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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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ramponierter Krug versprachen dem Besucher zwar keine Köstlichkeiten, aber immerhin ein solides Mahl und einen Schluck Bier dazu.
    Tungdil gab sich Mühe, unauffällig einzutreten. Als er den Holzriegel nach oben schob und gegen das Holz drückte, schrien die verrosteten Türangeln auf. Es war die einfachste und zugleich wirkungsvollste Vorrichtung, sich gegen Schleicher zu schützen; diesen Laut des geschundenen Metalls überhörte gewiss niemand. Der Zwerg zögerte und betrat dann den Schankraum.
    Zehn Dorfbewohner saßen bei Met und Bier an den grob gezimmerten Tischen; Tabak, Essensdüfte und Körpergerüche verbanden sich zu einem gewöhnungsbedürftigen Bouquet. Die Kleider der Leute waren einfach: Mit Jutehemden oder ungefärbten Wollstoffen schützten sie sich gegen die Kühle des Frühlingsabends. Ihre Füße steckten in dicken Socken und geschnürten Schuhen.
    Zwei Dorfbewohner nickten ihm zögernd zu, die anderen beschränkten sich darauf, ihn anzustarren.
    Das dachte ich mir. Der Zwerg erwiderte den Gruß und ging zu einem freien Tisch. Die Möbel waren zwar wie immer zu groß für ihn, aber das störte ihn nicht. Er bestellte sich eine warme Mahlzeit und einen großen Humpen Bier. Kurz darauf standen eine Schüssel mit dampfendem Getreidebrei und zerkleinertem Fleisch sowie ein Krug Gerstensaft vor ihm.
    Heißhungrig machte er sich über das Essen her. Es schmeckte bodenständig, leicht angebrannt und etwas fad, aber es war warm. Das wässrige, hellgelbe Bier wurde seinem zwergischen Anspruch nicht gerecht, doch er trank es. Er wollte keinen Streit vom Zaun brechen und zudem noch ein Bett für die Nacht bekommen.
    Einer der Männer betrachtete ihn so eindringlich, dass er es förmlich spürte. Tungdil warf ihm einen auffordernden Blick zu.
    »Ich frage mich, was ein Unterirdischer ausgerechnet jetzt bei uns will«, sagte der Dörfler so laut, dass selbst der Schwerhörigste es vernahm, und stieß den Rauch seiner Pfeife gegen die rußgeschwärzte Decke.
    »Ein Bett.« Der Zwerg kaute langsamer, senkte den Löffel in die klebrige Masse und wischte sich die Reste aus dem kurzen Bart. Ein Mensch, der Ärger suchte – das fehlte ihm noch zu seinem Glück. Der Ton des Mannes war eindeutig. Aber nicht mit mir. »Ich möchte keine Scherereien mit Euch«, stellte er fest. »Ich habe die letzten Nächte in der Wildnis verbracht und bin Vraccas dankbar, dass ich ein Nachlager gefunden habe, das nicht aus Laub und Zweigen besteht«, sagte er trotzig.
    Die anderen Gäste feixten und lachten. Manche verbeugten sich übertrieben vor dem Pfeifenraucher und redeten ihn mit »Ihro Gnaden« und »Ihre Erhabenheit« an; jemand setzte dem Mann einen leeren Humpen als Krone auf. Sie fanden es lustig, dass der Zwerg die höflichste aller Anreden für einen einfachen Dörfler gebrauchte.
    »Oho, der Zwerg hat studiert. Ist wohl ein feiner Pinkel?« Wütend schlug der Mann sich den Krug vom Schopf und wandte sich seinen Leuten zu. »Ja, lacht nur, ihr Deppen! Ich weiß, warum ich misstrauisch bin. Wenn ihn die Orks geschickt haben, um uns auszuspionieren, und er denen heute Nacht das Tor öffnet, bleibt euch das Grölen schon noch im Hals stecken!«
    Die Heiterkeit verflog.
    Tungdil erkannte, dass es für ihn gefährlich werden konnte, wenn er nicht aufpasste. Vor allem musste er aufhören, wie ein Gelehrter zu sprechen. Ein Zwerg an sich war schon ungewöhnlich genug.
    »Das Volk der Zwerge und die Orks sind unversöhnliche Feinde«, erwiderte er ernst. »Ein Zwerg würde mit ihnen niemals gemeinsame Sache machen.« Er reckte dem Mann die Hand entgegen. »Da, mein Wort, mein Ehrenwort, dass ich keinen Verrat im Schild führe. Das schwöre ich bei Vraccas, der die Zwerge erschuf.«
    Der Pfeifenraucher betrachtete die kräftigen Finger und überlegte, was er tun sollte. Schließlich schlug er ein und drehte Tungdil den Rücken zu.
    Der Schankwirt brachte dem erleichterten Zwerg ein frisches Bier. »Du musst ihm verzeihen. Wir sind alle angespannt«, beeilte er sich zu erklären. »Die Orks ziehen bereits seit vielen Umläufen durch den oberen Westen Idoslâns und plündern Siedlungen.«
    »Deshalb die Söldner?«
    »Ja. Wir haben die Krieger angeheuert, um unser Dorf zu beschützen, bis König Tilogorns Soldaten eintreffen und die Horden vernichten.« Er wandte sich zum Gehen.
    »Warte!« Tungdils Hand legte sich auf seinen fleckigen Ärmel. Eine vage Hoffnung keimte in ihm auf. »Sind Zwerge in seiner Streitmacht? Ich habe

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