Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)
Roswell hergebracht hatten. Also gehörte sie zu diesen infernalischen Texanern. Jetzt, nachdem die Zwölf angekommen waren, musste er in Sachen Texas wirklich zu ernsthaften Maßnahmen greifen. Die Frau schien kaum der Typ zu sein, der Bomben zündete. Er musste sich wieder in Erinnerung rufen, dass sie tatsächlich vorgehabt hatte, ihn umzubringen. Aber natürlich gab es auch keinen bestimmten Typus; das hatte er in den letzten, gewalttätigen Monaten gelernt. Hinter der Rebellion steckte jeder und niemand.
Schon gut, sagte er zu dem Wärter. Hängt sie an den Schlauch. Ich glaube, Grey wird gefallen, was sie zu bieten hat. Er hatte schon immer eine Vorliebe für die Jungen.
Er nahm die Treppe aus dem Keller in sein Büro, setzte die dunkle Brille auf und öffnete die Vorhänge. Die Sonne war eben hinter dem Horizont verschwunden, und die Wolken waren von bunten Streifen durchschossen. Es war ein schöner Anblick irgendwie. Vermutlich, dachte Guilder, hätte ihm so etwas vor hundert Jahren Freude gemacht. Aber man konnte in seinem Leben nur eine begrenzte Anzahl von Sonnenuntergängen anschauen und eine Meinung dazu aufbringen. Das Problem des ewigen Lebens usw. usf.
Wilkes fehlte ihm. Der Mann war nicht immer besonders unterhaltsam gewesen– zu sehr darauf erpicht, ihm zu gefallen–, aber zumindest hatte man mit ihm reden können. Guilder hatte ihm vertraut, sich ihm anvertraut. Es gab nicht viel, was sie im Laufe der Jahre nicht irgendwann gesagt hatten. Guilder hatte ihm sogar irgendwann von Shawna erzählt, auch wenn er die Geschichte in Ironie gekleidet hatte. Eine Nutte, ist das zu glauben? Was für ein Volltrottel ich war! Sie hatten ordentlich gelacht. Das Dumme war, genau jetzt war die ungezwungene, leicht beklommene Stunde, in der Guilder den Kopf zur Tür hinausgestreckt und seinen Freund unter irgendeinem Vorwand in sein Büro gerufen hätte.
Seinen Freund. Vermutlich war er das. Gewesen.
Es wurde dunkel. Guilders Blick wanderte hinunter zu dem » Projekt«. Vermutlich würde es jetzt einen neuen Namen brauchen. Hoppel wäre dafür genau der Richtige gewesen, ganz ohne Zweifel; mit Worten konnte er umgehen. In seinem früheren Leben hatte er in der Werbung gearbeitet, bei einer großen Agentur in Chicago, und seine dort erworbenen Erfahrungen hatte er nutzbringend verwenden können, indem er die Schlagworte und Slogans ausgebrütet hatte, mit denen die Truppen rhetorisch auf Vordermann gebracht wurden. Bis hin zum Text der Hymne: Homeland, liebes Homeland, unser Leben gehört dir, wir schenken unsere Arbeit und brauchen kein Pläsier. Homeland, liebes Homeland, ein Staat wächst hier heran, in Hoffnung, Wohlstand, Sicherheit, so weit man schauen kann. Furchtbar kitschig, und Guilder war nicht allzu begeistert von dem Wort » Pläsier« gewesen– es klang allzu gestelzt–, aber das Ding reimte sich tadellos und tat auch nicht allzu sehr in den Ohren weh.
Wie also sollte man den Bau nennen? » Bunker« klang zu martialisch. » Palast« ging in die richtige Richtung, aber das Gebäude hatte nichts von einem Palast. Es sah aus wie ein riesiger Betonkasten. Etwas Religiöses vielleicht? » Heiligtum«? Wer würde nicht bereitwillig in ein Heiligtum gehen?
Wie viele Flachländer würden hineingehen müssen und in welchen Abständen, das musste man noch sehen. Bis jetzt hatte Guilder von Zero noch keine konkreten Anweisungen zu diesem Punkt erhalten, und man nahm allgemein an, das werde sich schon ergeben. Die Zwölf waren vielleicht keine gewöhnlichen Virals, aber sie waren, was sie waren: im Grunde Fressmaschinen, nichts weiter. Ganz gleich, was für Direktiven da von oben kamen– wer hundert Jahre lang alles herunterschlang, was einen Puls hatte, hatte eine Gewohnheit, die nur schwer wieder abzulegen war. Aber im Wesentlichen würde ihre Ernährung aus gespendetem Menschenblut und zahmen Haustieren bestehen. Das richtige Verhältnis musste dabei penibel beachtet werden, damit die Bevölkerung des Homelands nicht abnahm. Generation für Generation arbeiteten Menschen und Virals Hand in Hand– kein schlechter Slogan, um die Sache zu verkaufen. Ein klassischer Hoppel. Wie nannte man so etwas? Rebranding? Das war es, was Guilder brauchte. Eine frische Perspektive, einen neuen Namen, eine neue Vision. Ein Rebranding der Viral-Wahrnehmung.
Vielleicht hatte er wirklich einen Nerv getroffen. Eine amtliche Religion mit allem Hokuspokus zu gründen, das wäre vielleicht genau das Schmiermittel, das das
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