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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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wenn Sie uns eine Nachricht geschickt hätten. Wir halten uns hier an eine gewisse Ordnung.«
    Caleb vibrierte am ganzen Leibe vor Energie. » Bitte, Schwester!«
    Ihr herrischer Blick senkte sich kurz und prüfend auf den Jungen hinunter. Deltaförmige Fächer aus feinen Falten an ihren Mundwinkeln vertieften sich, als sie die Wangen einsog. » Ich denke, angesichts der Umstände ist es wohl in Ordnung. Wohlgemerkt, es ist eine Ausnahme, und achten Sie auf die Sirene, Lieutenant. Ich weiß, ihr Expeditionäre bildet euch ein, ihr wäret über die Vorschriften erhaben, aber das lasse ich nicht zu.«
    Peter ließ die Spitze hingehen. Es war schließlich etwas Wahres daran. » Um sechs liefere ich ihn wieder ab.« Unter ihrem vernichtenden Blick bemühte er sich bei der nächsten Frage unversehens, merkwürdig beiläufig zu klingen. » Ist Amy hier? Ich würde gern kurz bei ihr Hallo sagen, bevor wir gehen.«
    » Sie ist leider auf den Markt gegangen. Sie haben sie knapp verpasst.« Auf diese Bekanntmachung folgte ein ungeduldiger Seufzer. » Ich nehme an, Sie werden zum Abendessen bleiben wollen.«
    » Danke, Schwester. Das ist sehr nett von Ihnen.«
    Die Förmlichkeiten langweilten Caleb. Er zog an Peters Hand. » Bitte, Onkel Peter, ich möchte jetzt gehen.«
    Für einen Augenblick, nicht mehr als eine halbe Sekunde lang, bekam die strenge Miene der Frau feine Risse, und eine beinahe mütterliche Zärtlichkeit schimmerte in ihren Augen auf. Aber ebenso schnell war es wieder vorbei, und Peter fragte sich, ob er es sich nur eingebildet hatte.
    » Achten Sie auf die Uhr, Lieutenant. Ich warte auf Sie.«
    Der Damm war in vieler Hinsicht das Herz der Stadt. Mit dem Öl, das die Generatoren antrieb, hatte Kerrville den Guadalupe River in Dienst genommen, der sowohl Wasser für die Felder lieferte als auch teilweise als Barriere nach Süden und Westen fungierte– noch niemand hatte je gesehen, dass ein Viral auch nur versucht hätte zu schwimmen. Man nahm allgemein an, dass sie entweder wasserscheu waren oder einfach nicht schwimmen konnten , und dies erklärte, warum die Stadt so lange überdauert hatte. Der Fluss selbst hatte in der Anfangszeit nur spärliche Ausmaße besessen, ein schmaler und unbedeutender Wasserlauf, der im Sommer zu einem Rinnsal verkümmert war. Aber ein verheerendes Hochwasser im Frühjahr ’22, Vorbote einer Klimaveränderung, die den Pegel des Flusses dauerhaft um ungefähr drei Meter anheben sollte, hatte seine Zähmung notwendig gemacht. Es war ein in jeder Hinsicht gigantisches Projekt gewesen, das die vorübergehende Umleitung des Flusslaufs und die Bewegung gewaltiger Erd- und Kalksteinmassen erfordert hatte, um die schüsselförmige Mulde auszuheben, die als Staubecken dienen würde. Hinzu kam die Errichtung des Dammes selbst, eine Ingenieursleistung in einem Maßstab, den Peter immer mit der Zeit Davor assoziiert hatte, nicht mit der Welt, die er kannte. Der Tag, an dem das Wasser zum ersten Mal freigegeben wurde, galt als zentrales Ereignis in der Geschichte der Republik; mehr als alles andere in Kerrville machte ihm die Bändigung der Naturgewalten durch den Damm deutlich, wie zerbrechlich die Kolonie im Vergleich dazu gewesen war. Sie konnten von Glück sagen, dass sie so lange durchgehalten hatten.
    Eine Stahlgittertreppe führte nach oben. Caleb stürmte im Laufschritt hinauf, ohne auf Peter zu hören, der ihn laut zur Vorsicht ermahnte. Als Peter die letzte Kehre nahm, war Caleb schob oben und spähte über das Wasser hinweg zur gezackten Silhouette der Berge am Horizont. Zehn Meter tief unter ihnen dehnte sich der Wasserspiegel des Stausees mit atemberaubender Klarheit. Peter sah sogar Fische da unten, weiße Umrisse, die träge durch das gläserne Wasser zogen.
    » Was ist da draußen?«, fragte der Junge.
    » Na ja, hauptsächlich noch mehr Texas. Die Berge, die du da siehst, sind nur ein paar Meilen weit weg.«
    » Wo ist New Mexico?«
    Peter zeigte nach Westen. » Aber das ist wirklich richtig weit weg. Drei Tage mit einem Transport und ohne anzuhalten.«
    Der Junge nagte an der Unterlippe. » Ich möchte es sehen.«
    » Eines Tages siehst du es vielleicht.«
    Sie gingen auf der geschwungenen Krone des Damms bis zum westlichen Überlauf. Durch eine Reihe von Ventilen wurde das Wasser dort in regelmäßigen Abständen in ein breites Becken abgelassen und mit Hilfe von Gravitationspumpen zum landwirtschaftlichen Komplex weitergeleitet. In der Ferne markierten Türme in

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