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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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mit euch zurückzureiten, bringt ihr euch nur in Gefahr. Meine Freunde werden kommen, um mich zu befreien. Und sie wird nicht einfach so von mir lassen – wie ich nicht von ihr. Und ich möchte nicht, dass jemand zu Schaden kommt. Nicht einmal du.« Er schaute mich an. Erst dachte ich, es sollte eine Drohung sein, doch es klang aufrichtig, als er fortfuhr: »Ich muss mit ihr gehen. Ich bin kein Knabe, der vor seinen Aufgaben davonläuft. Ich drücke mich nicht vor unangenehmen Dingen. Nein, ich habe mich denen angeschlossen, zu denen ich gehöre – durch mein Blut.« Seine bedächtige Art, die Worte zu setzen, erinnerte mich an Veritas. Seine Augen wanderten zwischen Leuenfarb und mir hin und her. Er schien einen Verbündeten zu suchen oder wenigstens Verständnis. Nach einer kurzen Pause leckte er sich über die Lippen, wie jemand, der im Begriff ist, ein großes Risiko einzugehen. Sehr leise fragte er: »Kennt ihr die Geschichte vom Gescheckten Prinzen?«
    Wir blieben beide stumm. Ich schluckte, was ich im Mund hatte, ohne etwas zu schmecken. War der Junge übergeschnappt? Dann nickte Fürst Leuenfarb einmal schwer.
    »Ich bin von seinem Blut. Wie es im Geschlecht der Weitseher von Zeit zu Zeit geschieht, wurde ich mit der Alten Macht geboren.«
    Ich wusste nicht, ob ich seine Ehrlichkeit bewundern sollte oder mir die Haare raufen wegen seiner Einfalt, sich ohne Not mit solch einem Bekenntnis selbst die Schlinge um den Hals zu legen. Während ich eine ausdruckslose Miene aufsetzte und mich bemühte, nicht durch einen Blick zu verraten, was ich dachte, fragte ich mich bang, ob er zu anderen in Bocksburg ebenso offen gewesen war.
    Ich glaube, dass wir uns gar keine Reaktion anmerken ließen, brachte ihn mehr aus der Fassung als alles, was wir hätten sagen oder tun können. Wir saßen beide nur da und schauten ihn an. Er holte Atem wie ein Glücksspieler vor einem hohen Einsatz. »Dann versteht ihr jetzt, weshalb es für alle am Besten wäre, wenn ihr mich gehen lasst. Die Sechs Provinzen werden keinen König dulden, der ein Zwiehafter ist, ebenso wenig kann ich von mir abtun, womit ich geboren bin. Ich werde nicht leugnen, was mein Erbe ist, das wäre feige und Verrat an meinen Freunden. Wenn ich zurückkehre, ist es nur eine Frage der Zeit, bis alle von meiner Alten Macht wissen. Unfrieden und Zwist unter den Edlen wird die Folge sein. Ihr solltet mich gehen lassen und meiner Mutter berichten, dass ihr mich nicht finden konntet. Das wäre für alle am besten.«
    Den Blick auf mein letztes Stück Fisch geheftet, fragte ich ruhig: »Gesetzt den Fall, wir kämen zu dem Schluss, es wäre für alle am besten, wenn wir Euch töten? Euch aufhängen, vierteilen und die Stücke dort am Bachufer verbrennen? Und dann der Königin berichten, wir hätten Euch nicht gefunden?« Ich schämte mich wegen der wilden Angst in seinen Augen, die ich verschuldet hatte, doch jemand musste ihn lehren, vorsichtiger zu sein. Nach einer Weile fügte ich die Moral von der Geschichte hinzu: »Nehmt Euch Zeit, Menschen kennen zu lernen, bevor Ihr Eure größten Geheimnisse mit ihnen teilt.«
    Oder eine frisch geschlagene Beute. Er kam zu mir lautlos wie ein Schatten, sein Gedanke streifte mich windhauchleicht. Nachtauge ließ ein Kaninchen, etwas ramponiert vom Transport, neben mir auf den Boden fallen. Die Innereien hatte er sich bereits einverleibt. Ohne Umstände pflückte er mir das Stück Räucherfisch aus den Fingern, schlang es herunter und streckte sich dann schwer seufzend an meiner Seite aus. Er bettete den Kopf auf die Vorderpfoten. Das Kaninchen ist mir fast ins Maul gesprungen. Ich habe niemals leichtere Beute gemacht.
    Der Prinz riss die Augen so weit auf, dass die ganze Iris von einem weißen Ring umgeben war. Sein Blick flog zwischen Nachtauge und mir hin und her. Ich glaube nicht, dass er unsere Gedanken mithören konnte, doch er wusste Bescheid. Mit einem Wutschrei sprang er auf. »Du solltest es verstehen! Wie kannst du mich nicht nur von meinem Geschwistertier wegreißen, sondern auch von der Frau, die gleich mir vom Alten Blut ist? Wie kannst du einen deinesgleichen verraten?«
    Ich hatte eigene wichtige Fragen. Wie hast du uns so schnell einholen können?
    Auf die gleiche Art wie seine Katze und aus mehr oder weniger dem gleichen Grund. Ein Wolf kann den geraden Weg nehmen, wo ein Pferd einen Bogen schlagen muss. Seid ihr darauf vorbereitet, dass sie kommen? Durch meine Hand, die auf seinem Rücken lag, fühlte ich die

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