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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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gesagt, um meinetwillen wirst du dies lernen. Du hast es mir versprochen. Aus diesem Grund habe ich dich hierher gebracht, wo es keine Ablenkung gibt. Sei die Katze.
    Es ist zu schwer. Lass mich dich erst mit meinen Augen sehen. Ich flehe dich an.
    Sobald du bereit bist. Sobald du ebenso leicht Katze sein kannst wie Mensch. Dann bist du würdig, mich zu erschauen.
    Sie war vor mir. Ich quälte mich hinter ihr den Hang hinauf, von jedem Strauch gegeißelt, jede Mulde, jeder Stein eine heimtückische Fußangel. Mein Mund war ausgedörrt. Die Nacht war kühl, doch während ich mich durch das Buschwerk kämpfte, stiegen mir Staub und Pollen in die Nase und machten das Atmen schwer. Warte!
    Das Wild wartet nicht. Eine Katze sagt nicht dem Wild, welches sie jagt, dass es warten soll. Sei die Katze.
    Für einen Sekundenbruchteil glaubte ich, sie sehen zu können, dann schloss sich das hohe Gras um ihre Gestalt und sie war verschwunden. Nichts regte sich mehr. Alles war still. Ich wusste nicht mehr, welche Richtung ich einschlagen musste. Die Nacht lag schwarz unter dem goldenen Mond, hinter mir waren die Lichter von Tosen in den Hügelfalten verschwunden. Noch einmal atmete ich tief ein und presste dann die Lippen zusammen, entschlossen, lautlos durch die Nase zu atmen und wenn ich dabei erstickte. Ich setzte mich in Bewegung, ein gleitender Schritt nach dem anderen. Zweige schob ich nicht zur Seite, ich pendelte um sie herum. Meine Füße schmeichelten durch das Gras, statt es niederzutreten. Was hatte sie zu mir gesagt? Sei die Nacht. Nicht der Wind, der die Zweige schüttelt, auch nicht die Eule mit lautlosem Flügelschlag oder die regungslos geduckte Maus. Sei die Nacht, die über alles fließt, alles berührt, ohne gefühlt zu werden. Denn die Nacht ist eine Katze. Nun gut, dann war ich also die Nacht, glatt und schwarz und lautlos. Unter den schützenden Ästen eines Eichbaums machte ich Halt. Die Blätter regten sich nicht. Ich öffnete die Augen so weit es nur ging, um jedes Quentchen Licht aufzunehmen. Langsam drehte ich den Kopf hin und her. Ich blähte die Nasenflügel, atmete tief und lautlos durch den geöffneten Mund, um die Luft zu schmecken. Wo war sie, meine Liebste, in welche Richtung hatte sie sich gewandt?
    Unwillkürlich ging ich unter einem plötzlichen Gewicht in die Knie, als hätte ein bulliger Mann mir mit beiden Händen kräftig auf die Schultern geschlagen und wäre dann zurückgeschnellt. Ich fuhr herum, aber es war nur Katze. Sie hatte sich auf meinen Rücken fallen lassen und war von dort auf den Boden gesprungen. Im dürren Gras und Laub unter dem Baum kauernd, blickte sie zu mir auf und dann zur Seite. Ich ging vor ihr in die Hocke. »Wo, Katze? Wo ist sie?«
    Hier. Sie ist immer hier. Bei mir.
    Nach der tiefen, kehligen Stimme meiner Liebsten empfand ich die Gedanken von Katze als ein kratziges Schnurren. Ich hatte sie gern, aber ihre Gedanken zu spüren, während ich mich nach meiner Liebsten sehnte, war kaum zu ertragen. Sanft schob ich sie von mir weg, bemühte mich, ihren gekränkten Protest zu überhören.
    »Hier«, raunte ich. »Ich weiß, sie ist in der Nähe. Aber wo?«
    Näher als du denkst. Aber du wirst mich nie erkennen, solange du die Katze ausschließt. Öffne dich der Katze. Sei die Katze. Beweise dich mir.
    Katze entfernte sich lautlos von mir, löste sich auf in der Dunkelheit. Ich konnte nicht erkennen, wohin sie verschwunden war. Sie war Nacht, die in Nacht verging, als wollte man das Wasser wiederfinden, das man in einen Fluss gegossen hat. Ich atmete lautlos ein und machte mich bereit, ihr zu folgen, nicht allein mit den Füßen, sondern mit dem Herzen. Ich verweigerte mich der Angst und öffnete mich der Katze.
    Plötzlich war sie wieder da, eine sich im Dunkel verdichtende Silhouette. Sie schmiegte sich eng an mein Bein. Jagd.
    »Ja. Wir jagen, wir jagen sie, meine Liebste.«
    Nein. Wir werden gejagt Etwas wittert uns, etwas folgt Katze-und-Mann durch die Nacht. Höhe. Klettern.
    Sie ließ ihren Gedanken sogleich die Tat folgen und huschte an dem Stamm der Eiche hinauf. Baum zu Baum. Es kann uns da oben nicht wittern. Folge Baum zu Baum.
    Sie erwartete, dass ich es ihr gleichtat. Ich bemühte mich. Ich sprang hoch und warf die Arme um den Stamm, doch er war zu dick für mich, um daran hinaufzuklimmen, und die Rinde bot meinen unbekrallten Fingern wenig Halt. Ich musste aufgeben und rutschte nach unten, Stoff und Haut zerschleißend, umrieselt von Staub und

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