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Die Zwillingsschwestern

Die Zwillingsschwestern

Titel: Die Zwillingsschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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ruht.«
    »In
jedes Leben tritt einmal ein Polizist«, sagte ich mitfühlend. »Haben Sie in der
letzten Zeit schon Ihr Gewissen erforscht?«
    »Ich
fürchte«, sagte er noch standhafter als vorher, »daß ich darauf bestehen muß!«
    Ich
stemmte meine Ellbogen auf und schaute ihn interessiert an: »Okay«, sagte ich.
»Dann bestehen Sie ruhig.«
    Er gab
ein glucksendes Geräusch von sich, das mich an einen Truthahn erinnerte; dann
rettete ihn das läutende Telefon. Mit einem dankbaren Ausdruck hob er den Hörer
ab. Ich schlenderte zu den Aufzügen hinüber und fuhr in den zehnten Stock
hinauf. Dreimaliges höfliches Klopfen brachte mich nicht weiter, so daß ich mit
beiden Fäusten I Got Rhythm, zu trommeln begann, wobei ich mit dem
rechten Fuß den Takt dazu gegen die Tür stieß.
    Ich kam
gerade richtig in Fahrt, als plötzlich die Tür aufging und Penelope Calthorpe
mit offenem Mund auf der Schwelle stand. »Mein Gott!« sagte sie erbittert. »Ich
dachte schon es brennt.«
    »Kennen
Sie mich noch?« fragte ich hoffnungsfroh. »Leutnant Wheeler vom Büro des
Sheriffs.«
    »Nach
diesem Krach werde ich Sie nie mehr vergessen«, sagte sie. »Ich schlief
gerade.«
    »Das
sehe ich«, sagte ich anerkennend.
    Und ich
sah sie mir ausgiebig an. Ihre Frisur war orientalisch, mit frechen Ponies, die
ihr in die Stirn hingen. Sie hatte einen Augenbrauenstift verwendet, um ihren
Augen ein mandelförmiges Aussehen zu geben. Das feuerrote Haar war zwar kein
Kennzeichen des Fernen Ostens, aber schließlich können auch die
Calthorpe-Schwestern nicht alles haben.
    Sie
trug einen maßgeschneiderten weißen Fuji-Seidenpyjama, der ihre Figur mit
enthüllender Absicht umgab. Von ihrer rechten Schulter marschierten auf einer
diagonalen Linie kleine, blaue japanische Sandmännlein entschlossen auf ihre
linke Brust zu.
    »Was
wollen Sie?« fragte Penelope ungeduldig.
    »Haben
Sie die vergangene Nacht schon vergessen?« fragte ich in liebenswürdigstem Ton.
»Passiert es Ihnen, daß Sie Gegenstände verlegen und nicht mehr finden? Muß Sie
erst ein Windstoß auf der Main Street daran erinnern, daß Sie vergaßen,
Unterwäsche anzuziehen? Der Wheeler-Gedächtnisauffrischungskurs garantiert
Ihnen in zehn spielend leichten Stunden ein Erinnerungsvermögen bis zurück zu
Ihrer Geburt, wenn nicht noch weiter.«
    »Sie
müssen einen Vogel haben«, sagte sie. »Mein Erinnerungsvermögen ist völlig in
Ordnung!«
    »Wie
kommt es denn dann, daß Sie Ihren Ex-Gatten nicht erkannten, als Sie seine
Leiche unmittelbar vor sich hatten?« fragte ich traurig.
    Ein
trüber Film schien sich wie ein Schleier über ihre Augen zu legen. »Kommen Sie
bitte herein«, sagte sie.
    Ich
folgte ihr in das Wohnzimmer des Appartements und wartete geduldig, während sie
eine Zigarette anzündete. Sie bat mich, mich doch hinzusetzen, und ich nahm
Platz. Sie setzte sich mir gegenüber und nahm einen tiefen Zug. Haben Sie schon
mal japanische Sandmännlein Rock’n Roll tanzen sehen? Ich kann Ihnen sagen — sexy!
    »Bitte
entschuldigen Sie«, sagte Penelope schließlich mit gepreßter Stimme. »Sie
müssen verstehen, es war ein riesiger Schock für mich, da ich ihn seit sechs
Monaten — seit unserer Scheidung — nicht mehr gesehen hatte. Als ich den Sarg
öffnete und Howard darinliegen sah — tot ich...«
    »Sie
wußten, daß er tot war?«
    »Ich
sah die Einschußstelle«, antwortete sie rasch. »Ich dachte, daß er tot sein
müsse; ich konnte nicht erkennen, daß er noch atmete. Es war ein furchtbarer
Schock, wissen Sie, ich...«
    »Haben
dadurch das Gedächtnis verloren?« Ich war noch immer voller Sympathie,
sozusagen der Familienfreund beim Begräbnis. — »Und für wie lange?«
    Ihr
Körper straffte sich. »Das habe ich mit keinem Wort behauptet, das haben Sie
sich eingebildet. Ich war so durcheinander, daß ich keinen klaren Gedanken
fassen konnte. Das ist alles. Ich war völlig durcheinander.«
    Ich
schüttelte traurig den Kopf. »Da müssen Sie sich schon etwas Besseres einfallen
lassen, Penelope.«
    »Was
wollen Sie damit sagen?«
    »Sie
müssen einen überzeugenderen Grund dafür angeben, daß Sie leugneten, Ihren
Ex-Gatten erkannt zu haben!«
    Sie
drückte ihre Zigarette mit nervöser Gründlichkeit aus, stand auf und ging zum
Fenster hinüber. »Also schön!« sagte sie endlich, mir den Rücken zukehrend.
»Ich hatte Angst vor dem Gerede.«
    »Ich
hätte gedacht, daß das eine tolle Reklame gewesen sein würde«, sagte ich.
    »Sie
verstehen mich nicht!«

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