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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
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ein
wenig ängstlich, wie Hai an einem Stamm hochkletterte, sich in eine
Astgabel hockte und dann vorbeugte, um Dalitha seine starke helfende
Hand hinzustrecken, damit sie ihm nachkommen konnte.
    »Hai beschützt Dalitha, als wäre sie seine kleine Schwester«,
sagte Djamila lächelnd.
    »Sie hätte sehr wohl seine Halbschwester sein können«,
murmelte Sari traurig. »Manchmal bedaure ich, daß sie es nicht ist.«
    Djamila blickte mit offener Verwunderung auf. In den acht
Jahren seit ihrer jähen Vertreibung aus dem Hause Ibn Yatom war dies
das erste Mal, daß Sari auf die Ereignisse damals zu sprechen kam.
    »Aber warum?« fragte sie. »Nach Hais Geburt war ich doch kaum
mehr als ein Eindringling in eurem Hause. Du, Hai und Da'ud, ihr wart
eine so verschworene Gemeinschaft, daß für Amira und mich einfach kein
Platz mehr war.«
    »Es tut mir auch nicht um deinetwillen leid, sondern um
unseretwillen, um Da'uds und meinetwillen. Ich habe die Haltung, die er
nach Hais Geburt dir und Amira gegenüber an den Tag gelegt hat, nie
gutgeheißen. Es ist das einzige Thema, das er sich strikt mit mir zu
besprechen weigert. Bis heute habe ich ihm die Art und Weise nicht
vergeben, in der er dich damals aus dem Haus gejagt hat. Es steht
zwischen uns, ist ein ständiger unsichtbarer Vorwurf, der das Glück
trübt, das wir einmal kannten. Es tut nichts zur Sache, daß du heute
unendlich viel zufriedener bist, als du es je unter unserem Dach
hättest werden können. Die Art, wie er dich benutzt und dann
weggeworfen hat, ohne auch nur einen Augenblick lang deine Wünsche in
Betracht zu ziehen, ist unverzeihlich. Selbst gestern, bei einem so
feierlichen Anlaß wie Hais Bar Mizwa, die mit all der schlichten
Eleganz und ruhigen Würde begangen wurde, die du aus unserem Hause
kennst, konnte er sich nicht durchringen, Amira als seine Tochter zu
behandeln. Ich selbst fühlte mich für sie gedemütigt. Ich hätte mir
beinahe gewünscht, sie wäre nicht gekommen. Du kannst dir nicht
vorstellen, wie das meine Freude getrübt hat.«
    »O doch, das kann ich«, stimmte ihr Djamila traurig zu. Die
Erinnerung an die Beschneidungsfeier war ihr noch schmerzlich im
Gedächtnis. »Menahem ist wie du«, fuhr sie fort. »Er wird ihm auch nie
vergeben. Er ist immer noch überzeugt, daß Da'ud hinter dem zweiten
Angriff und seiner Verbannung aus der Stadt steckte. Saul und er müssen
diesen Plan ausgeheckt haben, als sie sich am Abend zuvor in der
Synagoge trafen. Menahem kannte seinen Dienstherren gut genug, um sich
darüber im klaren zu sein, daß er den literarischen Streit mit Saul für
seine eigenen Zwecke ausnutzen würde. Da'ud würde aus der ganzen
Angelegenheit mit unbefleckter Ehre und makellosem Ruf hervorgehen und
dazu noch die Einheit der Gemeinde wahren, daran bestand kein Zweifel.
Da'ud konnte Menahem nie leiden, mußt du wissen. Er hatte ihn mehr oder
weniger gegen seinen Willen eingestellt, um seinem ehrenwerten Lehrer
Rabbi Samuel einen Gefallen zu tun. Obwohl Menahem ihm stets treu
gedient hat, war Da'ud nur zu froh, einen Vorwand gefunden zu haben,
unter dem er ihn loswerden konnte – und mich gleich dazu«,
sagte sie lachend. »Ich werde nie vergessen, wie charmant er nach
seiner Rückkehr aus Leon zu mir war, während er seinen Plan doch schon
ausgeheckt hatte. Was für ein schlauer Fuchs er doch ist!«
    »Du nimmst das alles so leicht«, wunderte sich Sari.
    »Es ist zwecklos, Groll zu hegen. Mein Zorn kann Da'ud nicht
erreichen. Er kann mich nur bitter machen. Ich streiche ihn lieber ganz
aus meinem Leben und wende mich schöneren Dingen zu. Außerdem mußt du
zugeben, daß er klug genug war, aus Menahems unschuldigen Zeilen eine
Wahrheit herauszulesen, die keineswegs offensichtlich war, nicht einmal
für mich. Nichts hätte mir ferner gelegen als eine Ehe mit Menahem. Und
doch, als man uns so zusammengeworfen hatte und wir auf uns gestellt
waren, wurde schon bald klar, wie grenzenlos dieser Mann lieben kann:
Er fing mich auf, wenn ich strauchelte, beruhigte mich, wenn ich tobte,
linderte meine Pein, wenn jede Faser meines Wesens schmerzte. Und er
wurde für Amira der Vater, der Da'ud nie war und auch nie sein wird.
Weißt du«, lächelte sie und breitete die Arme aus, als wolle sie das
weißgetünchte Haus umfassen, die Blumenbeete in allen
Farbschattierungen, die es umgaben, die schwer beladenen Obstbäume und
die gut gepflegten Weinstöcke und Olivenhaine, »überall ist Leben und
Freude und Schönheit. Ich bedaure nur, daß

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