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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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Sattelschleppers traf mit einem aufkeimenden Verdacht überein, den er mit Peter teilte: dass nämlich nicht alles so war, wie es aussah. Tatsächlich ergab nichts an diesem Überfall einen Sinn. Warum sollten Menschen in dieser Weise aufeinander Jagd machen? Hatten sie nicht einen gemeinsamen Feind? Der Gedanke, der da in seinem Kopf Gestalt annahm, war der richtige: dass die Angreifer nämlich nicht im Bunde mit ihresgleichen standen. Als der Erste der beiden glänzenden Container seine Ladung entließ, wurde sein Verdacht zur Gewissheit, aber da war es zu spät. Es war von Anfang an zu spät gewesen.
    Ein Schwarm von Virals fiel über den Konvoi her. Es waren Hunderte. Doch sie brachten nicht jeden um, erkannte Ceps. Über einige fielen sie mit gnadenloser, blutspritzender Schnelligkeit her, aber andere wurden nur gepackt und schlugen schreiend um sich, als die Virals sie umschlangen und mit ihnen davonsprangen.
    Ein viel schlimmeres Schicksal, von ihnen geholt zu werden. Befallen zu werden.
    Er traf eine schnelle Entscheidung.
    Der Sattelschlepper war keine zwanzig Meter hinter dem letzten Tanklaster in der Kolonne zum Stehen gekommen. Ceps hatte schon einmal mit eigenen Augen gesehen, wie ein Truck in die Luft flog. Er flog mit einem Schlag auseinander, ein mächtiger Feuerball, aber in der vorausgehenden Zehntelsekunde passierte etwas Interessantes. Der Treibstoff dehnte sich aus, und auf der Suche nach der schwächsten Stelle drückte er die Endplatten nach außen, sodass sie horizontal davonflogen wie Korken aus einer Flasche. Im Grunde war ein explodierender Tanklaster eine Kanone, bevor er zur Bombe wurde. Ceps hatte den letzten Dieseltruck jetzt erreicht. Der silberne Lastwagen stand in gerader Linie zwanzig Meter weit hinter ihm. Mit seinen massigen Armen schraubte Ceps den Verschluss vom Ablaufstutzen herunter und öffnete das Ventil. Das Benzin strömte in glitzerndem Schwall aus dem Stutzen. Er stellte sich in den Strahl und ließ seine Kleider durchtränken, er füllte die hohlen Hände damit und übergoss damit seine Haare. Diese hinreißende Welt, dachte er, als seine Sinne sich mit dem Geruch füllten, mit dem Geruch von konserviertem Feuer. Diese schmerzhaft bittersüße, hinreißende Welt. Vielleicht würde jemand das Bündel mit seinen Gedichten unter seiner Matratze finden und auf seinen Seiten die verborgenen Wahrheiten seines Lebens lesen. Ein Gedicht, das er liebte, kam ihm in den Sinn. Emily Dickinson: Mit acht Jahren hatte er ein Buch mit ihren Gedichten in der Bibliothek von Kerrville gefunden, in einem Raum, den niemand je betrat. Anscheinend hatte niemand Verwendung dafür, und erfasst von einem seltsamen Mitgefühl für das einsame Buch im Regal, hatte Ceps es unter seine Jacke geschoben und mitgenommen, und dann hatte er im Durchgang zwischen zwei Häusern auf einer Mülltonne gehockt und eine Stimme entdeckt, die längst von der Erde verschwunden war, eine Stimme aus dem Himmel, die sein geheimstes Inneres anzusprechen schien. Als er jetzt im harten Strahl des Benzins aus dem Tanker stand, schloss er die Augen und ließ die Worte, die sich in sein Gedächtnis eingegraben hatten, noch einmal im Geiste ertönen:
    Schönheit bedrängt mich bis ich sterbe
    Schönheit sei gnädig mit mir
    Doch wenn ich heute scheide
    Sei es im Anblick von dir –
    Er zog sein Feuerzeug aus der Tasche, klappte es auf und legte den Daumen auf das Zündrädchen.
    Hundert Meter weiter vorn, in der Kabine des dritten Tanklasters, versuchte Peter, einen Gang einzulegen. Der Schalthebel, dessen Markierungen vor Ewigkeiten abgewetzt worden waren, verriet ihm nichts; jeder Versuch rief nur ein knirschendes Krachen hervor.
    » Rutsch rüber.«
    Die Tür flog auf, und Michael kletterte herein, gefolgt von Lore. Peter rutschte auf der Bank zur Seite und überließ ihm das Steuer.
    » Wie ist der Plan?«, fragte Michael.
    » Wir haben keinen.«
    Michael warf einen Blick in den Seitenspiegel und riss die Augen auf. » Jetzt doch.«
    Mit einem Ruck legte er den ersten Gang ein, riss das Lenkrad ganz nach links und streifte den zweiten Truck. Hinter ihnen dröhnte ein ohrenbetäubender Donner, dann noch einer. Statt zurückzusetzen, trat Michael das Gaspedal herunter. Metall kreischte, und plötzlich waren sie frei: Ein fünfundzwanzig Tonnen schweres Geschoss auf Rädern raste ins Dickicht.
    Hinter ihnen explodierte die Welt.
    Der Laster schoss vorwärts wie eine Rakete. Peter wurde gegen die Sitzlehne geschleudert. Das

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