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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Tungdils Daumen fuhr prüfend über die Schneide der Axt. Die Bäume werden zu spüren bekommen, was es heißt, sich mir in den Weg zu stellen.
    Die Sonne wanderte weiter.
    Der Zwerg gewöhnte sich allmählich an das Licht, das bereits schwächer wurde und sich in zartes Orange wandelte. Die Dämmerung, die seinen Augen schmeichelte, würde bald hereinbrechen, und bis dahin wollte er noch einige Meilen gelaufen sein. Vielleicht würde er an einem Gehöft vorbeikommen, wo man ihm über Nacht Unterschlupf gewährte.
    Entschlossen stemmte er sich in die Höhe, hing sich den Rucksack und den Lederbeutel des Magiers über den Rücken, klemmte die Axt in den Gürtel und stapfte los. Eine Weile schimpfte er noch über die Sonne, was ihn zwar nicht schneller machte, aber ungemein erleichterte.
     
    *
     
    Als Tungdil am fünften Tag seiner bislang ereignislosen Wanderung aus dem Wald trat und die Palisaden eines umzäunten Großdorfes betrachtete, verschwand die Sonne soeben hinter einem Hügel.
    Über dem Tor erhob sich ein hölzerner Wachturm, auf dem zwei Männer auf und ab gingen. Zuerst entdeckten sie seine gedrungene Gestalt nicht, dann aber wurde einer der Wächter auf ihn aufmerksam. Ihrem Verhalten nach stuften sie den Zwerg jedoch nicht als Bedrohung für den Ort ein.
    Tungdil freute sich. Nach vier kühlen Nächten zwischen Eichhörnchen, Füchsen und zu viel Grün warteten auf der anderen Seite der Befestigung bestimmt eine Schenke, gutes Bier, ein warmes Essen und ein weiches Bett auf ihn. Sein Magen grummelte.
    Als er vor dem Tor ankam, blieb der Durchgang verschlossen. Die Wachen lehnten sich über die Brüstung und beobachteten, was der Zwerg tat.
    »Meinen Gruß! Lasst mich ein, ich möchte die Nacht nicht unter freiem Himmel verbringen«, rief er laut und musterte die beiden Männer. Ihre Plattenrüstungen sahen gepflegt und gut gearbeitet aus; der Schmied, der sie anfertigte, wusste, auf was es ankam, soweit Tungdil das auf die Entfernung beurteilen konnte. Es bedeutete auch, dass die Männer auf den Schutz angewiesen waren und ihn nicht nur wegen der äußeren Wirkung trugen. Dörfler waren das nicht.
    Dann machte er eine weitere Entdeckung. Was er im Schein der Fackeln auf den Palisaden für Zierköpfe gehalten hatte, entpuppte sich bei genauerem Hinsehen als echte Schädel. Die Dorfbewohner spickten ihre Palisaden mit den abgetrennten Häuptern von drei Dutzend Orks!
    Tungdil hatte seine Zweifel daran, dass es ein guter Gedanke war, die Scheusale auf diese Weise zu verhöhnen. Orks ließen sich durch die aufgespießten Köpfe ihrer getöteten Artgenossen ebenso wenig von Überfällen abhalten wie Krähen vom Plündern eines Feldes. Sie verstanden diese Art von Ausstellung eher als Anreiz, die Menschen für ihre Taten zu vernichten.
    Daraus erfuhr der Zwerg zwei Dinge. Erstens befand er sich in Idoslân, zweitens waren die Männer, die sich die Dorfbevölkerung zur Bekämpfung der Orks anheuerte, ausgezeichnet, doch leider ohne Verstand. Er konnte sich das herausfordernde Verhalten nur so erklären, dass die Söldner Prämien für die Zahl der abgeschlagenen Schädel erhielten. Die Soldaten legten ihre grausigen Köder aus, um das nächste Rudel Orks anzulocken.
    »Was ist nun?«, forderte er ungehalten. »Warum darf ich nicht hinein?«
    »Du stehst vor Gutenauen im schönen Idoslân. Hast du unterwegs Orks gesehen, Unterirdischer?«, erhielt er zur Antwort.
    »Nein, keine«, entgegnete er und gab sich Mühe, höflich zu bleiben; die Bezeichnung »Unterirdischer« empfand er als abwertend. »Und ich bin ein Zwerg, wenn’s recht ist, so wie ihr Menschen und keine Oberirdischen seid.«
    Die Männer lachten. Einer von ihnen gab ein Handzeichen, der rechte Flügel öffnete sich knarrend und gewährte Tungdil Einlass. Zwei weitere schwer bewaffnete Söldner standen zur Begrüßung bereit und musterten ihn argwöhnisch.
    »Tatsächlich, ein Zwerg«, raunte der eine gebannt. »Sie sind gar nicht so klein, wie man sich immer erzählt.«
    Tungdils Laune sank, denn das Angaffen behagte ihm nicht. Er hatte vergessen, wie selten die Menschen Zwerge sahen. »Habt ihr nun genug geschaut? Könnt ihr mir sagen, wo ich eine Unterkunft für die Nacht bekomme?«
    Die Wächter erklärten ihm, wo das nächste Wirtshaus zu finden war. Tungdil schlenderte die staubige Straße entlang und erreichte schon bald das Gasthaus. Ein an den Türbalken genagelter, von der Witterung gezeichneter Holznapf und ein nicht weniger

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