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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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werde ich Euch einfangen und in Fesseln nach Bocksburg zurückbringen. Entscheidet Euch.«
    Er schaute mich an, mit einem starrenden, herausfordernden Blick, die größte Unhöflichkeit, die ein Tier dem anderen erweisen kann. Er blieb stumm. Sein Verhalten beleidigte mich in so mannigfacher Hinsicht, dass ich mich kaum beherrschen konnte.
    »Gebt Antwort.«
    Er machte schmale Augen. »Wer bist du denn, dass du es wagst, so zu mir zu sprechen?« Sein Tonfall war noch beleidigender als die Worte allein.
    In all den Jahren, die Harm bei mir vom Knaben zum Jüngling herangewachsen war, hatte er mich nie derart in Rage gebracht wie dieser naseweiße Bengel innerhalb eines Augenblicks. Ich zog Meine Schwarze herum. Ohnehin größer als der junge Prinz, zudem auf dem größeren Pferd sitzend, konnte ich aus einschüchternder Höhe auf ihn herabblicken. Ich beugte mich über ihn und musterte ihn auf die Art eines Wolfs, der einen unbotmäßigen Welpen auf seinen Platz verweist. »Wer ich bin? Ich bin der Mann, der Euch nach Bocksburg zurückbringt. Auf die eine oder andere Art. Fügt Euch darein.«
    »Dachsenble …«, begann Leuenfarb, doch es war zu spät. Der Ansatz einer Bewegung, ein kaum wahrnehmbares Muskelzucken, hatte mich gewarnt. Ohne zu überlegen, warf ich mich vom Sattel aus auf den Prinzen und riss ihn vom Pferd mit mir zu Boden. Wir landeten im hohen Gras, zum Glück für Pflichtgetreu, denn ich kam auf ihn zu liegen und klemmte ihn unter mir ein, ganz so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Beide Pferde schnaubten und scheuten, aber sie waren zu müde, um wegzulaufen. Meine Schwarze trabte ein paar Schritte, schnaubte einen weiteren Tadel in meine Richtung und steckte den Kopf ins Gras. Des Prinzen Stute, die heute schon so lange in ihrem Schlepptau gelaufen war, tat es ihr gleich.
    Ich setzte mich rittlings auf den Brustkorb des Prinzen und drückte seine Arme auf den Boden. Geräusche verrieten mir, dass der Fürst aus dem Sattel stieg, aber ich schaute mich nicht um, sondern blickte schweigend auf Pflichtgetreu hinunter. An dem mühsamen Heben und Senken seiner Brust erkannte ich, dass der Sturz ihm den Atem verschlagen hatte, doch gab er keinen Laut von sich, wollte mich auch nicht ansehen, nicht einmal, als ich ihm den Dolch wegnahm und in den Wald schleuderte. Er starrte angestrengt an mir vorbei zum Himmel, bis ich sein Kinn packte und ihn zwang, mir ins Gesicht zu blicken.
    »Entscheidet Euch!«
    Er schaute mir in die Augen, zur Seite und wieder mich an. Als er das zweite Mal den Blick abwandte, spürte ich, wie etwas von seiner zornigen Spannung sich löste. Sein Gesicht verzerrte sich kummervoll. »Aber ich muss zurück zu ihr«, brach es aus ihm heraus. »Ich erwarte nicht, dass du mich verstehst. Du bist nicht mehr als ein Hund, der ausgeschickt wurde, mich aufzuspüren und zurückzubringen. Alles andere kümmert dich nicht. Aber ich muss zu ihr. Sie ist mein Leben, mein Atem, nur mit ihr bin ich ganz. Wir gehören zusammen.«
    Tja, ihr werdet lernen müssen, ohne einander auszukommen. Um ein Haar wären mir diese Worte entschlüpft, ich konnte sie gerade noch zurückhalten. Lakonisch antwortete ich: »Ich verstehe durchaus. Aber das ändert nichts an dem, was ich tun muss. Es ändert auch nichts an dem, was Ihr tun müsst.«
    Fürst Leuenfarb trat zu uns, und ich erhob mich. »Dachsenbless, dies ist Prinz Pflichtgetreu, der Thronerbe aus dem Hause der Weitseher«, ermahnte er mich streng.
    Ich beschloss, den Ausweg zu nehmen, den er mir anbot und wieder in die alte Rolle zu schlüpfen. »Und nur deshalb hat er noch alle seine Zähne, Euer Gnaden. Die meisten Burschen, die mit dem Messer auf mich losgegangen sind, mussten für den Rest ihrer Tage das Brot in die Suppe tunken.« Ich bemühte mich, den grimmigen Bärenbeißer zu geben. Sollte der Bursche denken, dass mein Herr mich an der kurzen Leine hielt. Sollte er annehmen, dass mein Herr mich nicht immer bändigen konnte. Wenn er Angst vor mir hatte, konnte ich ihn leichter kirre machen.
    »Werde mich jetzt um die Pferde kümmern«, knurrte ich und ließ den Worten die Tat folgen, aber mit einem Auge und Ohr war ich bei dem Narren und Pflichtgetreu, während ich Sättel schleppte, Trensen abnahm und die Pferde mit Grasbüscheln notdürftig trockenrieb. Pflichtgetreu sah über des Fürsten hilfreich ausgestreckte Hand hinweg, stand vom Boden auf und klopfte sich ab. Nach seinem Befinden gefragt, erwiderte er mit steifer Förmlichkeit, es ginge

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