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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
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Mustapha her. Geschwind schritt
der Eunuch voran, diesmal nicht über verschlungene Umwege, sondern
offen über den Innenhof des Palastes, der vor Menschen nur so wimmelte,
durch den Vorhof und geradewegs in den Audienzsaal. Kaum war Da'ud
eingetreten, da entließ Abd ar-Rahman die Würdenträger, die um ihn
herumscharwenzelten, mit einer ungeduldigen Handbewegung. Als auch der
letzte voller Bestürzung über diese zeitige Beendigung der Audienz
verschwunden war, eilte der Kalif strahlend vor Freude über seinen Sieg
auf Da'ud zu, um ihn zu begrüßen.
    »Ich habe Euch sofort rufen lassen, weil Euer Anteil an diesem
Sieg weit größer ist, als Euch bewußt ist«, erklärte er. »Erst jetzt
kann ich Euch die Wahrheit enthüllen. Ich habe keine Sekunde
gezweifelt, daß meine Feinde versuchen würden, mich in die Knie zu
zwingen, indem sie die einzige schwache Stelle in meiner Verteidigung
nutzten, nämlich meine tiefsitzende Angst vor dem Biß einer Natter, von
der Ihr nichts wußtet. In der schändlichen Schlacht von Simancas waren
meine Ärzte Zeugen dieser meiner Schwäche, die ihnen bis dahin
verborgen geblieben war. Sie haben das Geheimnis verraten und mußten
dieses Verbrechen mit dem Leben bezahlen.«
    »Ihr meint die drei Köpfe, die Ihr mir an jenem Tage in der
Medina Azahara gezeigt habt?«
    Der Kalif nickte, ehe er fortfuhr. »Wie zu erwarten war, haben
sie dieses Wissen an Abu Bakr weitergereicht, auf daß er es zu
gegebener Stunde nutze. Aber dank Eurer Hilfe, mein junger und
gelehrter Freund, scheiterte ihr abscheulicher Plan schmählich. Am
Vorabend der Entscheidungsschlacht nahm ich als Schutzmaßnahme ein
halbes Fläschchen des Großen Theriak zu mir, genau wie Ihr mir geraten
hattet, und fiel in einen tiefen und ruhigen Schlaf. Um Mitternacht
schüttelte mich Mustapha wach, bebend vor Angst. ›Eine Natter, eine
Natter!‹ kreischte er, jedoch eine Sekunde zu spät. Sie hatte mich
bereits gebissen. Doch verspürte ich keine Panik, keine Angst. In aller
Ruhe und Gelassenheit nahm ich eine volle Dosis des Gegenmittels zu
mir, ließ mir dann von Mustapha den Arm oberhalb des Bisses abbinden,
das Gift aussaugen und die Salbe aus Bezoar auftragen. Dann wartete
ich. Wartete auf das Fieber, auf die Schmerzen. Aber es geschah nichts.
Absolut gar nichts. Eine Stunde, dann noch eine, und immer noch spürte
ich keinerlei üble Wirkung. Also dankte ich Allah, rief seinen Segen
auch auf Euch herab und schlief wieder ein. Im Morgengrauen erschien
ich heil und gesund auf dem Schlachtfeld, zur äußersten Verwunderung
Ordoños und seiner Hauptleute. In diesem entscheidenden Augenblick
verloren sie alle den Kopf. Die Truppen, denen ihre Verwirrung nicht
entging, scherten in Panik aus den Reihen aus, als unser Heer sich auf
sie stürzte. Und sie bezogen die Prügel, die ihnen nach dem Massaker
zustand, das sie in Simanca unter meinen Soldaten angerichtet hatten.
Ich stehe also zweifach in Eurer Schuld, um meines Lebens und um meines
Sieges willen.«
    »Ihr erweist mir große Ehre, o Herrscher der Gläubigen, aber
es ist eine Ehre, die ich wohl kaum verdiene. Es waren die Altvordern,
die einst den Großen Theriak entdeckten, ich entriß ihn nur der
Vergessenheit. Das einzige, das ich mir vielleicht als Verdienst
anrechnen kann, ist mein Vorschlag, das Mittel auch vorbeugend
einzusetzen. Die Tatsache, daß das Schlangengift bei Euch keinerlei
Schäden hervorrief, könnte wohl darauf hindeuten, daß eine vorbeugende
Wirkung besteht, denn obwohl der Große Theriak ein gutes Gegenmittel
ist, ist es doch ungewöhnlich, daß das Opfer eines Natternbisses
keinerlei Beschwerden verspürt. Ein Fall reicht jedoch nicht aus für
eine allgemeine Schlußfolgerung. Was der einen Person nutzt, muß nicht
unbedingt bei einer anderen die gleiche Wirkung zeigen.«
    »Wenn es mich gerettet hat, so ist mir das Beweis genug. Aber
auch jetzt darf kein Sterbenswörtchen über die Wiederentdeckung des
Großen Theriak an die Öffentlichkeit dringen. Ich weiß«, fuhr der Kalif
fort und hob, Einhalt gebietend, die Hand, »ich weiß, daß es Euer
liebster und ehrgeizigster Wunsch ist, die gesamte Menschheit in den
Genuß dieses Mittels zu bringen. Auch ich hege den gleichen Wunsch,
aber seine Erfüllung muß warten bis nach meinem Tod. Niemals dürfen
meine Feinde erfahren, wie ihr teuflischer Plan vereitelt wurde, damit
sie nicht andere Wege ersinnen, mich zu beseitigen. Wenn die Welt so
lange auf die Enthüllung dieses uralten Geheimnisses

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