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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
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Neugier um, bestaunte
die Teppiche mit ihren herrlichen Farben, die Fenstergitter, die so
fein gearbeitet waren, daß sie aussahen, als hätte man sie auf die
Fenster gestickt, die leuchtenden Seiden und warmen Samtstoffe, die
über die Diwane gebreitet waren. Wie reich und herrlich, jubelten ihre
flinken Augen, aber Da'ud sah tiefer. Die Haltung von Nacken und
Schultern, das selbstbewußte Auftreten mit einer Spur angeborenen
Stolzes schienen hinzuzufügen: Auch ich werde einmal in solchem
Wohlstand und Luxus leben.
    Sari selbst reichte den Neuankömmlingen Wein und Süßigkeiten,
die wunderschön auf silbernen Platten angerichtet waren, und Da'ud
unterhielt sich auf Hebräisch mit Ibn Kashkil, um dessen Kenntnis
dieser Sprache zu prüfen. Der Mann besaß zwar nur Grundlagenwissen,
sprach aber korrekt, und das reichte aus, um dem amtierenden Lehrer der
Kinderklassen in der Talmud- und Thoraschule zur Seite zu stehen.
Während er zuhörte und mit seinen stillen Augen Djamila beobachtete,
überlegte Da'ud, ob er seinem Empfehlungsschreiben hinzufügen sollte,
daß er selbst anonym die Kosten für die Entlohnung ihres Vaters zu
übernehmen bereit war.
    Mit einem kurzen Nicken deutete Da'ud an, daß er Ibn Kashkils
Befähigung für ausreichend hielt. Ermutigt lehnte sich Bahya aus den
Kissen vor und fragte ein wenig selbstsicherer: »Ich bin mit den
hiesigen Bräuchen nicht vertraut, aber in Marrakesch hat Djamila mir in
der Talmud- und Thoraschule mit kleinen Dingen geholfen.«
    »Wie zum Beispiel?« erkundigte sich Da'ud zerstreut, um sein
Interesse an dem Mädchen zu überspielen.
    »In Marrakesch wie zweifellos auch in Córdoba schicken nur die
Armen ihre Kinder in die Gemeindeschule. Die Reichen lassen ihre Kinder
zu Hause unterweisen. Also hat Djamila den Kindern grundlegende Dinge
beigebracht. Sie hat mit ihnen Hände gewaschen, ihnen die Haare gekämmt
und ihre Kleider geflickt. Wenn sie Hunger hatten, hat sie den
nächstgelegenen Bäcker beschwatzt, ihr warmes frisches Pitabrot für die
Kinder zu geben.«
    »Wurde sie für ihre Dienste entlohnt?«
    »Gewiß nicht«, erwiderte Bahya entrüstet. »Es war doch ihre
Pflicht, dem Vater zu helfen und auch denen zur Seite zu stehen, die
weniger vom Glück begünstigt waren als sie selbst.«
    Beeindruckt wandte sich Da'ud direkt an Djamila. Mit höfischem
Charme und einer neuen Wärme in der Stimme erkundigte er sich:
»Angenommen, Rabbi Meir schließt sich meiner Empfehlung an und stellt
Euren Vater ein, wärt Ihr bereit, die gleiche Aufgabe auch an unserer
Schule zu erfüllen?«
    Djamilas Augen strahlten vor Freude, weil der große Da'ud ibn
Yatom sie angesprochen hatte, und sie antwortete mit fester Stimme und
ohne eine Spur von Schüchternheit: »Aber natürlich. Es wäre mir eine
Ehre und ein Vergnügen.«
    Da'ud schickte einen Diener, der ihm Papier und Feder aus
seinem Arbeitszimmer holen sollte. Rasch schrieb er seine Empfehlung.
Er verfaßte sie so, daß sie eher einem Befehl entsprach, faltete und
versiegelte sie und reichte sie Bahya ibn Kashkil.
    »Ich bin sicher, dies wird Euch behilflich sein, Euch in Eurem
neuen Zuhause einzurichten. Wir heißen Euch in unserer Gemeinschaft
willkommen und wünschen Euch hier viel Glück.«
    Sari sprach als erste, nachdem die beiden sich verabschiedet
hatten. »Eine recht ungewöhnliche junge Frau, nicht wahr?«
    »Ungewöhnlich im guten oder im schlechten Sinne?« fragte Da'ud
mit gleichmütiger Stimme, während er sein silbernes Tintenfaß verschloß.
    »Ganz gewiß im guten Sinne. Sie scheint mir so selbstsicher,
so zielstrebig, Eigenschaften, die ich mir nie erworben habe, weil
niemand da war, der sie mir hätte anerziehen können.«
    »Wie kannst du einen so absurden Vergleich anstellen! Du bist
die Freundlichkeit, die Ruhe und das Verständnis selbst, hast diese
seltenen Gaben, die sie nie besitzen wird. Djamila ist begierig auf
alles, was das Leben ihr zu bieten hat.«
    »Das ist doch völlig berechtigt. Mein Schicksal ist so
verlaufen, daß ich vom Leben nur noch ein Mindestmaß an menschlicher
Würde erstrebte, ein wenig elementaren Anstand und ein wenig echte
Zuneigung – einfache, natürliche, grundlegende Dinge, die man
mir vorenthalten hatte. Sie sucht nun das, wovon sie annimmt, daß man
es ihr vorenthalten hat, all die schönen Schmeicheleien des Lebens, das
sich jenseits ihres abgelegenen, jämmerlichen Dorfes abgespielt hat.
Daß mir der Reichtum und das Prestige, das ich durch dich gewonnen
habe, so

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