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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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bestraft.«
    »Nach Meinung anderer fiel die Strafe härter aus als nötig, aber Chade war unerbittlich. Und er ließ es nicht dabei bewenden. Kurz darauf erging ein Gebot von Königin Kettricken, worin es hieß, der Alten Macht teilhaftig zu sein, wäre kein Verbrechen, sofern nicht ein Zwiehafter seine Kräfte anwendete, um Böses zu tun. Sie befahl den Herzögen, sie müssten ihren Baronen und Edelleuten verbieten, Zwiehafte hinzurichten, wenn ihre Schuld nicht ebenso unumstößlich bewiesen sei wie die eines gewöhnlichen Verbrechers. Das Edikt wurde nicht gut aufgenommen, wie du dir denken kannst. Wo es nicht vollständig missachtet wird, gibt es nach dem Tod eines Mannes immer reichlich Beweise für seine Schuld. Statt die Wogen zu glätten, hat das Wort der Königin die schwelende Glut der alten Feindseligkeit gegen die Zwiehaften zur hellen Flamme geschürt.
    Jene mit der Alten Macht aber hat es veranlasst zurückzuschlagen. Sie lassen sich keinen der ihren ohne Kampf entreißen. Manchmal beschränken sie sich darauf, den Betreffenden zu befreien, bevor er hingerichtet werden kann, doch häufig üben sie Rache nach ihrer Weise. Fast immer, wenn ein Zwiehafter getötet wurde, befällt alsbald irgendein Übel die Verantwortlichen. Ihr Vieh verendet, oder ihre Kinder werden von tollwütigen Ratten gebissen. Immer sind Tiere im Spiel. In einem Dorf fand in dem fraglichen Jahr die Fischwanderung nicht statt, auf die man dort angewiesen ist. Die Netze blieben leer und die Menschen mussten hungern.«
    »Lächerlich. Man verwechselt Zufall mit böser Absicht. Die Zwiehaften verfügen nicht über Kräfte, wie du sie beschreibst.« Ich sprach im Brustton der Überzeugung.
    Sie maß mich mit einem nachsichtigen Blick. »Und weshalb übernehmen die Gescheckten die Verantwortung für diese Taten, wenn sie nicht ihr Werk sind?«
    »Die Gescheckten? Wer sind die Gescheckten?«
    Sie hob eine Schulter und ließ sie wieder fallen. »Niemand weiß es. Sie geben sich nicht offen zu erkennen. Sie heften Manifeste an Herbergstüren oder Bäume und senden den Edelleuten Briefe. Immer das gleiche Lied: ›Soundso wurde zu Unrecht getötet; er war keines anderen Verbrechens schuldig, als der Alten Macht teilhaftig zu sein. Nun spürt unseren Zorn. Wenn der Gescheckte Prinz zurückkehrt, wird er kein Erbarmen mit euch haben.‹ Unterzeichnet sind sie nicht mit einem Namen, sondern mit dem Bild eines gescheckten Hengstes. Das Volk wird dadurch noch mehr erzürnt.
    Die Königin hat sich geweigert, ihre Garde zu schicken, um die Pest der Zwiehaften auszumerzen. Unter den Edlen wird gemunkelt, die Königin selbst trüge die Schuld für die vermehrten Exekutionen, denn mit ihrer Bestrafung von Lord Dolpin hätte sie bei den Zwiehaften den Eindruck erweckt, sie hätten das Recht, ihre unreinen Zauberkünste auszuüben.«
    Als Merle meine finstere Miene bemerkte, erinnerte sie mich: »Ein Vagant wiederholt nur, was er gehört hat. Weder erfinde ich Gerüchte, noch lege ich den Menschen Worte in den Mund, die sie nicht gesagt haben.« Sie trat von hinten an mich heran und legte mir die Hände auf die Schultern. »Nach all den Jahren, die wir uns kennen, solltest du wissen, dass ich dich nicht für unrein halte.« Sie beugte sich herab und gab mir einen Kuss auf die Wange.
    Über unserem Gespräch hatte ich fast meinen Entschluss vergessen. Beinahe hätte ich die Zärtlichkeit erwidert, stattdessen erhob ich mich ungeschickt, denn sie stand dicht hinter meinem Stuhl. Als sie versuchte, mich zu umarmen, verhärtete ich mein Herz. Ich hielt sie auf Armeslänge von mir ab. »Du gehörst nicht mir«, sagte ich.
    »Ebensowenig gehöre ich ihm !«, brauste sie auf. Ihre dunklen Augen blitzten zornig. »Ich gehöre mir selbst, und ich entscheide, wem ich meinen Körper gebe. Es gereicht keinem zum Schaden, wenn ich mit euch beiden zusammen bin. Schwanger kann ich nicht werden. Wenn es einem Mann möglich wäre, mich zu schwängern, wäre es längst geschehen. Was macht es also aus, wessen Bett ich teile?«
    Sie war klug und um vieles redegewandter als ich. Mir wollten keine stichhaltigen Einwände einfallen, deshalb bediente ich mich ihrer eigenen Worte: »Auch ich gehöre mir selbst und entscheide, wem ich meinen Körper gebe. Und ich gebe ihn nicht dem Weib eines anderen Mannes.«
    Da endlich glaubte sie es. Ich hatte ihre Habseligkeiten fein säuberlich neben dem Kamin aufgestapelt. Sie warf sich davor auf die Knie, riss ihre Satteltaschen zu sich

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