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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
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Sari nicht die Gefahr, in der er
schwebte. Er vertraute ihr nicht an, welche Furcht ihn packte, wenn ein
Bote von der Kriegsfront in den Palastbezirk galoppiert kam. Er
beschrieb ihr nicht, wie hinterhältig Abu Bakr jedesmal lächelte, wenn
er ihn traf. Doch sie spürte die Spannung, die ihn ergriffen
hatte – seine Ungeduld mit der Dienerschaft, seine zerstreute
Miene, sein brütendes Schweigen.
    »Du hast große Sorgen«, sagte sie schließlich zu ihm, als sie
an einem Sabbatabend Hand in Hand nach dem Abendessen mit der Familie
von Ya'kubs Haus heimgingen. »Ich habe noch nie erlebt, daß du so wenig
Geduld mit deinem Vater hattest.«
    »Ja, ich muß zugeben, ich bin im Augenblick nicht ich selbst.
In den Zeiten eines Krieges zwischen zwei Gebieten ein und desselben
Landes, zwischen gegnerischen Lagern, in denen viele Personen durch
Blutsbande, durch ihre Herkunft oder ihre Religion mit dem Feind
verbunden sind, muß eine heimtückische Atmosphäre des Mißtrauens
entstehen, die jeden Winkel des Lebens am Hof durchdringt.«
    »Erhebt dich deine Arbeit als Gelehrter nicht über all das?«
    »Das hatte ich gehofft, aber sogar das uralte Wissen, das ich
entschlüssele, gerät in diesen schwierigen Zeiten in Verdacht. Wer soll
garantieren, daß ich es nicht benutze?«
    »Aber zu welchem Zweck? Du hast doch keinerlei Interesse
daran, dich mit den Feinden des Kalifen zu verbünden.«
    »Nein, aber diejenigen, die ein solches Interesse hegen,
möchten es vielleicht so aussehen lassen.«
    »Ich verstehe«, erwiderte Sari und umklammerte seine Hand
fester, um ihn zu beruhigen. Nach kurzer Überlegung fuhr sie fort:
»Aber das, was du fürchtest, muß nicht eintreten. Du besitzt das
Vertrauen des Kalifen.«
    »Bis jemand sich mit Entschlossenheit daran macht, es zu
untergraben. Der Kalif vertraut selten nur einem Menschen auf
unbestimmte Zeit.«
    »Selten vielleicht, aber nicht nie. So wie du ihn beschrieben
hast, ist er ein guter Menschenkenner, klug genug, um Wahrheit von
Lüge, Treue von Verrat zu unterscheiden. Da du dir nichts vorzuwerfen
hast, hast du auch nichts zu befürchten.«
    Sie hatte natürlich recht. Ihre ruhige Klarheit milderte seine
besessene Furcht ein wenig, half ihm, das Gleichgewicht
wiederzugewinnen, das er verloren hatte, als er meinte, sein Schicksal
entgleite ihm und liege nun in den skrupellosen Händen anderer.
    »Du sprichst weise«, erwiderte er, wie er seinen Vater
unzählige Male zu seiner Mutter hatte sagen hören. Hoffentlich gab die
Zukunft ihren klugen Worten recht … Als sie ins Haus traten,
küßte er sie zärtlich auf die Wange, ehe sie sich trennten und jeder
sich in seine eigenen Räume begab.
    Von nun an spürte Da'ud, wenn er von der Bibliothek nach Haus
zurückkehrte, die tröstende Nähe seiner Frau, ihre Sorge um ihn, die
sich in der kleinsten Aufmerksamkeit zeigte – in den Kissen,
die sie ihm in den Rücken stopfte, wenn er sich auf dem Diwan
zurücklehnte, in dem Glas Wein, das sie ihm einschenkte und das sie
leicht zwischen den Händen anwärmte, ehe sie es ihm reichte, in den
frischen Blumen, die sie ihm täglich auf den Tisch stellte. So gelang
es ihr jeden Abend, die Spannung der unendlich scheinenden Tage zu
lösen, ihm das Warten auf eine Nachricht vom Ausgang der Schlacht ein
wenig leichter zu machen.
    Selbst als die Kunde vom triumphalen Sieg des Kalifen über
Leon und Kastilien in Córdoba verkündet wurde, linderte das Da'uds
Ängste nur unwesentlich. Als er jedoch mit eigenen Augen sah, wie Abd
ar-Rahman im Triumph in den Palastbezirk einritt – unter
schallendem Jubel, zum Klang schmetternder Trompeten und mit stolz
wehenden scharlachroten und goldenen Bannern –, atmete er auf.
Das Getümmel im Palast war so groß, seine Erleichterung über die
wohlbehaltene Rückkehr des Kalifen so ungeheuerlich, daß Da'ud Nicolas
vorschlug, die Arbeit für einen Tag ruhen zu lassen und sich den
allgemeinen Freudenfeiern anzuschließen. In Wirklichkeit wollte er nur
nach Hause eilen und mit Sari sein köstliches Gefühl der Befreiung
teilen, nun, da die panische Angst von ihm gewichen war, die ihn seit
Beginn des Feldzugs Tag und Nacht heimgesucht hatte. Er wollte gerade
die Bibliothek verlassen, als Mustapha ins Zimmer gestürzt kam.
    »Der Erhabene Kalif, der ruhmreiche Sieger und triumphale
Eroberer, verlangt unverzüglich die Gegenwart von Abu Suleiman.«
    Verblüfft über diese rasche Vorladung, unsicher, ob sie Böses
oder Gutes verhieß, eilte Da'ud hinter

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