Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
Vom Netzwerk:
gelockert und das
lederne Band herausgezogen, an dem sein kostbarer Beutel hing. Jetzt,
da die Männer verstummt waren und jeder seinen Gedanken nachhing, nahm
er das Band vom Hals, ließ den Beutel heruntergleiten und ging auf sie
zu.
    In seinem einfachen Arabisch sagte er: »Ich bin Ralambo von
der Großen Roten Insel Madagaskar. Gewisse Händler aus dem Orient
kaufen diesen Extrakt bei uns ein.« Er hielt inne, streckte seine Hand
vor, um Da'ud den Beutel zu geben, und fuhr fort. »Für sie und nur für
sie ist er von großem Wert. Ich bringe ihn Euch, weiser Mann des
Westens, weil ich den Grund dafür herausfinden möchte.«
    Demitrios nahm eine Traube von der Platte, die man vor ihn
hingestellt hatte, und leichte Belustigung umspielte seine Mundwinkel.
Der große Da'ud würde kurzen Prozeß mit diesem lästigen Mischling
machen, und dann könnten sie sich beide einer zivilisierten Diskussion
über die verschiedenen medizinischen Heilverfahren widmen.
    Da'ud nahm den Beutel, öffnete ihn und untersuchte den Inhalt
genau. Dann roch er an dem bräunlichen Pulver und verriet mit einer
leichten Bewegung seiner Augenbraue ein gewisses Interesse. Vorsichtig
nahm er ein, zwei Körnchen mit dem Zeigefinger auf und prüfte mit der
Zungenspitze den Geschmack.
    »Woher kommt das?« fragte er Ralambo.
    »Von der äußersten Spitze Afrikas. Es gibt dort einen Stamm,
der es herstellt.«
    »Woraus?«
    »Das ist ihr Geheimnis.«
    »Weißt du, welche Art von Pflanzen in diesem Teil Afrikas
wachsen?«
    »Große Pflanzen mit langen, stacheligen Blättern.«
    Da'ud warf ihm einen raschen Blick zu. »Hai!« rief er über den
Garten hinweg. »Komm zu uns, mein Sohn, und bringe Papier und Feder
mit.«
    Als Hai auftauchte, stellte Da'ud Demitrios und Ralambo kurz
vor und fuhr dann eifrig fort: »Ralambo hat uns diesen Extrakt
mitgebracht, der von der Spitze Afrikas kommt und bei gewissen
orientalischen Händlern sehr gesucht ist. Er hat den weiten Weg zu uns
auf sich genommen, um herauszufinden, warum das so ist.« Während er
sprach, zeichnete Da'ud ein langes, spitzes Blatt, flach und fleischig
mit einer gezackten Kante. »Meinst du diese Art Blatt?«
    »Ja«, erwiderte Ralambo. »Aber es wachsen dort viele
verschiedene Arten.«
    »Auch welche, deren Blätter sich nach außen rollen?«
    Mißtrauisch geworden, antwortete Ralambo nicht.
    Da'ud und Hai tauschten wissende Blicke aus, während
Demitrios, der sich sichtlich langweilte, einen flüchtigen Blick auf
Da'uds Zeichnung warf. »Nun ja, das ist die Aloepflanze«, bemerkte er
leichthin. »Seit der Zeit der Antike weiß man, daß sie ein äußerst
wirksames Heilmittel ist, um den Körper von schlechten Säften zu
befreien, und sie beschleunigt auch die Heilung gewisser Wunden.«
    »Das stimmt«, erwiderte Da'ud mit ruhiger Autorität. »Aber ich
glaube, daß es eine besondere Art gibt, die uns bisher nicht bekannt
ist und im Orient als ein wahres Wundermittel gilt, wobei ich
allerdings nicht genau sagen kann, wie sie wirkt.«
    Nun ließ sich Demitrios herab, doch ein wenig Interesse an dem
Thema zu bekunden. Mit ärgerniserregender Überlegenheit meinte er: »Ich
hatte einmal die Gelegenheit, einen persischen Arzt kennenzulernen, den
unser Kaiser an das Totenbett seiner Mutter gerufen hatte. Er war
völlig am Boden zerstört, der arme Mann, denn er hatte den Tod der Frau
nicht zu verhindern vermocht. Allen und jedem erklärte er, er hätte sie
wahrscheinlich retten können, wenn ein gewisser chinesischer –
oder war es ein indischer? – Händler, der ihm irgendein
Wundermittel versprochen hatte, Isfahan erreicht hätte, bevor er nach
Byzanz aufbrach.«
    »Woran ist die Frau gestorben?« fragte Hai.
    »Ich glaube, es war die Auszehrung, aber ich bin mir nicht
ganz sicher. Ich war zu jener Zeit noch nicht Hofarzt, hatte also keine
Gelegenheit, sie zu untersuchen.«
    »Habt Ihr herausgefunden, um was für ein Heilmittel es sich
handelte?« drängte ihn Hai.
    »Offen gestanden, nein. Ich hege größtes Mißtrauen gegen diese
schlauen orientalischen Medizinmänner, die uns für horrende Summen das
sogenannte Lebenselixier anbieten. Was können sie schon wissen, das
unseren griechischen Meistern verborgen war?«
    Hai errötete vor Empörung über die engstirnigen Vorurteile und
das bornierte Denken des Griechen, aber Da'ud verwies ihn mit einem
Blick in die Schranken.
    »Wahrhaftig, was schon?« stimmte der erfahrene Höfling bei.
»Nun, mein geschätzter Kollege, darf ich Euch für

Weitere Kostenlose Bücher