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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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Alligatoren, die im fauligen Wasser kreuzten wie halb gesunkene Boote. Viele waren zu gigantischer Größe gewachsen, und ihre starken Kiefer waren ständig auf der Suche. Die Luft war erfüllt von dichten Wolken von Moskitos. Nase, Mund, Augen– überall suchten sie nach einem Eingang in den Körper, und sie bevorzugten die weichen Stellen. Houston oder das, was davon übrig war, war kein Ort für Menschen. Greer fragte sich, wieso man diese Stadt überhaupt jemals für bewohnbar hatte halten können.
    Aber damit würden sie sich noch früh genug abgeben müssen. Jetzt waren sie in einer Prärielandschaft mit Buschwerk und hohem Gras, die Meile um Meile bis zum Meer reichte. So weit im Osten war der Highway nicht geräumt worden; er war mehr Andeutung als Straße, und die Oberfläche war rissig und streckenweise von schwerem Lehmboden überspült. Uralte Autofriedhöfe versperrten ihnen immer wieder den Weg. Seit sie aufgebrochen waren, hatten sie kaum ein Wort miteinander gesprochen. Worte waren einfach nicht nötig. Im Laufe des Tages hatte Greer bei Amy jedoch eine Veränderung gespürt, die ihn beunruhigte: als fühle sie sich nicht wohl. Sie schwitzte stark, und ab und zu sah er, wie sie das Gesicht verzog, als habe sie Schmerzen. Als er seine Sorge äußerte, hatte das Mädchen entschieden abgewinkt. Mir geht’s gut, hatte sie behauptet. Es ist nichts. Es klang beinahe wütend, und ihr Ton befahl ihm, nicht weiterzubohren.
    Als es dunkel wurde, schlugen sie auf einer Lichtung in Sichtweite eines verfallenen Motels ihr Lager auf. Der Himmel war klar, die Temperatur sank und zog den Tau aus der Luft. Ohne dass man es ihm sagte, wusste Greer, dass sie hier sicher übernachten konnten. In Amys Anwesenheit befand er sich in einer Schutzzone. Sie rollten ihre Decken auseinander und schliefen.
    Einige Zeit später schrak er aus dem Schlaf. Irgendetwas stimmte nicht. Er drehte sich auf die Seite und sah, dass Amy nicht da war.
    Er kämpfte die Panik nieder. Ein Dreiviertelmond war aufgegangen, als sie schliefen, und zerteilte die Dunkelheit in Räume aus Licht und Schatten, formte eine Landschaft aus bedrohlich verlängerten Umrissen und schwarzen Mulden. Die Pferde weideten ahnungslos im Unkraut. Greer stand auf, zog den Browning aus seiner Packtasche und schlich vorsichtig in die Dunkelheit hinaus. Er zwang seine Augen, die verschiedenen Umrisse voneinander zu unterscheiden. Wo war sie hin? Sollte er sie rufen? Aber die Stille der Landschaft mit ihren verborgenen Gefahren erlaubte es nicht.
    Dann sah er sie. Sie stand hundert Meter weit von ihrem Lagerplatz entfernt und wandte ihm den Rücken zu. Der Rhythmus eines Gesprächs drang an sein Ohr. Redete sie mit jemandem? Es hörte sich so an, doch da war niemand.
    Er trat von hinten an sie heran. » Amy?«
    Keine Antwort. Sie hatte aufgehört zu murmeln und stand absolut still da.
    » Amy, was ist los?«
    Jetzt drehte sie sich um und sah ihn an. Ihr Gesicht zeigte leise Überraschung. » Oh. Ich verstehe.«
    » Mit wem hast du gesprochen?«
    Aber darauf antwortete sie nicht. Sie schien nicht richtig wach zu sein. Schlafwandelte sie etwa?
    » Ich glaube, wir sollten zurückgehen«, sagte sie schließlich.
    » Du darfst mir keine solche Angst einjagen.«
    » Das tut mir leid. Das wollte ich nicht.« Ihr Blick ging zu der Pistole, die er in der Hand hielt. » Was haben Sie damit vor?«
    » Ich wusste nicht, wo du warst. Ich habe mir Sorgen gemacht.«
    » Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt, Major. Stecken Sie sie jetzt ein.«
    Sie ging an ihm vorbei und zurück zum Lagerplatz.

42
    Unaufhörliche Zeit, Zeit ohne Ende. Sein Dasein war ein Alptraum, aus dem er nicht erwachen konnte. Gedanken schwebten vorbei wie schimmernde Stäubchen und huschten davon, wenn er hinschaute. Sie kamen jeden Tag. Die Männer mit den glühenden, blutroten Augen. Sie nahmen die geschwollenen Beutel vom Haken, hängten frische an die Ständer und fuhren die vollen mit ihrem ratternden Wagen davon. Und unentwegt diese Beutel: Sie füllten sich immer wieder mit dem drip-drip-drip von Grey.
    Den Männern machte ihre Arbeit Spaß. Sie erzählten sich kleine Witze und amüsierten sich. Sie vergnügten sich auf seine Kosten, wie Kinder ein Tier im Zoo reizten. Hier, hier, gurrten sie und bogen den duftenden Tropfer zu seinem Mund. Braucht Baby sein Fläschchen? Hat Baby Hunger?
    Er bemühte sich, ihnen zu widerstehen. Er straffte sich unter den Ketten und drehte das Gesicht zur Seite. Er

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