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Diebe

Diebe

Titel: Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Gatti
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drei Stücke. Baz beobachtet die Klinge, während sie an ihrem Finger saugt.
    »Was für ’ne Diebin wärst du noch, wenn du dir die Finger abschneidest.«
    »Hast du dieses Kind wiedergesehen?«, fragt Demi, schräg auf seinem Stuhl zurückgelehnt.
    »Warum willste das wissen, Demi? Haste jemand an der Hand, der sich für diese Sachen intressiert?«
    Demi hebt die Hände, als wolle er sich gegen Vorwürfe von ihrer Seite verwahren, aber das ist mehr Neckerei als Ernst. »He, Fay, ich frag doch nur. Dachte, ich wär der Erste bei dir, die ganze Zeit hab ich das gedacht, also hab ich ein Recht, Bescheid zu wissen.«
    »Welches Recht hast du? Willste Zeitungsreporter sein oder willste Dieb sein und reich werden? Du hast die Wahl, weil, wenn du überall schnüffeln und rumwühlen willst wie ’ne Flussratte, dann kannste das woanders machen, hörst du? Wär besser für dich, wenn du ’n bisschen mehr wie Baz wärst. Die ist nicht so’n Quälgeist wie du.«
    Baz wendet sich ab, um die Messer und das Schneidebrett zum Spülbecken in der Ecke zu tragen. Sie lässt etwas Wasser ins Becken und säubert die Messer. Sie will nicht auffallen, aber auch sie möchte etwas über diesen Jungen von früher erfahren, ebenso sehr wie offenbar Demi.
    »Komm schon, Fay, du sagst mir, was ich wissen will, weil ich der bin, der dir hier die Sachen bringt. Ich bin der, der sich ins Haus von so ’nem reichen Typen reinschmuggeln soll, und du erzählst mir nichts weiter, als dass das ’ne sichere Sache wäre, sagst mir aber nur halb und halb, warum. Also jetzt mal im Ernst – was ist dann passiert mit diesem Kind, das vor mir da war? Was war los, ey?«
    »Das Leben ist weitergegangen, Demi. Das war los. Und so geht’s immer, es sei denn, du machst ’n Fehler und spazierst dafür schnurstracks ins Schloss.« Das Anreißen eines Streichholzes ist zu hören, und als Baz sich umdreht und wieder zu den anderen geht, sitzt Fay da, die Ellbogen auf den Tisch gestützt, und hat einen von ihren bitteren schwarzen Zigarillos im Mund. »Eins aber war gut«, sagt sie, mit sanfterer Stimme jetzt, vielleicht hat sich eine der Türen in ihrem Innern wieder einen Spaltbreit geöffnet. »Diese Familie ist reich geworden. Das Kind wurde immer größer. Könnt ’ne Zeit kommen, wo sich dieses Kind dran erinnert, wie’s kommt, dass es so’n Glück gehabt hat, und ’n Teil von diesem Glück wieder zu mir zurückbringt. Ich träum manchmal davon, obwohl Träume einem nichts einbringen, aber manchmal, weißt du, da tust du irgendwas, und irgendwann später kommt es zu dir zurück, wie bei einer Investition. So wie ich zum Beispiel Zeit in dich und Baz investiert hab, und jetzt bringt ihr mir Sachen, hey.«
    »Bringen dir ständig Sachen, Fay«, sagt Demi, und dann: »Ist das derjenige, der von drinnen arbeitet, Fay? Der uns hilft, reich zu werden?«
    Sie nickt und lächelt. Baz hat sie noch nie so viel lächeln sehen, fast scheint es, als sei sie eine andere Person geworden. »Das Kind ist jetzt erwachsen. Ist etwas –« Und dann bricht sie ab, als die anderen Jungen nacheinander eintrudeln, unter ihnen auch Miguel. Wenn Miguel Teil einer Gruppe ist, dann, so Baz’ Eindruck, wirkt diese Gruppe immer ziemlich still, so als würde er allen ein bisschen Schlamm auf die Seele packen. Doch als Fay sie begrüßt und sie merken, dass sie gute Laune hat, werden sie lebhaft, lärmen ein bisschen herum, schalten den Fernseher ein. Fay lässt sie gewähren, obwohl die Musik aus dem Radio, die sie mitgesummt hat, von dem Zeichentrickfilm, den sie sich ansehen, übertönt wird.
    Miguel setzt sich nicht zu den anderen, sondern geht dahin, wo Fay sitzt. Dabei schnellt sein Blick kurz zu Demi und Baz hinüber, bevor er sich neben Fay stellt und sie ansieht, als wolle er getätschelt werden. Doch Fay tätschelt nicht, höchstens Kinder, die so klein sind, dass sie sie hochnehmen kann.
    Baz fragt sich, warum Fay Miguel vieles durchgehen lässt, was sie bei den anderen nicht duldet. Sie zieht ihn eindeutig vor. Wie lange ist er jetzt bei ihnen? Fünf, sechs Wochen vielleicht. Und es war nicht so wie bei den meisten anderen, die zum Beispiel in der Nähe einer Bushaltestelle gefunden wurden, hungrig und verlassen, aber in dem Glauben, die Stadt würde ihnen ein Leben bieten können, wie sie’s auf dem Land nicht hatten. Bei Miguel war es anders. Er hat sie gefunden, ist von sich aus ins Barrio gekommen, hat sich bis in die Bude durchgeschlagen. Wie Demi ist auch er ein

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