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Die Zweitfrau

Die Zweitfrau

Titel: Die Zweitfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Ploetz
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den Worten:
    „ Peter, leb‘ wohl.“
    Sie halten sich im Arm und weinen gemeinsam. Ich bewundere sie für ihren Mut, hergekommen zu sein. Nicht jeder schafft das.
    Am Abend packen wir seinen Koffer und dann sitze ich, wieder gemeinsam mit Mieze, bei Peter am Bett. Wir halten uns an den Händen, reden wieder miteinander und versichern uns, dass es ja noch nicht soweit ist. Er wird sicher noch einige Male nach Hause kommen. Spät verlasse ich ihn. Unsere letzte gemeinsame Nacht in der Wohnung ist gekommen. Nun bereiten wir uns auf den morgigen Abschied vor.

Dritter Teil

    Kapitel 1

    E iner schrecklichen Nacht folgt ein schrecklicher Morgen. Ich bin sehr früh wach, habe nicht das Gefühl, überhaupt geschlafen zu haben. Schon ab 4.00 Uhr morgens bin ich auf, schleiche durch die Wohnung. Bei allem was ich ansehe und was ich tue, ist mir bewusst, dass Peter in 24 Stunden nicht mehr hier sein wird. Bei dem Gedanken dreht sich mir der Magen um, ich zittere innerlich, bekomme kaum noch Luft, weine, wettere gegen Gott und die Welt, das Blut rauscht in meinen Ohren, ich bekomme Nasenbluten, bin völlig außer mir. Ich trinke Kaffee und rauche, als würde mein Leben davon abhängen. Natürlich, so wie es ihm jetzt geht, will ich ihn nicht halten. Aber ich wünsche mir die Zeit zurück, in der er noch nicht krank gewesen ist. Die Zeit, als wir beide gedacht haben, wir haben alle Zeit der Welt. Denkt man das nicht immer?
    Peter selbst wird zur gewohnten Zeit wach, verlässt sein Zimmer, kommt auf mich zu und umarmt mich fest. Ich weine sofort wieder los. Er streichelt meine Wangen und sagt leise:
    „Glaub mir, es ist das Beste so, wenn ich ins Hospiz gehe. Der einzig richtige Weg. Oder hast du Zweifel?“
    „Quatsch, Zweifel habe ich nicht, mir wäre es einfach lieber, du wärst gesund, müsstest nicht weg von mir. Was soll ich nur ohne dich machen? Wie soll ich weiter leben? Ich habe Angst und bin unendlich traurig über alles.“
    Wir halten uns fest umschlungen und stehen eine Weile so da. Dann mache ich mich los und frage ihn, ob er noch Kaffee trinken will und etwas essen.
    „Ja, ein Stück Brot wird gut sein“, antwortet er mir, „wer weiß, wann es dort Mittagessen gibt.“
    Ich eile in die Küche und stelle erneut die Kaffeemaschine an, während er ins Bad geh t, um zu duschen. Schnell decke ich den Tisch, obwohl mir selbst gar nicht nach essen ist. Aber ich will nach Möglichkeit alles so machen, wie er es haben will. Mehr kann ich gar nicht mehr für ihn tun.
    Als Peter angezogen ist, kommt er ins Wohnzimmer und wir setzen uns zum letzten Mal gemeinsam in unseren Erker, der wieder sonnendurchflutet ist. Bedächtig trinkt er eine Tasse Kaffee und schmiert sich sein Marmeladenbrot. Und ganz langsam beginnt er zu essen. Immer wieder treffen sich unsere Blicke. Es gibt nichts mehr zu sagen, was soll man auch in der Situation noch reden? Plötzlich aber beginnt er zu sprechen:
    „Weißt du, wir haben doch auch viel Glück gehabt. Durch die damalige OP haben wir doch viel Zeit gewonnen, die wir noch miteinander verbringen konnten. Wir sind sogar noch im Urlaub an der Ostsee gewesen, in Wien und haben doch auch sonst noch vieles machen können.“
    Ich bin wie erstarrt, finde nicht gleich die richtigen Worte. Dann aber sage ich:
    „Ich möchte dir eine Frage stellen, darf ich?“
    „Mein allerliebster Liebling, du darfst jede Frage stellen, die dir einfällt.“
    Ich schlucke und frage dann:
    „Hat sich der ganze Aufwand gelohnt? War es richtig? Würdest du wieder diesen Weg gehen, alles zu versuchen? Die Chemo, die OP, die Bestrahlung? All die Schmerzen, dieses „dich elend fühlen“? Ist das noch Leben, wie man es allgemein nennt?“
    Ich schaue ihn fragend an. Lange sagt er nichts, scheint nachzudenken über meine Frage. Dann schaut er mir in die Augen und antwortet endlich:
    „Nein, ich würde es nicht mehr tun. Ich würde auch niemals jemanden dazu raten. Ob es Leben ist? Ich weiß es nicht. Es ist auf jeden Fall kein Leben, wie man es sich vorstellt, oder wünscht. Es wäre vielleicht besser gewesen, ich hätte damals nichts machen lassen. Dann wäre es wohl schnell vorbei gewesen, aber viele Schmerzen, viele Torturen, die ich durchgemacht habe, hätte es eben auch nicht gegeben. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr, es ist wie es ist. Es tut mir nur so leid, dass du all das hast mitmachen müssen. Das hast du, nach all der Zeit die du auf mich gewartet hast, nicht verdient.“
    Ich stehe auf, gehe um

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