Die zwoelf Gebote
davon ging, und konnte den Blick nicht mehr von ihr wenden.
Und sie hatte recht gehabt. Die Nudeln waren köstlich. Als er Geld aus der Tasche holte, um zu bezahlen, und sie sah, wieviel er hatte, sagte sie: „Oh, das sollten Sie aber nicht tun, soviel Geld mit sich herumtragen. Da nimmt es Ihnen schnell einer ab. Lassen Sie sich doch von der Kasse einen Scheck auf den Betrag geben, dann ist Ihr Geld sicher."
„Das ist sehr freundlich von Ihnen", sagte Ralph, „Frau.. ." „Fräulein. Miss Sally Morgan."
„Auch ich bin nicht verheiratet", sagte Ralph.
Sie lächelte ihn an. „Dann hat irgendein Mädchen bisher eine großartige Gelegenheit versäumt. Ich wette, Sie geben einen wundervollen Ehemann ab."
„Und ich wette", sagte Ralph, „daß auch Sie eine wundervolle
Ehefrau abgeben würden. Wann sind Sie hier fertig?"
„Um sechs."
„Darf ich auf Sie warten?"
Sie lächelte. „Gerne."
Ralph wartete also, bis ihre Arbeitszeit zu Ende war. Dann führte er sie zum Essen aus, und sie redeten und redeten miteinander, und es war, als hätten sie sich schon immer gekannt. Es war Liebe auf den ersten Blick. Sally war das liebste und wundervollste Mädchen, das Ralph je erlebt hatte. „Jetzt kennen wir uns erst ein paar Stunden", sagte er, „und doch, auch wenn es verrückt klingt, möchte ich dich schon heiraten."
Und Sally nickte. „Auch wenn es noch verrückter klingt, aber ich sage Ja. Ich wußte vom ersten Augenblick an, wo ich dich sah, daß ich dich liebe."
Ralph umarmte sie und sagte: „Dann wollen wir doch gleich einen Priester suchen."
In Las Vegas gibt es kleine Kirchen, in denen Tag und Nacht Trauungen vorgenommen werden. In einer davon heirateten Ralph und Sally.
„Jetzt fahren wir nach Hause", sagte Ralph. „Und ich stelle
dich meinen Eltern vor."
Ralphs Eltern waren schon völlig aufgelöst gewesen. Als sie von der Kirche zurückgekommen waren, war ihr Sohn verschwunden. Es war fast Mitternacht, als er wiederkam, und bei sich hatte er ein wunderschönes junges Mädchen. „Ich stelle euch hiermit meine Frau vor", sagte Ralph. Sie wußten nicht, wie ihnen geschah.
„Deine Frau? Wie kannst du dich verheiraten? Du besitzt doch keinen Cent! Und wir unterstützen dich nicht." „Braucht ihr auch gar nicht", sagte Ralph.
Und er zeigte ihnen seinen Scheck über zweihunderttausend Dollar. „Seht ihr das? Ich fange mein eigenes Geschäft an, und es wird sehr erfolgreich sein."
Und er fing sein eigenes Geschäft an, und es wurde sehr erfolgreich.
Auch Sally erwies sich als großartige Ehefrau. Fortan war Ralphs Leben einfach perfekt. Absolut perfekt.
Und das alles, weil er das dritte Gebot gebrochen hatte.
4. KAPITEL
DAS VIERTE GEBOT:
DU SOLLST VATER UND MUTTER EHREN/AUF DASS ES DIR WOHLERGEHE UND DU LANGE LEBEST AUF ERDEN.
Edward war Waise. Als er ein neugeborenes Baby in Philadelphia war, warf ihn seine Mutter in die Mülltonne, damit er dort starb. Zum Glück aber fand ihn, ein Polizist, der ihn weinen hörte, holte ihn heraus und brachte ihn eilends in ein Krankenhaus, wo man ihn gerade noch rettete.
Niemand wußte, wo seine Mutter oder wer sein Vater war. Den einzigen Hinweis gab die Decke, in die er eingewickelt gewesen war und auf der der Name EDWARD BIXBY geschrieben stand. Die Polizei versuchte, die Eltern zu finden, um sie wegen versuchten Mordes zu belangen, aber ohne Erfolg.
Edward wurde also in ein Waisenhaus gesteckt, wo er aufwuchs. Doch es war ein sehr hartes Leben. Nie gab es genug zu essen, und die anderen Waisenkinder in dem Heim waren gemein und niederträchtig zu ihm.
Ab und zu kam ein Priester und sprach mit ihnen.
Und er brachte ihnen die Zwölf Gebote bei. Als das vierte an der Reihe war, verwirrte dies Edward einigermaßen. Wie sollte er Vater und Mutter ehren, wenn er keine blasse Ahnung hatte, wer und wo sie waren?
Als er siebzehn Jahre alt war, ließ ihn die Waisenhausdirektorin in ihr Büro kommen.
„Edward", sagte sie, „morgen ist dein siebzehnter Geburtstag." „Ja, Frau Direktor."
„In unserem Waisenhaus gilt die Regel, daß Kinder über siebzehn nicht mehr bei uns bleiben können. Wir müssen dich also jetzt in die Welt hinausschicken."
Nun hatten die meisten Kinder Angst vor diesem Tag, an dem sie in die Welt hinausgeschickt wurden, von der sie überhaupt nichts wußten und kannten. Aber nicht so Edward. Im Gegenteil, er war sehr aufgeregt und gespannt. Der Grund dafür war, daß er sich seinen lebenslangen Traum erfüllen konnte: nach
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