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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
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mitbekommen,
die mit dem Floß zusammenstießen, war taub für die kehligen Flüche und
das übellaunige Knurren des Flößers gewesen, der auf seinem Knoblauch
kaute und rülpste und furzte, wenn er nicht gerade seinen Mietlingen
Befehle zubrüllte.
    Erst nachdem er in Taman an Bord eines Schiffes gegangen war,
atmete er auf. Es kam natürlich nicht in Frage, daß er ins ferne
Córdoba reisen würde, trotz König Judahs letztem Wunsch. Ihn
beherrschte nur noch eine einzige Sehnsucht: nach Hause zurückzufahren,
stundenlang in einem heißen Dampfbad zu schwitzen und dann behaglich
zwischen seidenen Laken zu liegen, die üppig weichen Rundungen seiner
Frau unter sich. So malte er sich gerade die Heimkehr aus, als aus
heiterem Himmel am Horizont plötzlich bleierne Wolkenbänke aufzogen.
Die Sonne verfinsterte sich, große Regentropfen fielen schwer auf das
Deck. Die See wurde unruhig, begann zu steigen und zu kabbeln. Das
Schiff tanzte wild auf den Wellen, die Mannschaft hielt mit aller Kraft
die Segel gegen den Wind, während Blitze die Luft durchschnitten und
der Regen wie ein aufgeplusterter Vorhang über die schräg liegenden
Decks gepeitscht wurde. Zwei Tage und eine Nacht toste der Sturm.
Demitrios tat das einzig Mögliche: Er betete – zu Christus, zu
Maria, zu Gottvater selbst, flehte, wie er nie zuvor gefleht hatte.
Jetzt wußte er, warum die Türken dieses trügerische Wasser ›schwarz‹
nannten, und während sein Leben an ihm vorüberzog, fragte er sich,
welches Verbrechen er wohl begangen hatte, um eine solche Strafe zu
verdienen. Als wie durch ein Wunder das Schiff dann doch in den ruhigen
Wassern des Bosporus schaukelte und zur Stille des Goldenen Horns
vordrang, schwor er feierlich, zum Dank für seine Errettung würde er
tun, was er dem Juden versprochen hatte, der ihm das Leben, gerettet
hatte.
    Wenn er Córdoba erreichen und noch vor dem Winter zurückkehren
wollte, mußte er beinahe unverzüglich von Konstantinopel aufbrechen.
Während der kurzen Ruhepause, die er sich gönnte, fand er heraus,
welchem Kloster der Mönch Nicolas angehört hatte. Der dortige Prior
schüttelte nur traurig den Kopf. Seine glatte weiße Hand ruhte auf dem
silbernen Kruzifix, das er auf der Brust trug, als er erklärte: »Unser
geliebter und gelehrter Mitbruder ist im vergangenen Jahr verstorben,
aber ich erinnere mich noch an den jüdischen Gelehrten, mit dem er
zusammengearbeitet hat. Es war Da'ud ibn Yatom, ein Jude von
ungewöhnlicher Bildung, wie ich höre.« Nachdem so Judahs Worte
bestätigt waren, machte sich Demitrios mit einer gehörigen Portion
Optimismus auf die Reise. Vielleicht ließ sich wirklich etwas von
diesem Juden lernen, dessen Ruf so weit verbreitet war. Aber als das
griechische Schiff, auf dem er die Reise nach Spanien angetreten hatte,
in der Ägäis in heftige Stürme geriet, beschlich ihn das Gefühl, daß
das Schicksal mit ihm spielte. Erfüllte er nicht das Versprechen, das
er dem König der Chasaren gegeben hatte? Warum dann diese erneute Qual?
Wenn so die ganze restliche Reise nach Sevilla aussehen sollte, war es
dann überhaupt klug, sie auf sich zu nehmen? Er konnte schließlich
alles, was ihm Judah anvertraut hatte, niederschreiben und diesen Brief
mit einem vertrauenswürdigen Sendboten nach Córdoba schicken. Immer
wieder war er seit seiner unter einem ungünstigen Stern stehenden
Ankunft in Itil gerade eben noch mit dem Leben davongekommen. Durfte er
es wagen, das Schicksal noch einmal herauszufordern? fragte er sich,
als sein Schiff in den geschützten Hafen von Rhodos einlief.
    Bei näherem Hinsehen hatte sich herausgestellt, daß das Schiff
erst nach gründlichen Reparaturen wieder seetüchtig sein würde, doch
jegliche Verzögerung der Abreise stellte seine Rückkehr nach Byzanz vor
Ende des Sommers in Frage. An jenem Morgen suchte jedoch ein robustes
venezianisches Handelsschiff gleichfalls Zuflucht vor den wilden
Wassern der Ägäis und ging im sicheren Hafen von Rhodos vor Anker.
Sobald die Elemente sich beruhigt hatten, würde es die Segel erneut
setzen und sein Reiseziel Sevilla ansteuern. Sollte er an Bord gehen
oder so schnell wie möglich in die Sicherheit von Byzanz zurückkehren?
Christus im Himmel, lenke meine bescheidenen Schritte, betete Demitrios
und machte am Ende des weiten Hafenrunds kehrt, um seinen Rundgang
erneut aufzunehmen.

28
    M oslems in ungeheurer Zahl strömten aus der
Großen Moschee und verliefen sich in den engen Gäßchen Cordobas, als
Ralambo und

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