Diebe
Einfachste ist, meinte er zwischen zwei Happen, krank zu werden. Passiert schon mal auf dem Berg, passiert andauernd ... Aber euer Freund, vielleicht hat er ja Glück, weißt du ...
Vielleicht aber würden sie noch länger als nur ein paar Tage warten müssen. Wenn Fay sie weiterhin so viel arbeiten lässt wie heute, dann bekommen sie nie die Gelegenheit, denn Fay darf auf keinen Fall wissen, was sie vorhaben. Wenn sie je auf die Idee kommt, dass sie sie hintergehen und irgendwas tun, was noch mehr Ärger zwischen ihr und dem Señor aufrührt, dann schnürt sie ein Paket aus ihnen und schmeißt es in den toten Fluss – oder sie übergibt sie direkt dem Schattenmann, was so ungefähr aufs Gleiche hinauslaufen würde.
Fay schaufelt die in Scheiben geschnittenen Süßkartoffeln auf ein Backblech und gießt etwas Öl darüber. Ofengemüse. Baz kann sich nicht erinnern, dass Fay schon mal so einen Aufwand getrieben hätte, um für sie zu kochen.
»Hast dir schon was ausgedacht, was du mit dem großen Boss machen willst, wie du ihn bezahlen kannst?«, fragt Demi, als er zum Tisch zurückkehrt.
»Könnt schon sein«, sagt sie lächelnd.
Darum also ist sie so gut drauf. Hat sich etwas einfallen lassen. Vielleicht sogar irgendwas gehört. Fay hat ihre Fäden gesponnen, hat Verbindungen in der ganzen Stadt, die sie anzapfen kann, mal hier, mal dort. Fay versteht es, aus jedem, den sie mal irgendwo gekannt hat, ein kleines bisschen herauszuquetschen, aber sie selbst hält sich mitten im Barrio verborgen, läuft ihrem Vorteil nicht hinterher, sondern wartet, dass er zu ihr kommt.
»Was hast du mit dem Ring gemacht, Fay?«
»Welcher Ring?« Sie reibt sich die Nase mit dem Handrücken und wendet sich dann weiteren Kleinschneidearbeiten zu.
Demi beugt sich grinsend über den Topf. »Brauchst ’n bisschen Hilfe? Mmmh, was haste denn da am Köcheln, Fay? Riecht ja nach was ganz Besonderem.« Er schnüffelt noch einmal.
Sie schiebt ihn weg. »Was würdste davon halten, mal eine neue Arbeit auszuprobieren, Demi?«
»Wozu das denn?« Er setzt sich hin, legt seine Füße auf den Tisch und greift nach der Zeitung. Das Angebot zu helfen ist bereits wieder vergessen. »Jeder weiß, dass ich ein Genie bin in dem, was ich tue, Fay. Was soll ich denn deiner Ansicht nach jetzt werden? Irgend so’n Raketenwissenschaftler oder was?«
»Mit Raketenwissenschaft kann ich meine Rechnungen nicht bezahln.« Sie sammelt die Bohnen zusammen und gibt sie in den Eintopf. »Wie wär’s damit: ein großes Haus, Marmorfußböden ...«
»Ich soll ins Baugeschäft gehn!«
»Kannst du mir vielleicht einfach mal zuhörn! Dieses Haus hat ’n Garten, Swimmingpool, hohe Mauern, sind ausgefallene Sachen drin, auch ’n Safe, stapelweise Dollarscheine, lauter Sachen, von denen du nicht mal träumst.«
»Du meinst jetzt eins von diesen Häusern oben in Reggio.«
»Könnte sein.«
»Also irgend so ’ne Nobelhütte in dem Viertel da. Aber was hat das mit mir zu tun? Da gibt’s keine Läden, keine Straßen mit vielen Menschen, da gibt’s nichts als hohe Mauern und dicke Tore. Das Land des reichen Mannes.«
»Schleich dich in eins von diesen Häusern, und wenn du wieder rauskommst, bist du ’n reicher Junge. Wenn du diese Sache übernimmst, Demi, dann sind wir alle reich, können den Boss bezahln und habn noch jede Menge über.«
Baz bleibt über ihre Arbeit – rote Paprika in Streifen schneiden – gebeugt, doch sie blickt immer wieder auf, beobachtet Fay und hört, wie sie Demi ködert: ein bisschen Lob, eine Prise Versprechungen, ganz so, wie sie auch kocht. Die Stimme locker und entspannt, so klingt der Job auch ganz locker und entspannt.
Und trotz all seiner Gegenreden und trotz seines Versprechens, bei Raouls Befreiung zu helfen, kann Baz schon jetzt erkennen, dass Demi letzten Endes doch das tun wird, was Fay ausgeheckt hat, was immer das sein mag. So ist er halt, so ist sein Verhältnis zu ihr.
»Was?!« Er macht ein Gesicht, als hätte sie ihm soeben mitgeteilt, er müsse bis zum Mond springen. Demi kann über nichts sprechen und nichts denken, ohne es auf doppelte Größe aufzublasen. »Wie soll ich in so’n Haus reinkommen? Da gibt’s Wächter und Schlösser, und Hunde ham sie auch, möcht ich wetten, mit Zähnen, die nur drauf warten, mir das Bein abzubeißen. Kein Dieb taugt irgendwas, wenn er auf eim Bein durch die Gegend hoppelt.« Und er fängt an, auf einem Bein zu hüpfen, tut so, als würde er in irgendeine Tasche greifen,
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