Diebe
und schlägt lang hin. Baz, die seine Clownerien liebt, muss lachen. Fay lässt ihm seinen Spaß, nickt ein wenig, lächelt ... »Okay, ist gut, Demi.«
Aber er ist noch nicht fertig, steht wieder auf und führt pantomimisch vor, wie er durch riesige Tore schleicht. »Du kommst durchs Tor, an dem Wachmann vorbei und an dem Hund«, sagt er mit stark gedämpfter Stimme, als könnten der Wachmann und der Hund ihn vielleicht hören. Jetzt legt er die Hände an die Ohren: »Und dann, Überraschung! Sie ham ’ne Alarmanlage, die jeden einzelnen Uniformierten in der Stadt herbeiruft, und der bekloppte Dieb landet in null Komma nix im Schloss. Und wisst ihr was? Der Dieb hat’s nicht anders verdient. Nur ein Volltrottel würd sein Glück in Reggio versuchen. Fay, du hast den ganzen Tag Wein geschlürft, deswegen kommste mit solchen Ideen an. Entweder kommt’s vom Wein oder du hast dir von irgendeinem Verrückten was erzähln lassen.« Er klopft sich die staubigen Hände an der Rückseite seiner Jeans ab und setzt sich wieder an den Tisch. Wenn die Clownerien nicht wären, denkt Baz, könnte er auch einer von diesen Anwälten sein, die man manchmal in Fernsehfilmen sieht.
»Angenommen, du kommst zu diesem vornehmen Haus, und da ist keine Alarmanlage, keine dicken Schlösser, die ganze Hütte offen wie ’n Scheunentor – was würdst du dann sagen? Meinst du, das klingt zu schwer?«
»Klingt, als hättste geträumt. Erzähl mal – wer kauft sich so’n Haus, mit all den Sachen, Wachmann und Pforte und allem, und stellt dann draußen ’n Schild hin, wo steht: ›Okay, kommt ruhig reinspaziert und nehmt euch, was ihr wollt!‹«
»Tja, ich glaub, genau so ein Haus hätt ich anzubieten.« Sie kratzt sich beide Arme und streicht sich dann mit dem Handrücken die Haare aus den Augen. »Jemand, der von drinnen für uns arbeitet, jemand, der uns sagt, wann die Gelegenheit günstig ist, jemand, der alle Zahlen kennt.«
»Du kennst diesen Jemand?« Demi lässt sich wieder auf einen Stuhl am Tisch fallen.
»Ich hab mehr Vergangenheit, als du ahnst, Demi. Kann doch sein, dass ich diese Person von ganz früher kenn, aus ’ner Zeit, noch bevor du zu mir gekommen bist. Vielleicht aus der Zeit, als ich noch ’n Mädchen und er ’n kleines Baby war.« Sie deutet ein Lachen an. »Ich und ’n Baby. Das muss man sich vorstellen, he.«
»Was ist passiert?«
Baz wirft ihr einen Blick zu und spürt, dass Fay nicht weiter über dieses Baby sprechen möchte. Vielleicht war es ihr eigenes Kind. Man kann sich kaum vorstellen, dass Fay ein eigenes Kind gehabt haben soll, aber Baz erinnert sich noch an die Zeit, als sie von Fay und Demi aufgenommen wurde; Fay war damals hübsch, auch weicher als heute. Davon ist nicht viel übrig geblieben. Jetzt ist sie meist verschlossen, so wie die Wertsachen, die sie laut Demi im Keller hat.
»Was ist mit diesem Baby passiert, Fay?«, hakt Demi nach.
»Passieren ständig Sachen«, sagt sie schulterzuckend, wendet sich von ihnen ab und widmet sich wieder dem Kochtopf. »Die meisten sind übel, aber manchmal erkennt man nicht gleich, ob eine Sache übel ist oder ob was Gutes draus wird. Da ist ’ne Familie, die ’n Baby möchte, ’ne Familie, die es gut versorgen kann, ihm ’ne gute Erziehung geben. Also lauf ich durch die halbe Stadt und geb es ihnen.« Baz malt sich die junge Fay aus mit einem Baby im Arm, die kleine Hand vielleicht um ihren Finger gekrallt, und sie muss diese kleinen Finger lospulen, damit sie das Baby der anderen Frau übergeben kann, die dessen neue Mutter werden soll, und dann dreht Fay sich um und geht weg, immer weiter auf einer sehr langen Straße. Die Vorstellung bereitet Baz Unbehagen. Sie konzentriert sich auf die nächste Aufgabe: Knoblauch klein hacken.
»Ham sie dir Geld gegeben?«
»Was soll das? Natürlich hab ich Geld gekriegt. Wieso geb ich dir eigentlich die ganze Zeit zu essen? Du bist ja nur’n wandelnder Magen, ’n plappernder Gierschlund.« Sie prüft den Eintopf, rührt gründlich um, stellt dann die Flamme etwas kleiner und legt einen schwarz angelaufenen Deckel auf den Topf.
»Und dann?«
»Nichts und dann. Was ist los mit dir, Demi? Du stellst so viele Fragen, ich kann kaum noch geradeaus denken.«
Baz’ Messer rutscht ab und sie ritzt sich die Fingerkuppe.
»Hey! Wer is’n da so ungeschickt? Lass mich das machen.« Sie schiebt die Paprika, die Baz bearbeitet hat, auf ihre Seite, und gleich darauf tanzt ihr Messer über die letzten zwei oder
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