebenso grundlos mit Misstrauen beäugt zu werden.
    Wieder fragte am Burgtor keiner der Wächter nach meinem Woher und Wohin. Die Sonne stand hoch, der Himmel war blau und wolkenlos, und falls

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