Die Zwillingsschwestern
»Danke«, sagte ich.
»Finden
Sie die Fotografie so interessant?« fragte sie.
»Klar«,
sagte ich. »Ihre Mutter?«
»Mein
ehemaliger Mann«,sagte sie gleichgültig. »Jonathan Blake. Ein großer weißer
Jäger, bum-bum! Ein eingebildeter Strolch — der sich für witzig hält.«
»Wo
hält er sich zur Zeit auf?«
Prudence
zuckte die Schultern. »Wieder in Afrika, wie ich hörte. Hoffentlich fressen ihn
die Löwen.«
Aufmerksam
schaute ich mich im Zimmer um. »Haben Sie zur Zeit einen Gatten?«
»Einer
genügte mir«, erklärte sie brüsk.
»Jetzt
fällt mir das Atmen schon wieder leichter«, sagte ich.
»Sie
brauchen sich keine Gedanken zu machen, Leutnant«, sagte sie in beruhigendem
Ton. »Wir werden nicht gestört werden.«
»Prima.«
Ich hob mein Glas. »Auf eine interessant« Freundschaft, solange ich nicht als
Fünfter im Bunde auf Ihrer Wäschekommode lande und Sie mich >Teeny<
nennen.«
»Irgendwie
muß ich Sie ja nennen. Wenn ich Sie Leutnant nenne, klingt das so formell.«
»Sie
können mich Al nennen«, gestattete ich ihr großzügig. »Das hat zwei Vorzüge: Es
ist kurz und ich heiße wirklich so. Und wie soll ich Sie nennen? Prudence, Lady
Macbeth oder Nachtschwärmer?«
»Einigen
wir uns auf Pru«, sagte sie. »Das hat dieselben Vorzüge wie Al.«
»So,
jetzt kennen wir uns«, bemerkte ich.
Sie
drehte sich ein bißchen zur Seite und ließ sich dann graziös auf meinen Schoß
fallen.
Belustigt
schaute sie mich aus ihren grünen Augen an. »Ich wette, Sie denken, ich wollte
Sie verführen«, sagte sie.
»Wenn
Sie es nicht tun, wird mein Magengeschwür zu bluten anfangen«, sagte ich
niedergeschlagen.
»Und
ich wette auch, Sie denken, Ihr tödlicher Charme und Ihre unwiderstehliche
Männlichkeit seien Schuld daran«, fuhr sie fort.
»Diese
Dinge stelle ich nie in Frage«, sagte ich bescheiden. »Wenn mein Kopf
anschwillt, muß ich einen neuen Hut kaufen.«
»Bei
meinem Geld brauche ich mich nicht anzustrengen, jemanden zu verführen«, fuhr
sie im Plauderton fort. »Ich habe die Auswahl unter neunzig Prozent der
männlichen Bevölkerung.«
»Wenn
ich schon nicht außergewöhnlich bin«, sagte ich hoffnungsvoll, »dann bin ich
wenigstens zur Stelle.«
Pru
schüttelte leicht den Kopf: »Sie wissen es nicht, Al, aber ich will etwas von
Ihnen — versuchen Sie nicht, es zu erraten; Sie würden nicht darauf kommen.« Um
eine größere Wirkung zu erzielen, schob sie eine Pause ein. »Ich möchte, daß
Sie mir helfen, meine Sammlung zu vergrößern.«
»Eine
falsche Bewegung, und ich bin verschwunden!« warnte ich. »Ich habe nicht die
Absicht, den Rest meines Lebens in Gesellschaft Ihres Friseurladen-Quartetts zu
verbringen — ich wette, die spielen noch nicht mal Poker.«
Sie
nahm mir das Glas aus der Hand und stellte es auf den Tisch, dann ergriff sie
meine Hand, legte sie auf ihren Schenkel und preßte sie fest dagegen. »Hören Sie
zu«, hauchte sie. »Das ist die Chance für mich, und ich will sie nicht
verpassen. Ich möchte von Howard etwas haben, was ich meiner Sammlung
einverleiben kann, und Sie können es mir beschaffen.«
»Wirklich?«
»Natürlich«,
sagte sie ungeduldig. »Sie sind doch Kriminalbeamter und mit der Untersuchung
seiner Ermordung beauftragt. Sie könnten es mir ganz einfach und ohne jegliche
Schwierigkeit beschaffen.«
»Denken
Sie an etwas Bestimmtes?« fragte ich sie. »Einen linken Schuh, eine Haarlocke
oder sonst etwas?«
»Sein
Herz.«
Ich
wollte schon grinsen, es verging mir aber, als ich sah, daß sie es ernst
meinte. »Sie sind verrückt«, sagte ich frei weg.
»Es muß
doch eine Obduktion stattfinden, oder?« sagte sie. »Der Doktor kann das doch
für Sie erledigen. Ich biete bis zu fünftausend Dollar für dieses Herz — in
einem Formalinbad und schön in einem luftdichten Glasbehälter verschlossen. Den
Behälter stelle ich zur Verfügung.« Sie überlegte kurz. »Ich finde, Howard
sollte etwas Besonderes bekommen. Venezianisches Glas, oder ich könnte für ihn
ja speziell etwas blasen lassen, in der Form eines Tennisschlägers.«
»Wenn
Sie glauben, ich werde wegen Ihnen zum Leichenschänder, dann sind Sie auf dem
Holzweg«, sagte ich.
Mit
einer geschmeidigen Bewegung glitt sie von meinem Schoß und ging zur Tür.
»Schade, Al«, sagte sie kühl. »Ich dachte, Sie wären ein Mann mit Phantasie.«
»Bin
ich auch«, beteuerte ich. »Oder ich war es zumindest. Das Kreuz ist nur, mit
Ihrem geschlitzten Rock überließen Sie meiner Phantasie
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