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Diebe

Diebe

Titel: Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Gatti
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lauscht für einen Moment. Stille. Nicht das leiseste Schlurfen von Füßen auf Sandboden. Falls jemand in der Nähe ist, dann atmet er nicht einmal. Mama tritt in die Nacht hinaus. Baz schickt sich an, ihr zu folgen, doch davon will sie nichts wissen. »Du verriegelst die Tür und lässt niemanden rein außer mir. Verstanden?«
    »Ja.«
    »Gut.« Mamas Zähne und Augen schimmern weiß in der Dunkelheit. Sie dreht sich um und wird von der Gasse verschluckt.
    Baz verriegelt die Tür und geht in die Küche zurück. Sie setzt sich und wartet, versucht sich keine Sorgen zu machen, versucht auf ihre Freundin zu vertrauen. Sie glaubt nicht, dass Mama sie verraten wird. Sie glaubt einfach nicht, dass sie gehen und Fay holen wird. Andererseits: Woher soll sie wissen, was Fay alles versprochen oder angedroht hat? Sie starrt die Tür an, wartet und versucht die Gedanken abzustellen. Ihre Augenlider sind schwer und der Rum strömt warm durch ihre Adern.

23
    Regen prasselt aufs Eisendeck und fällt zischend auf den Schlamm, Donner grollt, und irgendwo flussaufwärts ziehen sich kleine Risse spinnennetzartig durch den großen Damm, kräuseln sich und vibrieren, bis sie zu klaffenden Löchern aufplatzen, die tosend –
    Baz wird mit einem Ruck wach. Sie hat einen trockenen Mund. Die Tür zur Gasse klappert. Sie hört, wie jemand leise zischend ihren Namen ruft.
    Sie springt auf, läuft zur Tür und zieht sie auf. Mama Bali platzt herein, riesig und schwarz wie die Nacht selbst, drängt an Baz vorbei und marschiert direkt auf die Rumflasche zu, die noch von vorhin dasteht.
    Baz schließt die Tür und wirft den Riegel vor. »Was ist?«, fragt sie. »Haste ihn geschliffen gekriegt? Hat der Mann Probleme gemacht? Was ist passiert?«
    Mama stellt den Becher ab, wickelt sich den schwarzen Schal vom Kopf und tupft sich damit das Gesicht. Sie atmet schwer, als wäre sie gelaufen. Seit sie im Barrio lebt, hat nie jemand Mama sich anders bewegen sehen als langsam und gemessen, aber die Zeiten ändern sich. Kopfschüttelnd sieht sie Baz an, nimmt noch einen großen Schluck aus dem Becher und stellt ihn dann auf den Tresen. »Hab den Schlüssel bezahlt.« Sie holt ihn aus einer Falte ihres Schals hervor. »Hier.« Sie hält ihn Baz hin. »Hat sich erst angestellt wie sonst was, aber dann hat er den Schlüssel doch geschliffen. Ist das Beste, was ich für dich tun kann, Baz. Der Mann ist ’ne Schlange, solltest also lieber hier verschwinden, bevor sie mir die Bude abbrennen.«
    »Hat dich jemand gesehn?«
    Sie winkt müde ab. »Träumst du? Sind hier im Barrio, Kind. Die halbe Welt weiß, was ich mach. Geh los und hol Demi, und dann versteckt ihr euch irgendwo, bis sich alles wieder beruhigt hat. Na los, geh.« Ihre beiden Hände liegen auf den Knien, sie hat den Kopf gehoben und sieht Baz direkt in die Augen. Kein Zorn, kein Verrat. Es ist, wie es ist.
    Baz nickt und betrachtet den grauen Schlüssel. »Hoffe, der funktioniert, eh.«
    »Hoffnung ist so ziemlich das Einzige, was wir habn.« Mama rührt sich nicht von ihrem Hocker.
    »Schließt du die Tür hinter mir ab?«
    Mama wedelt mit der Hand, als würde sie eine Fliege verscheuchen. »Geh jetzt.«
    Baz schlüpft hinaus, macht schnell die Tür hinter sich zu, um kein Licht nach draußen dringen zu lassen, und dann steht sie, genau wie Mama zuvor, stocksteif da und lauscht. Sie sieht nicht, dass Mama sich die Hände vors Gesicht hält, weil sie nicht sehen will, wie sie weggeht.
    Baz hört Laufschritte – auf Ledersohlen. Nur Moros Männer tragen Schuhe mit Ledersohlen, tragen schicke Anzüge. Sie legt den Kopf auf die Seite. Es ist schwer zu bestimmen, aus welcher Richtung sie kommen, vielleicht aus beiden. Sie fasst einen Entschluss, läuft schnell zehn Schritte nach rechts zurück, auf dem Weg, den sie gekommen ist, und findet die Stelle, wo sie und Demi früher immer aufs Dach hochgestiegen sind.
    Sie kraxelt nach oben, über ein heilloses Gewirr von Rohren hinweg, und hievt sich genau in dem Moment auf das Flachdach, als eine Reihe von sich zum Teil kreuzenden Lichtkegeln durch die Gasse dringt. Und dann kann sie die Männer ausmachen: zwei, nein, drei sind es, in lockerem Laufschritt, schweigend, die Köpfe ständig in Bewegung, als würden sie erschnüffeln wollen, was sich in Hauseingängen oder hinter Rosten verbergen mag. Baz schmiegt ihre Wange an den warmen Beton des Daches und lauscht den über den Boden trommelnden Schuhen.
    Gleich darauf herrscht wieder Stille. Sie sind

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