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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ihm so gut wie unter den Umständen zu erwarten. Leuenfarb trat ein paar Schritte abseits, um den Nachthimmel zu bewundern und dem jungen Prinzen Gelegenheit zu geben, sich mit seinem verletzten Stolz zu arrangieren.
    Nach kurzer Zeit weideten die Pferde so gierig, als hätten sie in ihrem ganzen Leben noch niemals Gras gesehen. Ich hatte die Sättel in einer Reihe nebeneinander gelegt, holte das Bettzeug aus den Taschen und fing an, Schlafstätten herzurichten. Falls irgend möglich, wollte ich versuchen, eine Stunde die Augen zuzumachen. Der Prinz schaute mir zu. Nach einer Weile fragte er: »Machst du kein Feuer?«
    »Und es Euren Freunden leichter, uns zu finden? Nein.«
    »Aber …«
    »So kalt ist es nicht. Und zu kochen gibt es auch nichts.« Ich schüttelte die letzte Decke aus. »Habt Ihr Bettzeug in Euren Satteltaschen?«
    »Nein.«
    Ich teilte die Decken neu auf, sodass sie für drei Schlafplätze reichten. Man sah ihm an, dass er über etwas nachdachte, dann schien er einen Entschluss zu fassen. »Ich habe Proviant. Und Wein.« Er atmete tief ein. »Scheint mir ein gerechter Tausch für eine Decke.«
    Ich hatte ein wachsames Auge auf ihn, als er herankam und anfing, seine Satteltaschen auszupacken.
    »Hoheit, was denkt Ihr von uns!«, erregte sich Fürst Leuenfarb. »Nicht im Traum würden wir daran denken, Euch auf der nackten Erde schlafen zu lassen.«
    »Ihr vielleicht nicht, Fürst. Ihm aber traue ich es zu.« Er bedachte mich mit einem bitterbösen Blick. »Euer Diener bezeigt mir nicht einmal die einfachste Höflichkeit, die ein Mensch dem anderen schuldet, geschweige denn den Respekt, den ein Untertan seinem Souverän entgegenbringen sollte.«
    »Er ist ein Raubein, Hoheit, aber deswegen doch ein treuer Diener.« Leuenfarb schaute mich warnend an.
    Ich schlug ostentativ die Augen nieder, brummte aber: »Einen Souverän respektieren? Vielleicht. Aber nicht ein grünes Bürschchen, das wegläuft und sich vor seiner Arbeit drückt.«
    Pflichtgetreu holte tief Luft, als wollte er aufbrausen, dann aber stieß er ihn zischend wieder aus und antwortete sehr beherrscht. »Du weißt gar nichts«, sagte er kalt. »Ich bin nicht weggelaufen.«
    Leuenfarbs Ton war diplomatisch. »Vergebung, Hoheit, aber so muss es uns scheinen. Die Königin fürchtete zuerst, Ihr könntet entführt worden sein, doch es wurden keine Lösegeldforderungen erhoben. Sie wollte vermeiden, die Edlen zu beunruhigen, auch nicht die Delegation der Outislander brüskieren, die in Kürze eintreffen wird, um Euer Verlöbnis mit der Narcheska zu besiegeln. Eure Abwesenheit bei dieser Zeremonie wäre ein Eklat sondergleichen, mit unübersehbaren politischen Folgen. Eure Mutter konnte nicht glauben, dass es Eure Absicht gewesen sein sollte, sie vor der Gesandtschaft zu beschämen und die Friedensverhandlungen zu gefährden. Dennoch sandte sie nicht ihre Leibgarde aus, um Euch zurückzuholen. Um einen Skandal zu vermeiden, bat sie mich, auf die Suche nach Euch zu gehen und Euch wohlbehalten nach Hause zu bringen. Und nichts anderes wollen wir tun.«
    »Ich bin nicht weggelaufen«, wiederholte Pflichtgetreu stur, und ich merkte, dass der Vorwurf ihn tiefer getroffen hatte als gedacht. »Dennoch habe ich nicht die Absicht, nach Bocksburg zurückzukehren.« Er hatte eine Flasche Wein zu Tage gefördert, jetzt packte er den Proviant aus. Räucherfisch, in ein Leinentuch eingeschlagen, mehrere Scheiben Honigkuchen mit kandierter Kruste und zwei Äpfel: nicht der übliche Reiseproviant, sondern Leckereien, mit denen loyale Gefolgsleute einen Prinzen verwöhnten. Er legte das Tuch ausgebreitet ins Gras und begann die Speisen mit katzenhafter Delikatesse in drei gleiche Teile zu teilen. Die einzelnen Portionen ordnete er jede für sich auf dem Tuch an. Nobel gehandelt, fand ich, unser zukünftiger König bewies Haltung in einer unangenehmen Situation. Er entkorkte den Wein und stellte ihn in die Mitte, dann lud er uns mit einer Handbewegung zum Mahl, und wir ließen uns nicht zweimal bitten. Auch wenn es für jeden nur wenig gab, es war ein Fest. Der Honigkuchen war süß, talgig und schwer von Rosinen. Ich steckte mir das ganze Stück in den Mund und bemühte mich, sehr langsam zu kauen, obwohl der Hunger in meinem Magen tobte wie ein reißendes Tier. Während wir uns über das Essen hermachten, hielt der Prinz, in den letzten Tagen reichlicher verköstigt als wir und deshalb weniger hungrig, sein Plädoyer in eigener Sache. »Wenn ihr mich zwingt,

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