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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
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Wurzeln als ein wirksames Mittel gegen
giftige Bisse bekannt waren. Da'ud warf den Kopf zurück und brach in
schallendes Gelächter aus, hysterisch vor Erleichterung. Ein
Papierfetzen, den ein unbekannter Gelehrter verlegt hatte, hatte dieses
Geheimnis unzählige Jahre gewahrt – und das hätte ihn um ein
Haar das Leben kosten können! An was für einem feinen Faden sein
Schicksal doch durch den Willen Gottes gehangen hatte! In einer
Aufwallung frommer Dankbarkeit beugte er sich nieder, um den uralten
hebräischen Text zu lesen, flüsterte dann den althergebrachten Segen,
den man nach der Errettung aus Todesgefahr und aus Dankbarkeit für das
Geschenk eines neuen Tages spricht.

6
    E in stummer schwarzer Eunuch geleitete Da'ud
in die gleiche abgeschiedene Laube in den Gärten der Medina Azahara, in
der sein Vater am Abend der Einweihung des Palastes seine Unterredung
mit Abd ar-Rahman gehabt hatte. Der Morgen war noch frisch, die
schmalen Zypressen spiegelten sich im glatten Wasser des achteckigen
Marmorbeckens. Die Hände auf dem Rücken verschränkt, beobachtete Da'ud
im Wasser sein eigenes dunkles, schlankes Spiegelbild, bis er Schritte
näher kommen hörte. Er wandte sich um und sah den Kalifen rasch auf
sich zuschreiten, vor ihm den getreuen Mustapha, der eine
Fliegenklatsche schwenkte. Als der Kalif die Laube erreicht hatte,
zogen sich die beiden Entmannten in diskretem Abstand zurück. Mit
ausgestreckten Armen hieß Abd ar-Rahman seinen jungen, schlicht
gekleideten Schützling willkommen.
    »Ich hatte Euch nicht so früh zurückerwartet«, lächelte er.
Da'ud war sich inzwischen seiner Meisterschaft in der Kunst der
Verstellung bewußt.
    »Das Lächeln des Allmächtigen hat mich gewärmt«, erwiderte er
bescheiden, während er dem Kalifen seine Reverenz erwies. »Wie Ihr mir
befohlen habt, o Herrscher der Gläubigen, habe ich die beiden Pflanzen
gefunden, die zur Vervollkommnung des Großen Theriak noch fehlten.«
    »Und niemand weiß um Eure Entdeckung?«
    »Keine Menschenseele.«
    »Wie kann ich sicher sein?«
    »Ihr habt mein feierliches Ehrenwort. Der Einsiedler, der eine
der Pflanzen kannte, ist inzwischen gestorben. Ich habe ihn mit eigenen
Händen beerdigt und kann Euch sein Grab zeigen, wenn Ihr Euch dieser
Tatsache versichern wollt. Die zweite Zutat habe ich durch Zufall
entdeckt, allein in meinem Zimmer, als ich gerade einen Abschnitt des
Talmuds studierte. Sie wurde vor vielen Jahren von einem Gelehrten auf
ein Fetzchen Papier geschrieben und lag zwischen den Blättern eines
Traktates in der Bibliothek der Synagoge verborgen.«
    »Eure Worte klingen wahrhaftig.«
    »Ich fühle mich tief geehrt durch Euer Vertrauen. Ich möchte
Euch weiterhin zu wissen geben, daß ich auf meiner Suche nach den
beiden Zutaten ein Gegenmittel entdeckt habe, das den Menschen der
Antike nicht bekannt war. Obwohl es nicht leicht zu finden ist, kann
man es doch von einem gewissen ägyptischen Elfenbeinhändler erwerben,
und es ist einfacher zuzubereiten als der Große Theriak. Ich möchte
Euch daher untertänigst den Vorschlag unterbreiten, dieses Mittel als
Reserve aufzubewahren. Einige von den zweiundvierzig Zutaten des Großen
Theriak sind selten, teuer und schwer zu beschaffen. Wenn durch einen
unglücklichen Zufall einmal eine fehlen sollte, könnte man statt dessen
den Bezoar benutzen.«
    »Ihr habt bei Eurer Suche alle meine Erwartungen übertroffen«,
lächelte der Kalif, diesmal mit offensichtlicher Aufrichtigkeit. »Das
Haus der Omaijaden ist dafür bekannt, daß es sich denen gegenüber
außerordentlich erkenntlich zeigt, die ihm Treue erweisen, wie Ihr dies
so glänzend getan habt. Ihr werdet Euch daher offiziell meiner
Hofhaltung anschließen, als Gelehrter und Arzt. Eure erste Aufgabe soll
sein, sicherzustellen, daß mir jederzeit ein Vorrat des Großen Theriak
zur Verfügung steht. Eure zweite Aufgabe ist, diese Entdeckung keiner
Menschenseele mitzuteilen, obwohl Ihr sicher den brennenden Ehrgeiz
verspürt, für Eure Errungenschaft Ruhm und Ehre zu gewinnen und der
gesamten Menschheit ihre Segnungen zukommen zu lassen. Ich verstehe
Eure Enttäuschung«, fuhr er fort, nachdem er den flüchtigen Ausdruck
der Überraschung und Ernüchterung bemerkt hatte, der Da'uds Stirn
umwölkte. »Mit der Zeit werdet Ihr die Gründe für dieses Gebot der
Verschwiegenheit erfahren. Inzwischen, denke ich, ist eine Stellung am
Hofe eine gerechte Belohnung.«
    »Meine Dankbarkeit kennt keine Grenzen, o Herrscher

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