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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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vor dem abendlichen Horizont. Das Pferd zwischen meinen Schenkeln brachte die Welt näher an meine Tür. Ich saß still im Sattel und ließ meine Augen eine Straße entlangwandern, die mich früher oder später zurück nach Bocksburg bringen würde oder an jeden beliebigen anderen Ort meiner Wahl. Das abgeschiedene Leben in meiner Hütte mit Harm erschien mir plötzlich so eng und beengend wie eine ausgewachsene Haut. Ich wollte mich herauswinden wie eine Schlange und sie abwerfen, um neu und glänzend in eine größere Zukunft hinauszutreten.
    Malta schüttelte den Kopf, dass Mähne und Troddeln flogen und machte mir bewusst, wie lange ich meinen Gedanken nachgehangen hatte. Die Sonne berührte den Horizont. Die Stute ertrotzte sich ein, zwei Schritte gegen meinen anstehenden Zügel. Sie hatte ihren eigenen Kopf und war gleich willens, mich im Galopp die Straße entlangzutragen oder gemächlich zurück zu meiner Hütte. Also schlossen wir einen Kompromiss: Wir nahmen den Pfad zur Hütte, aber ich überließ es ihr, die Gangart zu wählen, einen rhythmischen Kanter. Als ich sie vor der Hütte zum Stehen brachte, steckte der Narr den Kopf aus der Tür. »Der Kessel ist aufgesetzt«, rief er. »Bring meine Satteltasche mit, sei so gut. Ich habe Kaffeebohnen dabei, aus Bingtown.«
    Ich brachte Malta neben dem Pony unter, gab ihr frisches Wasser und was an Heu da war – nicht viel, das Pony konnte sich gut selbst versorgen und begnügte sich mit der kargen Weide am Hang hinter der Hütte. Das kostbare Zaumzeug des Narren wirkte an der rohen Bretterwand fehl am Platz. Ich warf mir die Taschen über die Schulter und ging durch die tiefer werdende Sommerabenddämmerung zum Haus. Die Fenster waren erleuchtet, Kochtöpfe klapperten einladend. Als ich eintrat und die Taschen auf den Tisch legte, sah ich den Wolf sich vor dem Kamin räkeln, um sein feuchtes Fell zu trocknen, und den Narren, wie er einen Bogen um ihn machte, um einen Kessel über das Feuer zu hängen. Ich zwinkerte, und für die Dauer eines Lidschlags war ich wieder im Haus des Narren in den Bergen und genas von meiner alten Wunde, während er sich zwischen mich und die Welt stellte, damit ich in Ruhe zu Kräften kommen konnte. Damals wie heute schuf er eine Wirklichkeit um sich herum, ein Eiland aus warmem Feuerschein und dem einladenden Geruch von backenden Brotfladen.
    Er richtete die hellen Augen auf mich, ihr Gold spiegelte den Flammenschein. Licht floss über seine Wangenknochen, spielte in seinem Haar. Ich schüttelte leicht den Kopf. »In der Spanne eines Sonnenuntergangs zeigst du mir die ganze Welt vom Rücken eines Pferdes und die Seele der Welt in meinen eigenen vier Wänden.«
    »O, mein Freund«, sagte er halblaut. Mehr als das brauchte es nicht als Antwort.
    Wir sind ganz.
    Der Narr legte den Kopf schräg, als hätte er weit weg etwas gehört, oder wie ein Mann, der versucht, sich an etwas Wichtiges zu erinnern. Ich tauschte einen Blick mit dem Wolf. Er hatte Recht. Wie die Stücke eines zerbrochenen Gefäßes, die so genau zusammengefügt werden, dass der Riss nicht mehr zu sehen ist, gesellte der Narr sich zu uns und machte uns vollständig. Wo Chades Besuch mich mit Fragen und Wünschen erfüllt hatte, war die Gegenwart der Narren in sich selbst eine Antwort und eine Befriedigung.
    Er hatte sich aus meinem Garten und meiner Vorratskammer bedient. Neue Kartoffeln und Möhren und purpurne und weiße Rübchen dünsteten in einem Topf. Frischer Fisch mit einer Lage Basilikum puffte kleine Dampfwolken unter dem klappernden Deckel hervor. Als ich mit einem Blick darauf die Brauen hob, bemerkte der Narr trocken: »Der Wolf scheint sich mein Faible für Flossentiere gemerkt zu haben.« Nachtauge legte die Ohren zurück und rollte demonstrativ die Zunge aus dem Maul. Herdfladen und Blaubeermarmelade sollten das Schlemmermahl abrunden. Er hatte meinen Sandsegger aufgespürt. Die Flasche wartete auf dem Tisch.
    Er kramte in seinen Taschen und förderte ein stoffernes Säckchen prallvoll mit ölig schimmernden schwarzen Bohnen zu Tage. »Riech mal«, forderte er mich auf, und dann musste ich die Bohnen zerstoßen, während er meinen letzten verfügbaren Topf mit Wasser füllte und ans Feuer setzte. Wir sprachen kaum ein Wort. Er summte vor sich hin und das Feuer knisterte, während Topfdeckel klapperten und gelegentliche Spritzer im Feuer verzischten. Der Stößel im Mörser machte ein heimeliges Geräusch, als ich die aromatischen Bohnen zermalmte. Wir

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