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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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als wollte er nach mir greifen und die Berührung erneuern. »Während all der Jahre«, sagte er und seine Stimme war golden wie seine Haut, »bist du bei mir gewesen, zum Greifen nah, obwohl doch Zeit und Raum uns trennten. Dein Fluidum erreichte mich gleich dem Summen einer gezupften Saite oder wie ein Duft, vom Wind herangetragen. Hast du es nicht so empfunden?«
    Ich zögerte, in der Furcht, meine Antwort könnte ihn verletzen. »Nein. Ich wünschte, es wäre so gewesen. Zu oft habe ich mich einsam gefühlt, verlassen, allein, bis auf Nachtauge. Zu oft habe ich am Rand der Klippen gesessen und hinausgegriffen nach irgendjemandem irgendwo, doch nie gespürt, dass einer versuchte, mich zu berühren.«
    Er schüttelte den Kopf. »Besäße ich die Gabe wirklich, so hättest du gefühlt, dass ich da bin. Zum Greifen nah, aber stumm.«
    Mir wurde seltsam leicht ums Herz bei seinen Worten, ohne dass ich recht gewusst hätte, warum. Er stieß einen merkwürdigen Laut aus, ein Mittelding zwischen einem Glucksen und einem Zwitschern, und sofort kam die Stute zu ihm und schnupperte an seiner ausgestreckten Hand. Er reichte mir die Zügel, denn er wusste, dass ich es kaum abwarten konnte, mich mit dem edlen Tier zu befassen. »Hier. Reite sie den Pfad hinunter bis zur Straße und zurück. Ich wette, du hast nie ein Pferd ihrer Klasse unter dem Sattel gehabt.«
    Sobald ich die Zügel in der Hand hielt, kam die Stute zu mir. Sie drückte die Nase gegen meine Brust und atmete mit geweiteten Nüstern meinen Geruch ein. Dann hob sie den Kopf und versetzte mir einen leichten Stüber unter das Kinn, als wollte sie mich ermuntern, das Angebot des Narren anzunehmen. »Weißt du, wie lange es her ist, seit ich überhaupt auf einem Pferd gesessen habe?«, fragte ich beide.
    »Zu lange. Worauf wartest du noch?« Es war die Art eines Knaben, dieses spontane Teilhabenlassen an einem kostbaren Besitz, und mein Herz antwortete, sagte mir, dass, ganz gleich wie lange wir getrennt gewesen waren, durch wie viele Länder und Meere, sich nichts Grundlegendes zwischen uns geändert hatte.
    Ein drittes Mal ließ ich mich nicht bitten. Ich setzte den Fuß in den Steigbügel und schwang mich in den Sattel, und obwohl es so lange her war, spürte ich sofort den Unterschied zwischen dieser Stute und meinem früheren Pferd, Rußflocke. Sie war kleiner, feingliedriger, schmaler zwischen den Schenkeln. Ich kam mir plump und schwerhändig vor, als ich sie ein paar Schritte gehen ließ, dann wendete ich sie fast mit dem Gedanken allein. Ich verlagerte mein Gewicht, nahm die Zügel kürzer und sie trat ohne Zögern rückwärts. Ein törichtes Grinsen breitete sich über mein Gesicht. »Sie hätte es mit Bocksburgs besten Rossen aufnehmen können, als Burrich noch das edelste Blut in seinen Ställen hütete.« Ich legte die Hand auf ihren Widerrist und spürte die tanzende kleine Flamme ihres hellwachen Geistes. Es war keine Anspannung zu fühlen, nur Neugier. Der Wolf saß auf dem Vorbau und beobachtete mich ernst.
    »Los, den Pfad hinunter«, forderte der Narr mich auf. Sein Grinsen war das Spiegelbild des meinen. »Und gib ihr den Kopf frei. Sie soll dir zeigen, was sie kann.«
    »Wie heißt sie?«
    »Malta. Den Namen hat sie von mir. Ich habe sie in Shoaks gekauft, auf dem Weg hierher.«
    Ich nickte. In Shoaks züchteten sie kleine, leichte Pferde für ihre weiten, windgepeitschten Ebenen. Demnach war sie ein genügsames Tier und konnte bei wenig Futter große Strecken zurücklegen. Ich beugte mich ein wenig vor. »Malta«, sagte ich und sie verstand die Aufforderung in meinem Tonfall. Sie bekam Flügel.
    Falls der Tagesritt zu meiner Hütte sie ermüdet hatte, war es ihr nicht anzumerken. Eher kam es mir vor, als wäre sie nach den Stunden in gemäßigtem Trab oder Schritt froh über die Gelegenheit, die Glieder zu strecken. Wir flogen unter den überhängenden Bäumen hindurch, und der Trommelwirbel ihres Hufschlags auf dem festgetretenen Pfad weckte ein Echo in meinem Herzen.
    Wo mein Pfad in die Landstraße mündete, parierte ich behutsam durch. Die Stute atmete nicht einmal schneller, beugte nur den Nacken und gab mir mit einem winzigen Ruck am Zügel zu verstehen, dass sie gern bereit war weiterzulaufen. Ich hielt sie am Platz und schaute nach links und rechts. Im Sattel dieses edlen Tieres erschien die Straße wie ein vor mir ausgerolltes Band. Ich blinzelte in das weiche Licht des zu Ende gehenden Tages, entdeckte die blauen Hügel und die Berge

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