Die Zypressen von Cordoba
begrüßen. Er war ein
großgewachsener Mann, und seine höfische Eleganz verlieh der
Habichtnase, den grauen, lebhaften kleinen Augen sowie dem scharfen
Kinn, das durch einen kurz gestutzten, ergrauenden Bart ein wenig
gemildert wurde, einen aristokratischen Zug. Die beiden Männer umarmten
einander herzlich und spazierten dann zusammen durch das üppige Grün zu
den Steinbänken in der berühmten Frühstücksecke des Meisters, die in
einer Nische inmitten einer herrlichen Masse violetter Bougainvillea
lag. Auf dem Marmortisch waren bereits Früchte, Milch und Honig neben
frisch gebackenem Pitabrot aufgedeckt. Abu Sa'id lud Da'ud mit einer
Handbewegung ein, sich zu setzen, brach dann ein Pitabrot auf, füllte
es mit Honig und reichte es seinem Gast.
»Ganz Córdoba redet von deinem großen diplomatischen Erfolg.
Du hast die christlichen Fürsten in unsere Hauptstadt gebracht, wenn
ich auch ganz besonders stolz darauf bin, daß es dir gelungen ist,
ihnen Vertrauen zu deinen Fähigkeiten als Arzt einzuflößen. Das
einzige, was mir im Laufe der Jahre Sorge bereitet hat, ist die
Tatsache, daß du es zugelassen hast, daß deine Tätigkeit bei Hofe deine
ärztliche Praxis beeinträchtigt hat.«
»Die Umstände haben mich dazu gezwungen, verehrter Meister.
Meine Arbeit an der Übersetzung des Dioskurides verlangte meine
ständige Gegenwart in der Bibliothek des Palastes, und der Kalif hat
sich daran gewöhnt, sich meiner Dienste in einer ständig wachsenden
Anzahl von Bereichen zu bedienen. Da ein treuer Untertan seinem Herrn
keine Bitte ausschlägt, habe ich ihm in all diesen Dingen getreulich
gedient.«
»Ich verstehe. Und wie geht es deiner Frau?« fuhr Ibn Zuhr
fort und kehrte zu den Höflichkeitsfloskeln der arabischen Konversation
zurück.
»Es geht ihr gut, danke der Nachfrage.«
»Ich bin sicher, sie wird dir schon bald einen Erben schenken,
der dein Haus fortbestehen läßt, einen Sohn, der sich als ein ebenso
glänzender Gelehrter herausstellen mag wie du selbst, so daß in deiner
Familie so wie in der unseren die medizinische Tradition von einer
Generation auf die andere weitergegeben wird.«
»Das ist meine innigste Hoffnung«, erwiderte Da'ud, und das
Herz zog sich ihm vor Schmerz und Enttäuschung zusammen.
»Und deine Eltern? Ist das hohe Alter gnädig mit ihnen?«
»Meine Mutter ist bei guter Gesundheit, mein Vater nicht.«
»Bringt dich dies zu so früher Morgenstunde zu mir?«
»Leider ja, Meister.«
»Was gebricht Abu Da'ud?«
»Eine Geschwulst am linken Knie, übermäßige Müdigkeit,
leichter Gewichtsverlust. Ich würde mich gerne mit Euch darüber
besprechen, ob Ihr es für geraten haltet, die Geschwulst durch das
Messer zu entfernen, und wenn ja, um Euren Rat bitten, welcher Chirurg
diesen Eingriff am besten machen könnte.«
»Leidet dein Vater noch an anderen Krankheiten?«
»Nein.«
»Ich gehe also davon aus, daß sein allgemeiner
Gesundheitszustand gut ist. Sonst hättest du einen chirurgischen
Eingriff in seinem Alter nicht in Erwägung gezogen. Eine Geschwulst am
Knie … Immer das gleiche Dilemma. Wenn sie lokal begrenzt ist,
ist das Risiko, das man mit einem chirurgischen Eingriff eingeht,
gerechtfertigt. Wenn sie sich jedoch schon auf andere Organe ausgedehnt
und sie bereits in Mitleidenschaft gezogen hat, ist es müßig, den
Patienten der zusätzlichen Qual der Chirurgie zu unterziehen, da seine
Tage ohnehin gezählt sind. Im Falle deines Vaters liegt die Geschwulst
nicht in der Nähe größerer Blutgefäße oder Organe. Wir müssen also
keine Gefahr für solche lebenswichtigen Körperteile befürchten. Ist sie
groß?«
»Etwa von der Größe einer kleinen Orange.«
»Verglichen mit anderen, die ich gesehen habe, ist das nicht
übermäßig, spricht also für eine lokal begrenzte Geschwulst. Aber wir
können nicht sicher sein, ehe wir die Stelle nicht genau untersucht
haben. Die Wucherung kann sehr wohl im Inneren in beträchtliche Tiefen
vorgedrungen sein, so daß die wirkliche Größe des Gewächses unseren
Augen verborgen ist. Wir wollen jedoch diesen Aspekt im Augenblick
beiseite lassen und uns mit der zweiten Frage beschäftigen. Ich habe
kürzlich einen außergewöhnlichen Studenten namens Abu'l Kasim Khalaf
al-Zahrawi unterrichtet, dessen Leistungen in der Chirurgie ans
Wunderbare grenzen. Er ist mit einem ruhigen Auge und einer schnellen,
geschickten Hand gesegnet, ist in allem, was er macht, außerordentlich
vorsichtig, und trotz seiner Jugend würde ich keinen
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