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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
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einmal
erwische, wie ihr euch über Seine Majestät lustig macht, dann lasse ich
euch auf den nächsten Lanzenschaft spießen.«
    Kaum saß Sancho endlich mehr oder weniger sicher im Sattel, da
winkte er auch schon mit fettem Zeigefinger den Verpflegungsmeister zu
sich heran. »Die Wildpastete«, befahl er. Der Diener eilte herbei, um
den Wunsch seines königlichen Herren zu erfüllen, und wühlte in dem
guten Dutzend Satteltaschen, die man den Eseln aufgelegt hatte, die zur
Begleitung der Reitpartie bereitgestellt waren. Schließlich fand er,
was er suchte, eine saftige Pastete mit goldener Kruste, gut eine
Handspanne im Durchmesser. Mit einer respektvollen Verbeugung reichte
er sie dem jämmerlich ungekrönten König. Geduldig wartete die ganze
Reitgesellschaft im Sattel, während die Pferde ungeduldig auf den
glitschigen Pflastersteinen tänzelten, bis Seine Majestät die Pastete
bis auf den letzten Krümel verzehrt hatte. Erst dann wagten sie es,
aufzubrechen.
    Toda galoppierte in wütendem Tempo vor ihrem Gefolge davon.
Der graue Umhang aus grober Wolle flatterte wild hinter ihr.
Stundenlang ritt sie am Flußlauf des Arga aufwärts, der sich durch die
struppigen grünen Weiden des niederen Tales schlängelte, dann schmaler
wurde, sich allmählich durch die raschelnden Buchenwälder in die
Vorgebirge der Pyrenäen erhob bis zur Quelle des Flusses im Gebirge
hin. Wie eine Besessene galoppierte sie durch den Wald, bis aus einiger
Entfernung ein Schrei an ihre Ohren drang. Sie verlangsamte das Tempo
und suchte den Wald mit ihrem scharfen Auge ab, bis sie eine Lichtung
erspähte, wo die Reitgesellschaft verweilen konnte. Einer nach dem
anderen gesellten sich die Höflinge zu ihr, Sancho kam als letzter. Er
war sichtlich erschöpft, und es entrang sich ihm ein erstickter Schrei.
Halb rollte, halb fiel er vom Pferd und lag dann unbeweglich am Boden,
stierte nur in den Himmel.
    Toda eilte zu ihm, war unter den erstaunten Augen der Höflinge
plötzlich wie verwandelt. Die angriffslustige, herrische und
starrköpfige Anführerin, unter deren unnachgiebigem Blick sie alle
zitterten, war nun keinen Deut anders als alle anderen Großmütter, die
sie je gesehen hatten, unglaublich warmherzig, liebevoll und sanft.
»Sancho, Sancho, mein Herz«, flüsterte sie, während sie dem jungen Mann
über die Stirn streichelte. »Sprich zu mir, sag etwas. Ich bin es,
deine Großmutter.«
    Aber der Herrscher, der seinen Thron verloren hatte, nahm ihre
Anwesenheit nicht wahr. Die Adeligen von Navarra blickten beunruhigt
auf Sanchos umfangreiche Gestalt, die reglos am Boden lag, die Augen
glasig, als hätten seine Sinne ihn verlassen, und sie zogen sich in
sichere Entfernung zurück. Sie hatten Andeutungen über die ›Anfälle‹
des jungen Mannes vernommen oder über seine ›Absencen‹, wie man sie auf
Todas Geheiß nannte, aber weil man sich diese Attacken nicht erklären
konnte, fürchteten die Männer sie instinktiv. Nur Toda hatte den Mut,
neben ihrem Enkelsohn zu verweilen. »Sancho, mein Herz, meine Seele,
ich bin es, Toda, deine Großmutter«, wiederholte sie immer wieder.
»Kannst du mich hören? Siehst du mich? Erkennst du mich?«
    Aber Sancho gab kein Zeichen des Verstehens. Still lag er da,
ein Berg aus Menschenfleisch, und starrte ins Nichts. Obwohl Toda sich
alle Mühe gab, ihre Gefühle zu verbergen, war doch jede Sekunde, in der
ihre Höflinge sie so sahen, für sie eine unerträgliche Schande. Aber
sie machte sich keine übermäßigen Sorgen. Aus Erfahrung wußte sie, daß
Sanchos regelmäßig wiederkehrende Anfälle des petit mal, wie es ihre französischen Feinde nannten, kaum je
länger als einige wenige Minuten andauerten.
    In ihrem unermüdlichen Bestreben, Heilung für ihn zu finden,
hatte sie jeden berühmten Arzt diesseits und jenseits der Pyrenäen
konsultiert – wenn man diese Haufen unfähiger Quacksalber
überhaupt so nennen konnte. Alle hatten sie ihr versichert, der Zustand
ihres Enkels müsse sich nicht notwendigerweise verschlimmern –
wenn das natürlich auch geschehen könne, fügten sie dann noch zaghaft
hinzu, weil sie um ihren zu unrecht erworbenen guten Ruf bangten. So
Gott wolle, salbaderten sie fromm weiter, könne die Krankheit sogar
eines Tages auf ebenso geheimnisvolle Weise verschwinden, wie sie
gekommen war. Wäre Sancho, der zweite Sohn von Todas Tochter Teresa,
nicht wegen des frühen Todes seines Halbbruders, dessen Herrschaft nur
kurz gewesen war, Thronerbe von Leon geworden, seine

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