Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)
Heck des Tankwagens geriet kurz ins Schleudern, fand dann aber wieder Bodenhaftung. Die Kabine wurde so hart durchgerüttelt, dass sie sicher gleich entzweibrechen würde. Michael bearbeitete das Schaltgetriebe und beschleunigte immer noch. Buschwerk strich über die Frontscheibe; blind wie Fledermäuse flogen sie durch das Gestrüpp. Wieder zog er das Lenkrad nach links und steuerte sie im weiten Bogen durch das Buschland, und mit einem zweiten Sprung waren sie wieder auf dem Highway und rasten in Richtung Osten.
Ihre Flucht war nicht unbemerkt geblieben. Im Außenspiegel sah Peter, wie sich hinter ihnen eine blassgrün leuchtende Front formierte.
» Wir können sie mit diesem Wagen nicht abhängen«, sagte Michael. » Unsere einzige Chance ist die Hardbox.«
Peter rammte ein Magazin in sein Gewehr. » Was hast du?«, fragte er Lore, und sie zeigte ihm eine Pistole.
» Das ist nicht unser einziges Problem«, fuhr Michael fort. » Unsere Bremskupplung ist ausgefallen.«
» Heißt?«
» Das heißt, ich kann nicht bremsen, ohne dass uns der Hänger ins Genick rauscht. Wir werden abspringen müssen.«
Die Virals kamen näher. Peter schätzte den Abstand auf zweihundert Meter, vielleicht weniger.
» Können wir die Ausfahrtrampe hinauffahren?«
» Bei dem Tempo kriege ich oben die Kurve zur Überführung niemals. Das ist ein Winkel von neunzig Grad.«
» Wie weit ist die Hardbox vom oberen Ende der Ausfahrt entfernt?«
» Hundert Meter, geradewegs nach Süden.«
Sie würden es niemals schaffen, wenn sie unten an der Ausfahrt absprängen. Hundert Meter würden sie mit Mühe und Not bewältigen– immer vorausgesetzt, dass sie sich beim Landen nicht verletzten.
Die Markierung für die Hardbox erschien im Licht von Michaels Scheinwerfern. Lore kletterte über den Sitz zur Tür. Michael schaltete herunter und reduzierte die Geschwindigkeit auf dreißig, um dann nach rechts abzuschwenken, die Ausfahrtrampe hinauf. Sie rissen beide Türen weit auf, und ein Wirbelsturm fuhr durch die Kabine.
» Los!«
Am oberen Ende der Ausfahrt sprangen Michael und Lore aus der Kabine, und Peter folgte dicht hinter ihnen. Er landete auf den Füßen, die Knie eingeknickt, um den Aufprall abzufedern, und rollte dann über den Asphalt. Die Luft entwich keuchend aus seiner Brust. Er bekam gerade noch mit, wie die Heckleuchten des Tanklasters über die Leitplanke schossen. Einen winzigen Augenblick lang sah es aus, als wollte sich das ganze fünfundzwanzig Tonnen schwere Fahrzeug in die Luft erheben, aber dann krachte es nach unten, und gleich darauf folgte die nächste titanische Explosion dieses Abends, eine wallende Wolke mit einer weißglühenden Mitte, die die Umgebung wie eine riesige Signalfackel erleuchtete.
Von links hörte er Lores Stimme. » Peter, hilf mir!«
Michael war bewusstlos. Sein Haar glänzte von Blut, und sein Arm war verdreht und sah aus, als sei er gebrochen. Die ersten Virals auf dem Highway hatten die Ausfahrt erreicht. Peter wuchtete Michael über seine Schulter. O Gott, dachte er, als seine Knie unter der Last nachgaben, vor ein paar Jahren wäre das leichter gewesen. Die Fahne vor der Hardbox stand als dunkle Silhouette vor dem Sternenhimmel.
Sie rannten los.
34
Sie stand in der Tür, als Lucius seine Abendandacht beendete. An ihrer Hand baumelte ein klingelnder Schlüsselbund. Mit ihrem schlichten grauen Kittel und der ruhigen Haltung vermittelte sie nicht den Eindruck, gerade an einem Gefängnisausbruch beteiligt zu sein, aber Lucius sah, dass trotz der abendlichen Kälte Schweiß auf ihrem Gesicht glänzte.
» Major. Schön, dich zu sehen.«
Tief in sich spürte er, dass etwas in Bewegung gekommen war: Kreise schlossen sich, eine Bestimmung wurde offenbar. Sein Leben lang, so schien es ihm, hatte er auf diesen Moment gewartet.
» Es ist etwas im Gange, nicht wahr?«
Amy nickte gleichmütig. » Ich glaube, ja.«
» Ich habe dafür gebetet, dass es so kommt. Dass du kommst.«
Amy nickte. » Wir müssen uns beeilen.«
Sie gingen den dunklen Korridor hinunter. Sanders schlief an seinem Tisch im Vorzimmer. Sein Kopf ruhte auf den verschränkten Armen. Der zweite Wärter lag schnarchend auf dem Boden.
» Sie werden vorerst nicht aufwachen«, sagte Amy, » und wenn sie es tun, werden sie sich an nichts erinnern. Du wirst einfach verschwunden sein.«
Lucius beugte sich hinunter und zog Sanders’ Pistole aus seinem Holster. Als er aufblickte, sah er, dass Amy ihn warnend anschaute.
» Vergiss
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