Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
Vom Netzwerk:
beide
mit einer Mischung aus Schrecken und Bewunderung. Wie aalglatt er die
Witwe beruhigt hatte. Wie glänzend er die Angriffe auf Menahem
gleichzeitig verdammt und gutgeheißen hatte und doch seine Vertreibung
aus seinem Heim und aus der Stadt bestätigt hatte, indem er eine Lösung
vorschlug, die für die Witwe außerordentlich reizvoll und zudem
geschickt als großzügige Geste guten Willens gegenüber Menahem getarnt
war, so daß weder die Witwe noch Menahem sie ablehnen konnten. Aus
gutem Grund wollte der Kalif seinen jüdischen Berater immer in seiner
Nähe wissen, dachte Djamila traurig, während sie sich fragte, warum
Menahem wegen einer scheinbar so trivialen Angelegenheit eine derart
harte Strafe auferlegt wurde. Sicherlich hätte Da'ud weniger drastische
Maßnahmen ergreifen können, um diesen Disput zu schlichten und den
Frieden in der Gemeinde wieder herzustellen?
    Die Antwort auf diese unausgesprochene Frage ließ denn auch
nicht lange auf sich warten. Als er in den Garten zurückkehrte, nahm
Da'ud einen langsamen Schluck von seinem Scherbett, ehe er sich Djamila
zuwandte. »Ich hatte immer das Gefühl, daß das Leben in den engen
Mauern eines Hauses und einer Stadt, noch zusätzlich zu den
Beschränkungen, die dir deine Stellung als meine Ehefrau auferlegt,
deinem beweglichen, unabhängigen Geist zuwider ist. Selbstsüchtig und
gedankenlos habe ich dich aus deiner natürlichen Umgebung
herausgerissen, dich mit Reichtum und Ansehen verlockt. Das war ein
Fehler. Das Unglück steht dir ins Gesicht geschrieben. Nicht die
höchsten Ehren, nicht der Reichtum von Prinzen kann einen Menschen für
das Fehlen der Liebe in seinem Leben entschädigen. Das hast du nun
herausgefunden. Ich hege daher die Absicht, dich in eine Umgebung
zurückzuversetzen, die deinem Wesen besser entspricht, jedoch nicht,
ohne sicher zu sein, daß dich dort liebende Hände willkommen heißen
werden.«
    Vollkommen verständnislos schaute Sari zwischen Da'ud und
Djamila hin und her, konnte die Bedeutung dieser Worte nicht erfassen.
Da'ud hielt inne und ließ Stille herabsinken, schuf eine Atmosphäre der
Spannung, der Vorahnung, die so deutlich zu spüren war, daß sogar die
Kinder ihr Spiel unterbrachen, da sie mit ihren zartfühlenden Seelen
bemerkt hatten, daß sich vor ihren Augen ein menschliches Drama
abspielte, dessen Bedeutung sie nicht zu ergründen vermochten.
    Djamila fröstelte leicht vor innerer Kälte, hielt sich aber
aufrecht, während sie darauf wartete, daß Da'ud über ihr Schicksal
bestimmte. Mit einer beinahe unmerklichen Bewegung zog er aus den
Falten seines Gewandes ein kleines, zusammengefaltetes Stück Papier,
dessen Siegel säuberlich gebrochen war.
    »Dies hier«, sagte er und hielt das Papier zwischen Daumen und
Zeigefinger, »hat mir die Lösung eines Problems beschert, über das ich
schon lange nachgrübele. Nicht die Worte der Botschaft, die hier
geschrieben steht, weißt du. Menahem ist ein zu kluger Kopf, als daß er
sich oder dich kompromittieren würde. Nein. Es geht um das, wofür diese
Botschaft steht: daß eine Beziehung so weit herangereift ist, daß
beiderseitiges Vertrauen zwischen meinem Sekretär und dir entstanden
ist.«
    Mit größter Achtsamkeit faltete Da'ud den Zettel auseinander
und las laut vor: »›Ich bin nun beinahe vollständig wieder hergestellt
und sorgsam darauf bedacht, Euren Rat zu befolgen. Es scheint daher
keine Gefahr zu drohen. Stets Euer treuer Diener.‹ Natürlich keine
Unterschrift, aber es gibt in ganz Córdoba nur eine Hand, die so schön
zu schreiben vermag. Hat dein Vater den großen Irrtum begangen, dir
eine Erziehung angedeihen zu lassen, die dich befähigt, derlei
Botschaften zu lesen?« fragte er, ehe er fortfuhr. »Deine Besorgnis um
Menahem ist lobenswert, und der Rat, den du ihm gegeben hast, war
zweifellos gut, doch beides scheint mir einem Gefühl zu entspringen,
das tiefer geht, als man es von einer Frau in deiner Position dem
Sekretär ihres Gatten gegenüber erwarten würde. Was Menahem betrifft,
so verrät er sich nur mit einem Wort: ›stets‹. Die Floskel ›Euer treuer
Diener‹ wäre ausreichend gewesen, aber es gibt Zeiten im Leben eines
jeden Mannes, in denen die Leidenschaft alle Vernunft zum Schweigen
bringt.
    Aus all dem schließe ich, daß es zwischen Euch beiden ein Band
des Verstehens und der Zuneigung gibt, und wenn mich mein Gespür nicht
trügt, leidenschaftliche Liebe zu dir auf seiten Menahems. Ihm werde
ich dich daher anvertrauen.

Weitere Kostenlose Bücher