Die Zypressen von Cordoba
einen
Brief an ihn mit.«
»Bei allem Respekt, Abu Suleiman, ich möchte Djamila nur
ungern nach Einbruch der Dunkelheit allein zu Hause lassen. Morgen in
aller Frühe vielleicht?«
»Ihr könnt gern Eure Tochter mitbringen«, hörte sich Da'ud
antworten, und seine Worte entfachten ein Funkeln in Djamilas wachen
und aufrichtigen Augen. »Jetzt entschuldigt Ihr mich bitte«, murmelte
er und eilte zum Mittagessen ins Haus seines Vaters.
Ya'kub ging es recht gut. Er schien nicht allzu sehr unter den
Folgen der Operation zu leiden und konnte allmählich sogar sein Bein
wieder gebrauchen. Da'ud sorgte sich allerdings wegen der zunehmenden
Schwäche seines Vaters, wegen des langsamen, aber stetigen
Gewichtsverlusts, dem auch alle Köstlichkeiten, die seine Mutter mit
liebender Hand zubereitete, keinen Einhalt gebieten konnten. Sein Herz
sagte ihm, daß dies nur eine Folge des fortgeschrittenen Alters war.
Sein Wissen als Arzt sagte ihm etwas anderes. Und in ihm tobte der
Streit zwischen den beiden, schien ihn zu zerreißen …
»Da'ud, mein Sohn«, begrüßte ihn Ya'kub und strengte sich an,
um aufrecht in den Kissen zu sitzen, während die beiden Männer einander
umarmten. »Ich bin jetzt ein alter Mann. Jeden Tag spüre ich, wie mich
meine Kraft mehr verläßt. Ich habe mich daher entschlossen, mit dir zu
sprechen, ehe es zu spät ist. Da'ud, mein Sohn«, wiederholte er, »es
ist Zeit, daß du der Familie einen Erben schenkst. Ich verstehe deine
Liebe zu Sari. Sie ist eine liebe und sanfte Seele, wunderhübsch
anzusehen, und ich spüre, daß sie dich inzwischen beinahe genauso liebt
wie du sie. Was in der Intimität eures Bettes zwischen euch ist, geht
mich nichts an, das Ergebnis allerdings sehr wohl. Wenn sie nicht in
der Lage ist, dir Kinder zu gebären, dann erlauben es Recht und
Tradition, ja fordern dich sogar dazu auf, daß du eine andere Frau
nimmst.«
»Ich denke schon eine ganze Weile über diese Angelegenheit
nach, Vater, und Sari hat mich ermutigt, das zu tun, was du
vorgeschlagen hast. Ich bin derjenige, der zögert. Seit dem Augenblick,
als ich Sari das erstemal gesehen habe, habe ich nur von ihr als der
Mutter meiner Kinder geträumt.«
»Nicht alle unsere Jugendträume gehen in Erfüllung. Dank
deines wohlhabenden Elternhauses und deiner natürlichen Gaben ist dein
Leben so reibungslos verlaufen wie der Flug eines Vogels, der in den
Himmel aufsteigt. Du warst nie gezwungen, die Lehren der Entbehrungen,
des Versagens oder der Enttäuschung über dich ergehen zu lassen. In
deinem Alter ist es schwierig, sich mit Enttäuschung abzufinden, aber
du mußt dich der Unabwendbarkeit der Tatsachen beugen.«
Da'ud antwortete nicht, doch plötzlich sah er ein paar große,
dunkle, funkelnde Augen vor sich, die vor Lebenslust nur so
blitzten … Er war erleichtert, als Sola zum Mittagessen rief.
Jeder gab vor, nicht zu bemerken, wie lustlos Ya'kub in seinen
Lieblingsgerichten herumstocherte, wie grau seine Gesichtsfarbe war und
wie sehr er sich anstrengen mußte, allein um mit ihnen am Tisch zu
sitzen. Es war ein trauriger, schmerzlicher Anblick. Man redete von
allem möglichen, nur nicht von seiner Gesundheit, und der Ton
erzwungener Normalität klang allen falsch im Ohr. Sobald das Essen
vorüber war, kehrte Ya'kub zu seinem Diwan zurück, um sich auszuruhen,
und Da'ud und Sari verabschiedeten sich. Die zärtliche Umarmung, mit
der Da'ud seine sorgengeplagte Mutter umfing, sagte mehr als alle Worte
des Trostes, die er ihr anbieten konnte. »Ich komme später am Abend
noch einmal vorbei«, versprach er, als er sie wieder losließ, und küßte
ihr eine Träne aus dem Augenwinkel.
Auf dem kurzen Heimweg berichtete Da'ud Sari von seiner
Begegnung mit Bahya ibn Kashkil und dessen Tochter. »Sie kommen heute
abend zu uns, um sich ein Empfehlungsschreiben an Rabbi Meir abzuholen.
Wir sollten vielleicht ein paar Erfrischungen bereitstellen, ein
Zeichen des Willkommens in unserer Gemeinschaft«, sagte er.
Während er neben seiner Frau Sabbatsiesta hielt, ihre schmale
Hand leicht auf der seinen, dachte Da'ud über die Ironie des Schicksals
nach, die in der Begegnung am Morgen gelegen hatte. Als Abd ar-Rahmans
loyaler Sekretär hatte er vielleicht selbst das Schreiben verfaßt, das
die Zenatas dazu anstachelte, sich gegen al-Mu'izz, den Rivalen der
Omaijaden-Kalife in Nordafrika, zu erheben, der mit den Jahren dem
Kalifat im Osten und Süden weite Landstriche entrissen hatte. Diese
gewalttätige Auseinandersetzung
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